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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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sanft gegen die Schulter. »Steigt ein, junge Frau. Es wird gleich losgehen.« Hilfsbereit lief er mit ihr zur Wagentür und streckte schon die Hand aus, um sie beim Einsteigen zu stützen, da sprengte ein Reiter ins Innere der sich auflösenden Wagenburg, der Ada bekannt vorkam.
    Christopher Carton musste ein ausgezeichneter Reiter sein, da er sein Pferd vor Ada zum Halten brachte, ohne eine Hand an den Zügeln zu haben. Mit der linken Hand hielt er sich am Sattel fest, sein rechter Arm war verletzt. Blut bedeckte seine Brust bis hoch zur Schulter, und sein Gesicht war bleich. Adas Knie wurden weich, sie fasste haltsuchend nach der Wagentür.
    »Was wollt Ihr?«, drohte Kaufmann Knoop, griff in den Zügel von Cartons Pferd und drängte es von Ada weg. Das rüttelte sie auf. Sie beschwichtigte Knoop mit einer Geste und griff nach Cartons Steigbügel.
    Seine Miene war von Schmerz und Entsetzen gezeichnet. »Ich brauche Hilfe. Wir müssen ihn holen. Ich konnte es nicht allein.«
    »Ist er tot?«, fragte Ada und hörte, dass ihre Stimme schrill wurde.
    Carton sah sie hilflos an. »Vielleicht. Vielleicht nicht.« Knoop, der inzwischen begriffen hatte, schüttelte den Kopf. »Wir werden nicht warten können.«
    »Ist es weit?«, fragte Ada. Keinen Versuch zu unternehmen, ihren Gatten zu bergen, war für sie ausgeschlossen. Sie wäre allein losgelaufen, wenn es Sinn gehabt hätte.
    »Nein. Aber es eilt. Die Katholiken …«
    »Katholiken, Hugenotten, Schweden, Heiden, was hat das noch damit zu tun?«, schimpfte Knoop und ließ Cartons Pferd los. »Wolfspack, allesamt. Ich hole ein paar Männer.«
    »Zwei, mit Pferden«, sagte Carton schwach und lehnte sich nach vorn auf den Hals seines Pferdes.
    Ada rüttelte an seinem Bein. »Ihr müsst wach bleiben. Bitte. Sie finden ihn sonst nicht. Bitte, bleibt wach.« Er kämpfte mit seiner Schwäche und nickte schließlich. Sie schämte sich, als ihr bewusst wurde, wie grausam es war, so mit einem Verwundeten zu sprechen. Er hatte bessere Aussichten, sein eigenes Leben zu retten, wenn er sich nicht weiter um den anderen kümmerte. »Ich kann nicht von Euch verlangen, dass Ihr zurückgeht«, sagte sie. »Vielleicht bringt Ihr besser Euch selbst in Sicherheit.«
    »Lenz ist mir lieber als anderen der Bruder. Ich lasse ihn da nicht liegen«, sagte Carton.
    Knoop kam mit zwei berittenen Fuhrknechten wieder, die ein drittes Pferd am Strick führten. Beide sahen kräftig und verwegen genug aus. »Ihr müsst sie dafür bezahlen«, sagte der Kaufmann. Carton wendete sein Pferd allein mit dem Druck seiner Schenkel und trieb es gegen den Menschenstrom an zum Galopp, die Fuhrknechte folgten ihm.
    »Viel Glück«, sagte Ada, zu leise, als dass einer von ihnen es hätte hören können. Ihre Hände krampften sich vor ihrer Brust ineinander.
    »Könnt Ihr sie bezahlen? Ich habe ihnen mein Wort gegeben«, sagte Knoop grimmig.
    Ada nickte abwesend. »Ich werde sie bezahlen.«
    Um sie herum fuhren mehrere Wagen an und formierten sich. Knoop rannte zu seinem eigenen Gefährt, Eilert kletterte hastig auf den Bock. »Steigt ein«, sagte er mit angstvoller Miene.
    Ada wusste, dass Warten Unsinn war. Die Wagen kamen ohnehin nicht so schnell voran, dass die Reiter sie nicht hätten einholen können. Sie setzte sich wieder auf den Platz neben ihrem Paten. »Fahr«, rief sie und hielt sich fest.
    Der Wagen machte einen Satz, als Eilert die Pferde antrieb, und dieser Schock erweckte Stechinelli zum Leben. Mit einem erschrockenen Keuchen griff er nach dem nächsten Halt. Die Bibel polterte auf den Wagenboden und klappte zu.
    Ada roch seinen Angstschweiß und den trocknenden Urin und warf einen schnellen Blick in sein Gesicht, das eine elend gelbliche Farbe angenommen hatte. »Seid Ihr wohl?«
    Er würdigte sie keines Blickes. »Dein Vater wird nicht mit dir zufrieden sein«, stieß er hervor und presste dann die Lippen wieder zusammen.
    Ada fühlte Entrüstung aufsteigen, verbot sich aber jede Gefühlsäußerung. Natürlich würde ihr Vater nicht mit ihr zufrieden sein. Doch sie hatte schon als Kind herausgefunden, dass ihr Vater nicht das Maß aller Dinge war. »Ich weiß nicht, was Ihr meint«, sagte sie.
    »Von der Wenthe hat gesagt, er stirbt«, zischte ihr Pate. »Was gibt es für einen Grund, solchen Lumpen Geld in den Rachen zu werfen, damit sie dir einen Toten bringen? Willst du uns hier drinnen mit einer Leiche und ihren üblen Ausdünstungen belasten?«
    Ada schoss das Blut in die Wangen. »Wollt Ihr
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