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Herzensstürme - Roman

Titel: Herzensstürme - Roman
Autoren: Heyne
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oben her prüfend in Augenschein genommen.
    Logan stieg von seinem Sitz herab, bewegte die Schultern, damit die Schellen rasselten, und warf den Mägden grobe Scherzworte zu, die mit lautem Gekreisch und Gelächter beantwortet wurden. Früher war er in den Nächten oft im Gesindehaus oder in einer Scheune verschwunden, manchmal hatte er auch eine der Mägde mit in die Kammer gebracht, in der er mit Brianna nächtigte. Dann hatte sie müde
und frierend draußen vor der Tür hocken müssen, bis die Magd sich in den frühen Morgenstunden endlich davonschlich. In den letzten Jahren war Logan jedoch zahm geworden, vielleicht lag es auch daran, dass kaum noch eine Frau Gefallen an ihm fand.
    Ein junger rotblonder Ritter erschien jetzt im Hof, scheuchte die Mägde davon und gab mit harter Stimme Befehle. Sein Blick blieb lange an Brianna hängen, er sah zu, wie sie von dem Karren herunterkletterte, und als sich dabei ihr Bein bis zur Wade entblößte, stand die blanke Gier in seinen Augen. Brianna kannte ihn, er hieß Gilbert Arrows, gehörte zu den Getreuen des Burgherrn. Schon im vergangenen Jahr hatte er versucht, ihr im Vorübergehen das Kleid hochzuheben.
    »Seid willkommen«, sagte er zu ihr und lächelte anzüglich. »Es tut sich wenig hier auf der Burg, da freut man sich über jede Abwechslung. Vor allem, wenn eine so geschmeidige Tänzerin uns die Ehre ihres Besuchs erweist.«
    »Ich danke Euch für den Gruß, Herr, und hoffe, dass Euch unsere Vorführung gefallen wird.«
    »Da bin ich ganz sicher, Brianna.«
    Er hatte sich sogar ihren Namen gemerkt, als habe er seit dem vergangenen Sommer auf sie gewartet. Brianna gab sein Lächeln zurück, doch sie hütete sich, allzu freundlich zu sein. Man durfte solche Burschen niemals glauben lassen, ihre plumpe Werbung könne Erfolg haben. Doch ebenso wenig durfte man sie allzu schroff abweisen oder sie sogar beleidigen, denn dann rächten sie sich. Es war wie ein Gang über einen schmalen Grat: Ein kleiner Fehler, eine Bewegung der Hand, ein unbedachter Blick, ein winziges Lächeln im falschen Moment konnten üble Folgen
haben. Sie konnte es den Männern nicht einmal übelnehmen, denn es gab viele Spielfrauen und Bardinnen, die sich mit ihrem Körper ein hübsches Zubrot verdienten. Brianna jedoch gehörte nicht zu ihnen.
    Eine der Mägde führte sie in das Quartier, in dem sie nächtigen durften, es befand sich in einem der niedrigen Nebengebäude und war nichts weiter als eine Remise, in der Kisten, Körbe, leere Fässer und allerlei anderes Zeug herumstanden. Immerhin schleppte ein Knecht zwei gut gefüllte Strohsäcke und einige Decken herbei, und ein kleines Mädel brachte zwei Schalen mit Gerstenbrei, Gemüse und ein großes Stück Haferbrot, dazu einen Krug, der randvoll mit frisch gebrautem Bier war.
    Logan begann sogleich auf seine Art »Hof zu halten«, auf einem leeren Fass thronend schwatzte er den Kindern, Knechten und Mägden allerlei Zeug vor, trank das Bier in langen, genüsslichen Zügen und sonnte sich in der Bewunderung der Leute. Brianna war es, die dafür sorgte, dass das Pferd getränkt und gefüttert wurde, der Karren wohlverwahrt in einer Ecke des Burghofs stand und nicht im Wege war. Sie trug ihre Habseligkeiten und vor allem die Instrumente ins Quartier und prüfte sorgfältig, ob auf der Reise nichts an ihnen zerbrochen oder zerrissen war.
    Als sie endlich mit allem fertig war, hatte ihr Begleiter die beiden Schalen mit Gemüsebrei bereits bis auf einen kleinen Rest geleert und im Bierkrug war kein einziger Tropfen mehr übrig. Der Barde hatte sich auf einen Strohsack fallen lassen und erholte sich schnarchend von der Reise. Brianna hockte sich auf den anderen und kratzte hungrig die Schüsseln leer, dazu trank sie Wasser, das sie sich am Ziehbrunnen holte.

    Sie hatte nur kurze Zeit auf ihrem Strohsack geschlummert, da ließen kräftige Fäuste die hölzerne Tür in ihren Angeln erzittern.
    »Raus mit euch Barden!«, rief eine Männerstimme, die ohne Zweifel einem Knecht gehörte. »Der Herr sitzt mit seinem Gefolge und den Frauen an der Tafel und wartet auf euch. Für Faulenzer gibt’s hier weder Nahrung noch Unterkunft!«
    Logan grunzte und erhob sich schwerfällig von seinem Lager, Brianna kämmte sich rasch das seidige blonde Haar und zog dann das bunt gescheckte Obergewand über das leinerne Unterkleid.
    »Wir kommen! Melde uns schon einmal an«, rief Logan großspurig. »Wunderbare Geschichten von Helden und fremdländischen Königen,
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