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Allein in der Wildnis

Allein in der Wildnis

Titel: Allein in der Wildnis
Autoren: Silvia Busch
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In Los Angeles
     
    Die Brüder Tim und Kevin hatten es nicht leicht. Die Eltern, echte Workaholics, verfügten nur über wenig Zeit für ihre Söhne. Kristin und Nick waren Biologen. Sie hatten sich auf jeweils eigene Themenbereiche spezialisiert. Kennen und lieben gelernt hatten sie sich einst durch ein gemeinsames Projekt. Allerdings hatte ihre Arbeit auch dafür gesorgt, dass sie sich im Laufe der Jahre einander entfremdeten, denn aufgrund von Forschungsreisen waren sie immer wieder monatelang getrennt. Er streifte durch die Wildnis, sie forschte auf dem Ozean. Nach der Scheidung blieben sie aber weiterhin Freunde. Beide tauschten nicht nur ihre Erfahrungen über ihre Projekte aus. Nein, auch sämtliche Entscheidungen für das Wohl ihrer Kinder wurden gemeinsam gefällt. Kristin und Nick hatten sich für ein gemeinsames Sorgerecht bei den Kindern entschieden. Sie sollten ihre Bezugspersonen nicht verlieren. Da Nick allerdings sehr viel unterwegs war, blieben die Kinder in ihrer vertrauten Umgebung.
     
    Tim und Kevin lebten bei ihrer Mutter in Los Angeles.
    Tim war sechzehn und ging auf die Highschool. Er liebte alles, was mit Computer zu tun hatte. Stundenlang saß er vor dem Rechner, spielte die neuesten PC-Spiele oder chattete im Internet. Auch für Sport begeisterte er sich, insbesondere für Eishockey und Surfen. Dieser Sport ist nichts für Weicheier, fand Tim. Er weilte mit seinen Freunden gern am Strand. Dieses Gefühl von einer Welle mitgetragen zu werden war berauschend. Tim konnte nicht sagen, für welche Sportart er sich entscheiden würde, wenn er wählen müsste. Beides forderte ihn stark. Mit seiner Mutter stritt er sich häufig um den Führerschein. Alle seine Freunde hatten ihn schon, aber ausgerechnet seine Mutter fand, dass er zu jung dafür sei.
    Sein Bruder Kevin war zwölf und noch ein richtiges Baby, wie Tim meinte. Er steckte seine Nase nur in Bücher, Pflanzen und Tiere hatten es ihm angetan. Für Sport, wie sein Bruder Tim, hatte er nichts übrig. Eben ein echtes Weichei. Kevin war nicht nur sehr ruhig, sondern auch sehr ängstlich.
    So gerieten die beiden ungleichen Brüder einander ständig in die Haare.
    Tim war ein beliebter Schüler in seiner Klasse, was man von Kevin nicht sagen konnte. Dazu hatte Tim durch seinen Sport einen durchtrainierten Körper. Seine braunen Augen blickten lebhaft durch die Welt. Seine tiefe Stimme hatte einen warmen Klang und bei den Mädchen eine gute Wirkung. Sehr oft fuhr er unbemerkt mit der Hand durch seine braunen Haare. Er trug gern enge Jeans, T-Shirt und seine College Jacken. Mit seinem verschmitzten Lächeln ließ er manches Mädchenherz höher schlagen. Doch die Eine hatte noch nicht angebissen. Tim war zwar nicht auf den Mund gefallen, doch bei Carolin bekam er jedes Mal weiche Knie und seine Stimme drohte zu versagen. Carolin war eine beliebte Mitschülerin in seiner Klasse. Sie sah umwerfend aus und er hätte alles getan, um ein Rendezvous mit ihr zu haben. Ihre langen blonden Haare schmiegten sich um ihr zartes Gesicht, aus denen ihre blauen Augen jeden lebhaft anschauten. Mit ihren kurzen Röcken zog sie sämtliche Blicke auf sich, denn ihre langen Beine waren ein echter Hingucker. Tim bewunderte sie schon lange.
    Kevin dagegen würde sich lieber in eine ruhige Ecke verziehen. Er war ein schüchterner Junge und hatte wenig Freunde. Nur mit seinem Klassenkameraden Jonas hatte er eine enge Verbindung. Beide waren pummelig und totale Bücherwürmer. Gern waren sie im Naturhistorischen Museum unterwegs. In der Klasse saßen sie in der vordersten Reihe und wurden oft gehänselt.
    Kevin hatte blondes Haar und blaue Augen wie seine Mutter. Intelligenz und eine gute Auffassungsgabe bescheinigte ihm der Lehrer gegenüber seiner Mutter. Nur seine Schüchternheit hielt ihn von einer regen Teilnahme im Unterricht ab. Kevin machte sich nichts aus Mode, deswegen trug er alles, was seine Mutter kaufte. Bunt zusammengewürfelt, sodass sein Bruder morgens die Augen verdrehte, wenn er in der Küche erschien.
    Kaum waren die Kinder allein zu Hause, kommandierte Tim seinen Bruder herum. Kevin versuchte indessen ihm aus dem Weg zu gehen, was aber nicht immer gelang.
    „Du musst den Müll noch runterbringen“, sagte Kevin zu seinem Bruder und verschränkte seine Arme dabei.
    „Ich muss zum Sport, das kannst du selbst machen. Schließlich hast du ja Zeit, dein Buch rennt nicht weg“, entgegnete sein Bruder, bevor er im nächsten Augenblick das Haus verließ.
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