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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut
Autoren: Neil White
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reden müssen, und wenn Sarah angeklagt wird, werde ich nichts schreiben dürfen, was sich in irgendeiner Weise auf den Fall auswirken könnte. Das würde dann sechs Monate oder vielleicht noch länger bei meinem Redakteur auf dem Schreibtisch liegen, ohne dass ein Wort davon nach draußen dringen darf.«
    »Es kommt vielleicht gar nicht zu einem Gerichtsverfahren«, wandte Mrs Goode ein und sah mich flehend an. »Wenn Sie sie finden und zurückbringen, und wenn wir wissen, was sie sagen wird, dann ist vielleicht auch klar, wie sie sich verteidigen kann.«
    Als ich das hörte, kniff ich argwöhnisch die Augen zusammen. »Was ist mit Sam Nixon? Wird er mit Sarah reden, bevor sie zur Polizei geht?«
    Mrs Goode erwiderte nichts und wich meinem Blick aus, was für mich Antwort genug war. Es ging nicht um die Story, die für mich dabei herausspringen sollte. Vielmehr wollten sich Sarahs Eltern mit ihr absprechen, bevor die sich der Polizei stellte.
    »Es tut mir wirklich leid«, beteuerte ich und ging zur Tür. »Aber ich sehe da keine Geschichte, die man einer Zeitung verkaufen kann, jedenfalls nicht im Moment.«
    Die zwei sahen sich verzweifelt an, dann legte Mrs Goode ihre Hand auf die ihres Mannes und drückte sie. Es hatte den Anschein, als würde er jeden Moment zusammenbrechen. Das brachte mich dazu, stehen zu bleiben.
    Mrs Goode drehte sich zu mir um. »Danke, dass Sie hergekommen sind, Mr Garrett«, erklärte sie leise. »Wenigstens haben Sie uns zugehört.«
    »Wie viel hat die Polizei von Ihnen über Sarah erfahren?«, wollte ich wissen.
    »Alles, was man von uns wissen wollte.«
    Ich seufzte. »Wenn die Polizei nicht weiß, wo Sarah ist, dann wüsste ich nicht, wieso ich sie finden sollte.« Diesmal war mein Bedauern nicht gespielt.
    Als ich das Büro verließ, entdeckte ich Sam auf einem der Stühle im Wartebereich. »Wie war’s?«, fragte er.
    »Du weißt verdammt gut, wie es war.«
    »Wie meinst du das?«, gab Sam zurück und setzte eine Unschuldsmiene auf.
    »Sie sind hergekommen, weil sie wissen, dass die Polizei ihre Tochter unter Mordverdacht festnehmen wird«, sagte ich ihm auf den Kopf zu. »Stimmt’s?«
    Sam setzte zu einer Antwort an, hielt sich aber zurück und versuchte, eine Entschuldigung zu liefern, sah jedoch ein, dass das ein sinnloses Unterfangen war. »Das sind anständige Leute«, äußerte er sich schließlich. »Sie machen sich Sorgen um ihre Tochter.«
    »Und ein Mann ist tot«, hielt ich ungehalten dagegen. »Seine Verwandten sind sicher auch anständige Leute.« Sam wich meinem Blick aus, also redete ich weiter: »Die beiden brauchen jemanden, der ihnen helfen kann, ihre Tochter zu finden, aber einen Privatdetektiv können sie sich nicht leisten. Sie dachten, ich sei eine billige Lösung für ihr Problem, nicht wahr?«
    »Aber es wäre eine gute Story, wenn du Sarah aufspüren könntest.«
    »Ich wünschte, es wäre so, Sam, weil ich das Geld gut gebrauchen könnte. Lauras Anwälte knöpfen uns fast alles ab, was wir besitzen. Du verstehst nicht, wie Journalismus funktioniert. Ich berichte über Gerichtsverhandlungen. Über den Kleinkram, über den die Leute im Pub reden. Die Zeitungen wollen solche Geschichten nach dem Motto ›Mann beißt Hund‹. Aber das hier ist etwas für einen großen Artikel, einen Aufmacher, eine Story, deren Hintergründe bis ins Letzte analysiert werden müssen. Ich kann es mir nicht leisten, mich dafür zu interessieren. Und abgesehen davon – sollte ich sie tatsächlich finden, dann bin ich die Story, und das kann ich im Augenblick überhaupt nicht gebrauchen.«
    Sam nickte entschuldigend. »Tut mir leid, Jack. Die beiden sind gute Menschen, aber sie sind verzweifelt. Du warst der Einzige, der mir in den Sinn kam, der ihnen vielleicht helfen könnte.«
    Ich seufzte. »Und was springt für dich dabei raus?«
    »Wir kämpfen hier ums Überleben, Jack«, betonte er nach einer betretenen Pause. »Wir haben zwar zu tun, doch das ist alles Kleinkram. Ladendiebstahl, aufgebrochene Autos und so weiter. Das lässt sich schnell erledigen, trotzdem kommen mehr Rechnungen als Mandanten.«
    Ich verstand, was er meinte. »Du brauchst einen Mord, um ganz oben mitzuspielen«, sagte ich und deutete mit einer Kopfbewegung auf sein Büro. »Und deshalb musst du zusehen, dass ihre Tochter in einer Zelle landet.«
    Es war ihm sichtlich peinlich, dennoch fügte er hinzu: »Ich verdiene damit meinen Lebensunterhalt. Ich habe diesen Mann nicht umgebracht, und irgendjemand
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