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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut
Autoren: Neil White
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hatten und deren Hüften gigantisch ausladend wirkten, da zu ihrer Ausrüstung Utensiliengürtel gehörten, die ganz erheblich auftrugen.
    Unwillkürlich sah er an sich herab. Er lebte auf einem ehemaligen Bauernhof, den man nur über einen morastigen, von dicken Ästen beschatteten Feldweg erreichen konnte. Als der Anruf eingegangen war, war er gerade damit beschäftigt gewesen, einen Baum zu beschneiden. An seinen Händen klebte noch immer Schmutz, und er hatte sich gar nicht erst die Mühe gemacht, seine Uniform anzuziehen. Es würde genügen, sich ein erstes Bild vom Tatort zu machen, danach konnte er zurück in seinen Garten.
    »Wie schlimm ist es?«, fragte er ruhig.
    Die beiden Frauen schauten sich kurz an. »Es ist nicht schön, Sir«, antwortete die ältere.
    »Ist die Spurensicherung unterwegs?«, wollte er wissen.
    »Die kommen, sobald sie können«, bekam er zur Antwort.
    Was das bedeutete, wusste Lucas nur zu gut. Sie waren hier auf dem platten Land, einige Meilen von der nächsten größeren Stadt entfernt. Die Leute von der Spurensicherung hatte mit den dortigen Verbrechen, den Einbruch- und Diebstahlfällen, alle Hände voll zu tun. Sie würden sich auf den Weg machen, wenn es nicht mehr ganz so kalt war und sie Lust zu einem kleinen Ausflug ins Grüne hatten. Er sah sich um. Büsche überwucherten den Weg, die Farbe an den Fensterrahmen blätterte stellenweise ab.
    »Das dritte Mal innerhalb von zwei Wochen«, sagte er zu sich selbst.
    »Sind Sie deshalb hier?«, fragte die andere Frau. »In Ihrer Funktion als Inspector, wollte ich sagen. Gehen wir jetzt von etwas Ernsterem aus?«
    »Jemand wurde verletzt«, antwortete er. »Das ist kein bloßer Vandalismus mehr.«
    »Haben Sie irgendwen im Verdacht?«, redete die Frau weiter. »Jugendliche?«
    Er ließ seinen Blick schweifen, bemerkte den schmalen Weg, der sich von der Hauptstraße zum Cottage schlängelte, betrachtete das Gras, das die eingesunkenen Steinplatten überwucherte. »Nein. Dafür ist das hier zu abgelegen. Jugendliche würden viel zu lange brauchen, um von hier wieder zu verschwinden. Das erhöht das Risiko, geschnappt zu werden. Nein, das hier ist etwas anderes. Eine Art Botschaft.«
    »Aber warum bei ihr?«
    Lucas verzog den Mundwinkel. »Keine Ahnung. Warum traf es irgendeine der anderen Frauen?«
    Er drückte den Rücken durch und ließ sich den Weg zum Schuppen erklären. Als er um das Haus herumging, spürte er, wie die Feuchtigkeit des hohen Grases seine Hosenbeine durchdrang. Er strich sein schütteres Haar nach hinten. Sein Schädel war von Sommersprossen überzogen, die grauen Koteletten reichten bis zur Unterkante seines Kinns.
    Als er sich dem Schuppen näherte, wurden seine Schritte langsamer. Die Überreste der Katze waren auf dem Weg verstreut. Der kleine, abgeschlagene Kopf lag nahe der Tür, das Maul war weit aufgerissen.
    Mit einem Stift drückte Lucas die Tür weiter auf, um keine Fingerabdrücke zu hinterlassen, dann sah er den Draht, der am Riegel befestigt war. Genau wie in allen bisherigen Fällen führte der Draht zu einem kleinen Metallrohr, das mit Schwarzpulver gefüllt gewesen war. Sobald man die Tür öffnete, wurde der Draht straff gezogen, und eine kleine Sprengkapsel wurde aktiviert, die dann im Rohr explodierte. Bei den anderen Vorfällen hatte man das Rohr auf dem Boden deponiert. Diesmal war es an Abigails Kater festgebunden und über eine Wäscheleine gehängt worden. Das hier war nicht das Werk irgendwelcher Halbwüchsiger, das war ihm klar.
    Während die Tür knarrend zufiel, kehrte er zum Haus zurück, weil er mehr über Abigail in Erfahrung bringen wollte. Als er sich der Eingangstür näherte, bemerkte er die Blicke, die die beiden Constables wechselten.
    »Was gibt es?«, fragte er.
    Wieder sahen die zwei Frauen sich unschlüssig an, woraufhin Rod Lucas an ihnen vorbei zur Tür ging. Er drückte sie langsam auf, dahinter war alles düster, und erst nachdem sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, stieß er einen leisen Pfiff aus.
    »Was ist denn das?«, murmelte er und trat ein.

4
    I ch war auf dem Weg zu Sam Nixons Büro und durchquerte zügig die Fußgängerzone von Blackley, Filialen großer Ketten auf der einen, der Eingang zu einem großen Einkaufszentrum auf der anderen Seite. Früher hatten viktorianische Fassaden die Straße gesäumt, damals, als die Stadt noch der glamouröse große Bruder von Turners Fold gewesen war. Diese Vergangenheit hatte man aber schon vor Jahrzehnten
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