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Herzflattern im Duett

Herzflattern im Duett

Titel: Herzflattern im Duett
Autoren: Franziska Gehm
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hingen und leise klimperten.
    Obwohl draußen auf dem Jahrmarkt die Sonne schien, kam sich jeder Besucher des Orakulum Spektakulum wie in Tausendundeiner Nacht vor. Die Zeit schien stillzustehen. Die Luft flimmerte vor Geheimnissen.
    So ging es auch Daka und Silvania Tepes. Auf Drängen von Helene hatten sie sich eine Eintrittskarte gekauft. Jetzt standen sie auf dem flauschigen Teppich dicht beieinander und sahen sich um, ohne sich von der Stelle zu rühren. Zum ausgestopften Tiger hielten sie gebührenden Abstand.
    »Was machen wir jetzt?«, flüsterte Silvania.
    »Klingeln«, meinte Daka.
    Silvania sah sich um. »Keine Klingel da.«
    Daka stieß an ein Mobile. Es klimperte. »Hallo?«, rief sie laut.
    »Hallo! Ist da wer?«, rief Silvania.
    »Herr Orakulum?«, rief Daka.
    »Oder Frau Spektakulum?«, rief Silvania.
    Bis auf die leise Musik und das Geklimper der Mobiles blieb es still im Raum.
    »Vielleicht hat uns das Spektakulum Orakulum nichts zu sagen«, meinte Daka.
    Silvania nickte ernst. »Wir sind ein zu schwieriger Fall.«
    Plötzlich bimmelten die Glöckchen am weißen Vorhang und ein Mann trat hindurch, beziehungsweise schwebte er – so sah es zumindest aus. Er war etwas rundlich und trug eine weite cremefarbene Stoffhose, die am Bauch und an den Fußfesseln mit breiten roten Bändern zusammengebunden war. Die Füße waren nackt. Die Zehennägel rot lackiert. Den Oberkörper schmückte ein leichtes weißes Hemd, das nur am Bauch mit einem Knoten zusammengebunden war. Auf der Brust baumelte eine Kette aus bunten Steinen. Die Kette reichte bis zum Bauch, der sich wie bei einer Schwangeren wölbte. Auf der Brust war eine Narbe zu erkennen. Seine Haare waren von einem turbanähnlichen roten Knäuel bedeckt. Der Mann trug eine Nickelbrille, hatte eine kleine runde Nase und einen schönen Mund mit vollen Lippen. Die kleinen Augen hinter der Nickelbrille funkelten neugierig, als er die Zwillinge erblickte.
    »Tretet näher, tretet näher, verehrte Lebenshungrige und Sinnsuchende«, sagte der Mann und machte dabei drei kleine Balletthopser.
    Silvania und Daka musterten den Mann.
    Silvania musste bei dem Anblick an den großen Gymnastikball denken, auf dem Tante Karpa immer durchs Wohnzimmer rollte.
    Daka erinnerte der Mann an ein Wildschwein. Vielleicht lag es an den Brusthaaren.
    Die Schwestern warfen sich einen fragenden Blick zu. Schließlich zuckte Daka mit den Schultern. Gemeinsam traten sie vor.
    »Mein Name ist Ali Bin Schick.« Der Mann verbeugte sich. Dabei hielt er mit einer Hand den Turban fest und beschrieb mit der anderen einen weiten Bogen.
    »Daka Tepes«, sagte Daka und holte aus, um Ali Bin Schick eine Kopfnuss zu geben. Silvania hielt sie in letzter Sekunde zurück.
    »Silvania Tepes«, sagte sie und machte einen Knicks.
    Ali Bin Schick lächelte und deutete auf zwei Kissen, die vor dem ausgestopften Tiger lagen. »Nehmet Platz!«
    Daka und Silvania setzten sich.
    Ali Bin Schick kniete sich hinter den Tiger. Er legte die Hände mit gespreizten Fingern aneinander. Die Nickelbrille war ihm auf die Nasenspitze gerutscht und er musterte seine beiden neuen Kundinnen. Erst Daka Tepes. Ganz langsam. Von der obersten dunklen Haarspitze bis zu den Sohlen der Gummistiefel. Dann Silvania Tepes. Ganz langsam. Vom oberen Hutrand bis zum Absatz der Stiefeletten. Dabei nickte er und brummte »hm, hm, hm".
    Die Zwillinge saßen stocksteif auf den Kissen. Daka wagte nicht zu zwinkern und Silvania nicht zu schlucken.
    Auf einmal klatschte Ali Bin Schick in die Hände.
    Daka zwinkerte dreimal hintereinander.
    Silvania verschluckte sich.
    »Beginnen wir mit den Weissagungen«, sagte Ali Bin Schick. »Wagen wir den Blick in die Zukunft. Lüften wir den Schleier des Schicksals.« Ali Bin Schick zeigte auf Dakas und Silvanias Füße. »Bitte frei machen.«
    Daka sah den Wahrsager mit großen Augen an. Meinte er, sie sollten sich eine Briefmarke auf die Füße kleben, oder ...
    »Wir sollen unsere Schuhe ausziehen?«, fragte Silvania.
    Ali Bin Schick nickte und machte ein ernstes Gesicht.
    »Warum?«, fragte Daka.
    »Heidewitzka! Damit ich Fußlesen kann, selbstverständlich.«
    »Fußlesen?« Silvania zog die Augenbrauen hoch.
    »Verwechseln Sie da vielleicht etwas?«, fragte Daka.
    Ali Bin Schick warf Daka einen tadelnden Blick zu. »Ich? Etwas verwechseln? Tze! Ich bin ein absoluter Profi, was Wahrsagungen und Wünsche betrifft.«
    Daka nickte schnell. »Klar. Ich meine ja nur, jeder kann doch mal etwas verwechseln
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