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Herzensstürme - Roman

Titel: Herzensstürme - Roman
Autoren: Heyne
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blinzelte das Mädchen in die Hügellandschaft, die sich jetzt, in der Stunde zwischen Abend und Nacht, in eine geheimnisvoll bläuliche Zauberwelt verwandelte. Zarte Nebel waren aus den Talsenken aufgestiegen, hatten die Konturen der Hügel und kleinen Wäldchen aufgeweicht und schienen blasse Elfen und dunkle Fabelwesen hinter ihren Schleiern zu bergen. In Briannas Kopf klangen sanfte Töne, formten sich zu Melodien, und sie begann leise vor sich hinzusummen, um die neuen Einfälle festzuhalten.
    »Glotz nicht in die Gegend - treib die verdammte Mähre an«, knurrte Logan, der neben ihr auf dem Karren saß.
    Das Mädchen fuhr erschrocken zusammen, und die schönen Klänge verloren sich. Widerwillig gab sie dem Pferd einen leichten Schlag mit der Gerte, das Tier tat ihr leid, denn es hatte den schweren Karren seit dem Morgen fast ohne Unterbrechung ziehen müssen. Schnaubend hob es den Kopf und legte sich wieder ins Zeug, die hölzernen Räder des Karrens knirschten auf dem steinigen Weg, unter der Wagenplane begannen die Schellen und Glöckchen zu klingeln.
    Der Barde Logan war noch lange nicht zufrieden. Ungeduldig riss er Brianna die Gerte aus der Hand
und ließ sie zischend auf den Rücken des Pferdes herabsausen.
    »Verfluchte Gegend«, schimpfte er und fasste mit einer Hand hinter sich, um den Trinkschlauch hervorzuholen. »Meilenweit kein Dorf, nur Heidekraut und Ginster. Fast schon so wie droben in Schottland, wo sie uns Barden in Haferbrei kochen und zum Frühmahl fressen.«
    Brianna sah an ihm vorbei, denn das rote, aufgedunsene Gesicht ihres Gefährten war ihr schon lange zuwider. Der Barde Logan hatte sich ihrer vor Jahren angenommen, als ihre Mutter starb, er hatte sie das Harfenspiel, die Fiedel und die Flöte gelehrt, alle seine Lieder hatte er ihr beigebracht - sie musste ihm dankbar sein. Schon als kleines Mädchen hatte sie auf den Märkten und in den Burgen tanzen müssen, kleine Lieder vortragen, auf der Fiedel spielen. Oft war sie sehr müde gewesen, manchmal auch krank, doch Logan hatte sich wenig daran gestört.
    »Stell dich nicht an, du Hurenbalg!«, hatte er sie angebrüllt. »Ein verfluchter Schotte ist dein Vater gewesen und deine Mutter ein Sarazenenweib. Gott wird mich strafen, dass ich eine wie dich durchfüttere, einen solchen Bastard mit schwarzen Teufelsaugen.«
    Schon immer hatte der Barde Logan einen Hang zum Schnaps gehabt, doch während der letzten Jahre war er dazu noch fett geworden, das graue Haar hing ihm in dünnen Strähnen herunter, und den stoppeligen Bart scherte er sich nur selten. Brianna wäre gern ein wenig von ihm abgerückt, doch die schmale Sitzbank wurde fast vollständig von Logans breitem Hintern eingenommen, so dass ihr kaum Platz blieb und sie beständig in der Gefahr war, vom Karren zu fallen.

    In der Ferne war jetzt die kantige Form einer kleinen Burg zu erkennen, ein einsam gelegener Landsitz, der auf einem Hügel thronte und offensichtlich nur aus einem mehrstöckigen, düsteren Wohnturm bestand. Es musste Conworth Castle sein - das Ziel ihrer Fahrt.
    »Na endlich«, knurrte Logan, der die Augen gegen die schrägen Strahlen der Abendsonne mit der Hand beschattete. »Ich dachte schon, wir müssten wieder einmal zwischen Wölfen und Gespenstern übernachten. Beweg die Hufe, du lausiger Klepper. Dort drüben wartet ein Bündel Heu auf dich!«
    Wieder lachte er, dieses Mal klang es bitter und hämisch. Es war durchaus nicht sicher, dass der Burgherr sie aufnehmen würde, so wie er es noch im vergangenen Jahr getan hatte, denn die hohen Herren waren launisch. Für das Pferd würde es im höchsten Fall ein wenig Spreu, viel eher aber nur leeres Stroh geben. Vielleicht aber auch gar nichts, wenn der Burgherr sie gleich wieder fortjagte.
    Obgleich sie noch ein gutes Stück Wegs vor sich hatten, begann Logan schon einmal mit den Vorbereitungen, er reichte Brianna die Zügel und wühlte sein farbenprächtiges, langes Gewand hervor, das an den Schultern mit kleinen Glöckchen geschmückt war. Ächzend entledigte er sich der staubigen Stiefel, um gelbe Beinlinge anzulegen, über die er spitz zulaufende Lederschuhe zog. Logan war eitel, er liebte die feinen Gewänder, die man ihnen häufig nach ihren Auftritten schenkte und die Brianna ihm nach seinen Wünschen ändern musste. Hier ein paar Knöpfe, dort einige Glöckchen, Flicken aus blauer oder roter Seide, die abgeschabte Stellen verbargen, wenn möglich sogar ein Pelzkragen aus Marderfell, der sich weich
um sein
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