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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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ihre rechtlichen Anliegen noch einmal derart fehlschlügen, versicherte er der versammelten Gesellschaft. Er würde persönlich dafür Sorge tragen, dass in Zukunft das Gesetz nicht mehr so leicht umgangen werden konnte.
    Während der Advokat am Abend im Kabinett über seiner Arbeit saß, flüsterten sich Lenz und Ada, ausgeruht und endlich wieder sauber, unter den Decken sündige Wünsche ins Ohr.
    Luise war zur selben Zeit noch damit beschäftigt, ihr bestes Kleid mit Zierrat aus Cornelias Nachlass zum Hochzeitskleid zu machen. Die so überraschend in ihr gewachsene Zuneigung zur Frau Gräfin trieb sie dazu, auch deren letztes anständiges Kleid aufzubügeln und mit einem neuen, anliegenden Spitzenkragen zu versehen, obwohl sie nicht darum gebeten worden war. Die anderen Frauen gingen ihr bei allem bereitwillig zur Hand.
    Luise wusste, dass es für alle so aussah, als hätte sie aus rein praktischen Erwägungen zugestimmt, Curd zu heiraten. Sie widersprach dem nicht. Doch insgeheim hatte der raue Kerl mit seinem dreisten Antrag mehr in ihrem Inneren berührt als nur ihre Vernunft. Er war gerissen und kriegserfahren, hatte Mut und konnte zupacken. Außerdem hatte er sich offenbar nicht davor gedrückt, für seinen verwaisten Neffen zu sorgen. Luise hatte seit langer Zeit keinem Mann so viel Respekt entgegengebracht wie Curd. Einen wie ihn wollte sie gern zur Seite haben. Vielleicht würde sie sich dann einmal wieder so sicher fühlen, dass sie ruhig schlafen konnte.
    Und wenn es des Nachts noch etwas anderes geben sollte als Schlaf … Nun, ihr zukünftiger Ehemann hatte sanftere Hände, als man annehmen sollte. Ein seltenes Lächeln huschte über Luises Gesicht, als sie die feine weiße Spitze für die Frau Gräfin zurechtzupfte. Wenn sie nach deren strahlenden Augen ging, dann musste das Ehebett nicht unbedingt eine lästige Pflicht bedeuten.
    Curd und Dierk berieten derweil darüber, was dagegen sprach, dass Dierk die Herrschaften nach England begleitete, um bei dem Herrn Grafen in die Kaufmannslehre zu gehen.
    Curds Vermutung, dass auch in England nicht mehr lange Friede herrschen würde, brachte den Jungen nicht von seinem Wunsch ab. Umso dringender würden die Herrschaften ihn brauchen, sagte er. Sie wären doch manchmal so arglos. Außerdem begeisterte Dierk die Vorstellung, ein fremdes Land kennenzulernen, in dem er vielleicht so gut fechten lernen würde wie der Herr Graf.
    Curd ließ ihm schließlich seinen Willen, denn er sah für sie beide Vorteile darin. Nicht umsonst hatte er seinem Neffen beigebracht, Ohren und Augen überall zu haben. Der Junge würde in England seine eigene Zukunft sichern, und gleichzeitig die seines Onkels.
    Dank Dierk war Curd auch darüber im Bilde gewesen, dass er mit Luise die leibliche Tochter des alten Grafen heiratete, bevor er ihr den Antrag machte. Diese Ehe und der Umstand, seinen klugen Neffen in der Lehre beim jungen Grafen zu haben, waren ein ausgezeichnetes Fundament für seine Position auf dem Gut.
    Er verbesserte diese Grundlage am folgenden Tag noch weiter, indem er mit den Schweden vereinbarte, dass sie weitere Fourage-Lieferungen im Tausch gegen ein einfaches Geschütz erhalten würden. Die kleine Burg zu verteidigen und ihre Bewohner zu schützen, würde ihm schon gelingen.
    Dietrich von Bardeleben schnarchte in seinem Gemach. Er hatte die Anstrengungen seiner Reise auszukurieren und Kräfte für einen Rückweg zu sammeln, der sicher wieder länger ausfallen würde als voraussehbar.
    Immerhin ließe ihm das Zeit, sich die geeigneten Worte zurechtzulegen, mit denen er seine Großmutter davon überzeugen würde, dass er alles zum Besten des Hauses von Bardeleben geregelt hatte. Er musste ihr sogleich nahelegen, ihm eine neue Braut zu suchen. Jung, reich und vor allem gehorsam sollte sie sein. Dann würde sich alles andere schon finden. Er seufzte im Schlaf. Wenn er sich auf dem Heimweg nur nicht wieder so desperat verlief.
    Christopher ging noch im Garten spazieren und ließ sich die Ereignisse der vorangegangenen Wochen durch den Sinn gehen. Seine Verliebtheit in Ada war verflogen, hatte aber einer Sehnsucht und Ruhelosigkeit Platz gemacht, die er vorher nicht gekannt hatte. Er wartete ungeduldig auf den Tag, an dem sie von Wenthe aufbrechen würden.
    Bei dem grauen Brunnenring, neben dem der ausgebrochene Bulle Gras gefressen hatte, hielt er inne und setzte sich auf die noch warmen Steine. Träumend blickte er zum angelehnten Stalltor. Lockt den Stier in den
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