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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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sie unverhohlen beobachteten. Also hatte von der Wenthe mit seiner Vermutung recht gehabt, dass er beaufsichtigt wurde.
    » Guten Morgen, Eilert«, begrüßte sie ihren Knecht herzlich. Es wäre an ihm gewesen, zuerst zu grüßen, doch sorgenvoll und blass, wie er aussah, konnte er etwas Freundlichkeit und Nachsicht wohl gebrauchen. Eilert war wenig älter als zwanzig, so alt wie sie, und hatte auf der Reise nach Celle ein Abenteuer erleben wollen, nachdem er sein ganzes Leben lang in Lüneburg festgesessen hatte. Mit solch einem lebensbedrohlichen Tumult hatte er dabei nicht gerechnet. Er dienerte vor ihr und von der Wenthe, ohne einen Ton herauszubringen.
    »Holt die Truhe«, sagte Carton, der ebenfalls nicht ausgeschlafen wirkte. Mit einem Lächeln wandte er sich an Ada und verbeugte sich. »Meine Dame, Ihr armer Diener hat nicht geschlafen, fürchte ich. Er ist sehr besorgt.«
    »Hast du denn geschlafen?«, erkundigte ihr Gatte sich mit leisem Spott bei seinem Freund.
    »Erbärmlich«, gab der ohne Zögern zu. »Im Gegensatz zu dir kann ich nicht aufhören, einen Ausweg zu suchen.« Er beugte sich etwas vor. » Losing reigns happens. Or don’t you think so? «
    Ada blieb keine Zeit, über dieses seltsame Kauderwelsch nachzudenken, denn einige der Kerle, die ihr vorher als Beobachter aufgefallen waren, kamen näher.
    »Sie kommen«, meinte von der Wenthe, ohne eine Miene zu verziehen. »Ich will meine … meine Gemahlin noch schnell in Sicherheit bringen. Versuch, unsere Pistolen zu besorgen, und warte hier beim Zelt auf mich.« Unsanft nahm er Adas Arm und zwang sie, mit ihm Schritt zu halten. Mit der freien Hand griff er oben in sein Lederkoller und zog ein gefaltetes Papier heraus. »Die Dokumente hat Euer Pate. Hier ist mein Brief. Könnt Ihr ihn so aufbewahren, dass er auf keinen Fall verloren geht?«
    Ada nahm das Blatt und schob es unter ihrem Kragen zwischen zwei Knöpfen ihres Oberkleides hindurch auf ihr Herz. »Ich wünschte, Ihr hättet Zeit gehabt, mir alles zu erklären.«
    Einen Atemzug lang zögerte er, bevor er antwortete. »Ihr dürft alle Papiere lesen, bevor Ihr sie abschickt.«
    Ada und ihre Begleiter Stechinelli und Eilert hatten die Reise von Celle nach Lüneburg im Schutz eines Wagenzuges von Kaufleuten angetreten. Eine Meile hinter Uelzen waren sie jedoch unter das herrenlose Heer von Plünderern geraten, welches sie nun umringte. Alle Mitglieder der Reisegesellschaft hatten ihre Habe und ihr Leben schon verloren geglaubt. Doch die Anführer der Söldnerbande sahen sich durch heranrückende Kaiserlich-katholische Truppen bedroht und hielten es für nützlicher, die wehrhaften Kaufleute und vor allem ihren bewaffneten Begleitschutz als Verbündete zu gewinnen. So waren die Reisenden und zumindest ein Teil ihrer Waren vorerst gerettet worden.
    Angesichts der bevorstehenden Schlacht hatten sie die meisten ihrer vierundzwanzig schweren Fuhrwerke im Kreis aufgestellt und zur Verteidigung befestigt. Zwei Reisewagen standen im Inneren des Kreises, einer davon gehörte Adas Vater. Ihr Pate Stechinelli war nicht zu sehen.
    »Ich wünsche Euch Glück«, sagte von der Wenthe. »Sobald die Kaufleute beschließen, Fersengeld zu geben, flieht mit Ihnen und seht zu, dass Ihr so schnell wie möglich hinter sichere Stadtmauern gelangt. Kommt nicht auf den Gedanken, hier zu warten.«
    »Aber …«
    »Ihr seid es mir schuldig, Euch in Sicherheit zu bringen.«
    Sein Kiefermuskel trat hervor, so ernst meinte er das. Ada nickte. Zumindest den Glauben daran, dass sie das tun würde, war sie ihm schuldig. »Ihr wisst, wo Ihr mich finden könntet, falls …?«
    Von der Wenthe fasste ihre Schulter und schob sie ihrem Paten entgegen, der eben kreidebleich aus dem Wagen gestiegen war und nun näher kam. »Lobeke in der Grapengießerstraße. Ich weiß. Hütet die Papiere gut.«
    Noch bevor Stechinelli bei ihnen ankam, war ihr Gatte auf und davon. Ada sah ihm nach, wie er mit wehendem dunklem Zopf und langen Schritten zu dem Zelt zurückstürmte, wo Christopher Carton auf ihn warten sollte. Eine Gruppe von bereits zum Kampf gerüsteten Männern, die in seinem Weg stand, wich ihm aus. Das wunderte Ada nicht, denn seine Miene war finster, und er hatte beeindruckend breite Schultern.
    »Da bist du endlich«, sprach Stechinelli sie kurzatmig von hinten an. »Komm sofort in den Wagen.«
    »Da kommt Eilert mit der Truhe«, erwiderte Ada.
    »Geh vor.« Ihr Pate stieß sie ungeduldig an. »Ich warte auf die Truhe.«
    Damit du
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