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Hexenmacht

Hexenmacht

Titel: Hexenmacht
Autoren: Alfred Bekker
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zwischendurch aufblickte, sah ich plötzlich eine weißgewandete Gestalt in der Tür stehen, die mir offenbar schon eine ganze Weile zusah.
    Es war niemand anderes als Tante Lizzy. Sie war wie ich im Nachthemd und offensichtlich so leise die Treppe hinaufgekommen, dass ich nichts davon bemerkt hatte.
    "Hallo, Patti", sagte sie.
    Ich schlug das Buch des spanischen Okkultisten zu und erklärte: "Ich konnte nicht schlafen, Tante Lizzy."
    "War es wieder dieses..." Sie zögerte, bevor sie weitersprach. "...dieses Gesicht?"
    Ich nickte.
    "Ja, das auch."
    "Ich habe gehört, dass hier oben jemand herumlief. Davon bin ich aufgewacht. Wenn man älter wird, hat man einen leichten Schlaf."
    "Tut mir leid, dass ich dich aufgeweckt habe", erwiderte ich, obwohl ich wusste, dass Elizabeth in Wahrheit froh war, sich mit jemandem unterhalten zu können.
    Sie lächelte.
    "Schon in Ordnung", meinte sie.
    Dann deutete ich auf den Band und fragte: "Was hältst du von den Schriften dieses Spaniers?"
    Tante Lizzy wiegte den Kopf leicht hin und her.
    "Schwer zu sagen. Er hat zahlreiche okkultistische Experimente angestellt und sich immer bemüht, alles, was er behauptete, haarklein zu beweisen..."
    "Aber ein letzter Zweifel bleibt, nicht wahr?"
    "Natürlich. Alfonso Reyes de Aranjuez war ein Außenseiter. Ursprünglich war er Arzt, flog aber wegen seiner abweichenden Ansichten bald aus dem Ärzteverband heraus. Er hat einige Zeit als Gerichtsmediziner in Madrid gearbeitet. In dieser Zeit stieß er zum erstenmal auf einen jener rätselhaften Todesfälle, die er daraufhin mit wahrer Besessenheit zu enträtseln versuchte..."
    Tante Lizzy und ich wechselten einen Blick miteinander und schwiegen einige Momente. Dann sagte ich: "Ich werde demnächst mit Jim Field nach Glenmore in Cornwall fahren."
    "Diese Sache lässt dich nicht los, nicht wahr?"
    Es war keine wirkliche Frage, sondern eine Feststellung, die da über Elizabeths Lippen gekommen war. In all den Jahren, die ich nun schon bei ihr lebte, verstanden wir uns oft genug ohne Worte. Einer konnte die Gedanken des anderen erraten, noch bevor diese ausgesprochen waren - und das hatte nun wirklich nicht das geringste mit übersinnlicher Wahrnehmung zu tun.
     
    *
     
    Zwei Tage später machten Jim und ich uns auf den Weg nach Cornwall. Wir fuhren mit dem roten, etwas altmodischen Mercedes, den ich von Tante Lizzy geschenkt bekommen hatte, und wechselten uns am Steuer in regelmäßigen Abständen ab.
    "Wir sind übrigens nicht die ersten, die versuchen, in Glenmore das Geheimnis dieser seltsamen Todesfälle zu lösen", eröffnete Jim mir irgendwann während der Fahrt.
    "Ach, nein?"
    "Erinnerst du dich an den Namen Peter McAllister?", fragte er.
    Ich nickte. "Der Journalist, der über den Tod von Sir Gilberts Bruder John berichtete."
    "Ja."
    "Er war auch in Glenmore?" Ich zuckte die Achseln. "Das wundert mich nicht."
    "Ich war gestern noch einmal im Archiv", berichtete Jim dann. "Peter McAllister kehrte von seiner Reise nach Glenmore nie zurück. Man fand seinen Wagen an der Küstenstraße, so als hätte man ihn dort abgestellt. Aber von McAllister gab es keine Spur. Bis heute."
    "Merkwürdig..."
    Es gab viele mögliche Erklärungen für das Verschwinden dieses Journalisten. Aber im Moment erschien es mir am wahrscheinlichsten, dass er dem Geheimnis, das er suchte vielleicht eine Spur zu nahe gekommen war...
    Als wir in im kleinen Ort Glenmore ankamen, war es schon Nacht. Wir hatten uns in der ländlichen, abgelegenen Gegend ziemlich verfahren und mehrfach nachfragen müssen, ehe wir unser Ziel endlich gefunden hatten.
    Außerdem hatte es angefangen, wie aus Eimern zu gießen. Die Scheibenwischer meines Mercedes schafften es kaum, für eine einigermaßen freie Sicht zu sorgen.
    Der Glenmore Inn war das einzige Gasthaus in der Umgebung und den Auskünften nach, die wir bei einer Tankstelle erhalten hatten, sollte es hier auch Zimmer geben.
    "Wenn man es hier Fremden etwas leichter machen würde, gäb's sicher auch mehr Touristen", meinte Jim, bevor wir ausstiegen. "Schließlich ist das Meer ganz in der Nähe..."
    Aber hier schien niemandem daran gelegen zu sein, breite Straßen, große Hinweisschilder und Hotels zu errichten.
    Wir stiegen aus und versuchten so schnell wie möglich ins Trockene zu gelangen. Die Tür des Glenmore Inn war offen.
    Drinnen brannte Licht.
    Wir betraten die knarrenden Parkettbohlen des rustikal eingerichteten Schankraums.
    Ein paar Männer saßen an den Tischen. Ihr
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