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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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einen kleinen Blick hineinwerfen kannst, dachte Ada und blieb stehen. »Habt Ihr eine Münze für den Mann, der Eilert tragen hilft?«, fragte sie.
    Stechinelli sah sie befremdet von der Seite an. »Ich hätte angenommen, dein Gemahl hätte dir seine Barschaft anvertraut. In der Tat wäre meine nächste Frage danach gewesen. So oder so sollte er den Mann ja wohl bezahlt haben. Wir werden ihm nichts anbieten. Solche Schnapphähne nehmen ohne Anstand doppelt.«
    Ada hatte sich gedacht, dass er das sagen würde, aber die Frage hatte ihren Zweck erfüllt. Die Männer waren mit der Truhe bei ihnen angekommen.
    »Nun schaffe ich es allein«, sagte Eilert zu seinem Begleiter, der nickte, die Kiste abstellte und schnell davonging.
    »Ich kann helfen«, sagte Ada.
    Eilert schüttelte den Kopf. »Herr von der Wenthe hat mich fürstlich mit zwei Dukaten entlohnt, damit ich die Kiste direkt in Euren Wagen stelle. Und so schwer ist sie nicht. Nur unhandlich.« Er nahm die Kiste an beiden Griffen wieder auf, ächzte und ging etwas in die Knie, bevor er unter der Last sein Gleichgewicht fand.
    Ada freute sich für ihn, denn so viel Geld bekam er sonst nicht einmal in einem Jahr. Wenn es ihm gelang, wohlauf nach Lüneburg zurückzukommen, würde das ein kleines Vermögen für ihn sein. »Wenn du im Wagen bist, bleibst du darinnen und hältst den Kopf tief unten. Nicht dass dich einer mit nach vorn ins Gefecht schickt. Wir brauchen dich noch«, sagte sie leise.
    Er sah sie flüchtig an. »Danke, hohe Frau«, murmelte er. Ada konnte nicht sagen, ob die Röte in seinem Gesicht von der Anstrengung oder der Scham über seine Erleichterung herrührte.
     
    In der Wagenburg rüsteten die Männer zum Aufbruch, wenn auch mit Hintergedanken. Den selbsternannten Generälen der protestantischen Armee hatten die Kaufleute zugesagt, dass die knapp hundert bewaffneten Fuhrknechte und Begleitschutzmänner auf ihrer Seite in die Schlacht ziehen und nur sie selbst zurückbleiben würden, um die Wagen vor Plünderung zu schützen. Insgeheim aber hatten die Männer des Handelszuges abgesprochen, bei der ersten Gelegenheit kehrtzumachen und zuzusehen, dass sie mit den Wagen und dem, was von den wertvollen Waren übrig war, in Richtung Lüneburg davonkamen.
    Als Ada an jenem Morgen wieder zu ihnen stieß, waren Kisten, Körbe, Ballen und Fässer längst aufgeladen, die Zugtiere standen in ihren Geschirren im Inneren des Kreises bereit. Einige der elf in Celle und Uelzen als Schutz angeworbenen Musketiere waren noch dabei, ihre kleinen Pulverbüchsen zu überprüfen. Mindestens zehn davon trug jeder von ihnen an seinem Bandelier. Zehn Kapseln bedeuteten zehn Schuss, bevor sie mit Pulverhorn und Pulvermaß hantieren mussten.
    Zum ersten Mal seit Anfang der Reise wurde Ada bewusst, was hundertzehn Musketenschüsse von geübten Schützen bedeuten konnten, auch wenn das Laden bei aller guten Vorbereitung seine Zeit dauerte. Sie stellte sich vor, wie hundertzehn Tote nebeneinander lagen, und es schauderte sie.
    Die bewaffneten Männer brachen in die Richtung auf, aus welcher der Lärm der katholischen Trommeln kam. Am Rand des eigenen Lagers gruppierten sich die Soldaten zu einer groben Schlachtordnung, angetrieben von den brüllenden Anführern. Ein sinnvoller Plan war nicht zu erkennen. Pikeniere, Musketiere und bloße Degen-, Schwertund Pistolenträger versammelten sich hier und dort in Gruppen. In anderen Abteilungen mischte sich alles durcheinander, immer wieder verteilten Grüppchen sich neu, und viele der Männer sahen aus, als ob sie von der Nacht noch einen kräftigen Rausch hätten. Die berittenen Soldaten, zu denen von der Wenthe und sein Freund gehörten, bildeten eine leidlich geordnete Truppe am vordersten Rand der strudelnden Masse.
    Ada stand mit dem Rücken zu ihrer Kutsche und beobachtete, wie nun auch die Männer der Handelsgesellschaft hinauszogen. Die drei zehn- oder elfjährigen Lehrjungen, die mit ihnen reisten, waren auf den höchsten Wagen geklettert und reckten sich, um das Kaiserlich-katholische Heer zu erspähen. Zu jung, um zu wissen, dass sie Angst haben sollten, stießen sie sich an und machten alberne Witze. Ada spürte, wie ihr Mund trocken wurde, sie konnte nicht mehr schlucken. Von der Wenthe hatte recht. Nicht nur er, sondern sie alle würden umkommen.
    Wie um Ada zu bestätigen, donnerten zum ersten Mal Kanonen. Die protestantische Seite hatte keine schweren Geschütze, die katholische sehr wohl. Die Jungen auf dem Wagen
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