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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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lassen. Ich gehe voraus zum Tor.«
    Sie schüttelte den Kopf, drehte flink mit beiden Händen ihre Haare zum Knoten und steckte ihn auf. »Nein, nein. Ich bin schon so weit. Nur noch der Kragen. Die Haube …«
    Er nahm ihre Hand. »Lass den Kragen.«
    Trotz der gebotenen Eile zögerte sie einen Augenblick und pflückte dann ihre Haube vom Bettpfosten.
     
    Christopher kam aus dem Kabinett, ebenso schmutzig und vom Schlaf zerwühlt wie Ada und Lenz, und mit zwei Pistolen in den Händen. »Nimmt das denn nie ein Ende? Ich schwöre, wenn es dein Onkel ist, Lenz, ich schieße ihn nieder.«
    Als sie auf dem Hof ankamen, war ihre Gefechtsordnung bereits wieder in Auflösung begriffen. Vom Turm her kam Curd ihnen entgegen. »Besser einmal zu viel alarmiert als einmal zu wenig, sagt Otto. Ist nur ein Gast.«
    Ada entfuhr ein tiefer Seufzer. »Dem Himmel sei Dank. Wie geht es Luise, Curd? Ich habe sie gestern gar nicht mehr gesehen.«
    »Liegt in der Küche auf der Bank. Die Weiber kümmern sich. Wird keinen Schaden anrichten, die Schramme.«
    »Sie hat eine Courage wie ein Bär.«
    »Hmmhm.« Er machte ein so zufriedenes Gesicht, als hätte er das längst gewusst.
    Lenz zog sie weiter, Christopher war schon beinah am Turm. Sie hörten den Besucher laut mit dem Wachtposten Otto streiten. Er beschwerte sich über die Unverfrorenheit, ihn vor dem Tor stehenzulassen. Dumpf prasselnde Schläge klangen, als würde er etwas gegen die Wand des Turmes werfen.
    Otto ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Bitte um Vergebung für den Alarm, Hochwohlgeboren. Dachte aber, es ist ohnedies Zeit zum Wecken. Soll ich den Mann hereinlassen?«
    Lenz sah durch die Luke.
    »Ich polier dir die Arroganz von der Schnauze, du Kläffer. Mistfressender …«, scholl es von unten.
    »Ich kenne ihn nicht«, sagte Lenz.
    Ada spähte an ihm vorbei.
    »… Stiefellecker. Du machst mir jetzt das Tor auf, sonst …«
    Der Mann hielt ein Pferd am Zügel, das den Kopf bis auf den Boden hängen ließ und zwei Beine schonte. Es war nass vom Tau, verfilzt und schmutzstarrend und damit ein Spiegelbild seines Herrn, der immerhin noch Kraft hatte, beim Fluchen mit Erde und Steinen zu werfen. Sein Bart machte ihn fast unkenntlich, aber Ada erinnerte sich an die leicht schiefe Haltung seiner Schultern und den Hauch von Lispeln. Ihn wiederzusehen, überraschte sie trotz aller Vorwarnung.
    »Das ist Dietrich von Bardeleben«, sagte sie und traf Lenz’ Blick.
    Lenz war eigentlich in keinem besseren äußeren Zustand als der auferstandene Tote, doch ihr Herz sah darüber hinweg. In seinem heilen Auge konnte sie lesen, was er für sie empfand. Er würde sie nicht aufgeben, und solange sie das wusste, fürchtete sie Dietrich nicht, auch wenn er vor Wut kochte.
    Mit einem aufmunternden Lächeln gab sie Lenz einen Kuss in sein Bartgestrüpp und ließ sich von ihm in die Arme nehmen.
    »Lass Er ihn herein, Otto«, sagte Lenz.
     
    Dietrich von Bardelebens einzige Freude auf dem langen Weg war es gewesen, sich auszumalen, welche prächtigen Entschädigungen er für seine Unannehmlichkeiten verlangen würde. Einkleiden wollte er sich lassen, ein gutes neues Pferd samt Zaum musste her, nicht zu reden vom Ersatz für die Mitgift.
    Dann wurde er von einem Söldneraas vor dem Tor des Anwesens stehengelassen, als wäre er ein Lumpensammler, und schließlich von Leuten empfangen, die noch ärgere Vogelscheuchen waren als er selbst.
    Seine Gattin erkannte er nicht wieder. Hätte sie ihn nicht mit seinem Namen begrüßt, dann hätte er sie für eine feile Magd gehalten. Das schäbige graue Kleid war an vielen Stellen schwarz vor Dreck und hatte Löcher, die Haube hatte schwarze Flecken und saß schief über den nachlässig befestigten Haaren. Ein Kragen fehlte ganz. Der Mann, den er für den Grafen von der Wenthe hielt, schien sich geschlagen zu haben, er hatte einen Schmiss im Gesicht. »Ich mache es kurz«, sagte er zu dem, »ich bin hier, um meine Gemahlin abzuholen und was mir sonst zusteht.«
    Der Mann hob die Hände. »Da habe ich nicht mitzureden.«
    Woraufhin Konrade losprustete und ihren anderen Begleiter am Arm fasste, einen blau geprügelten Lumpen, der gegen den Wind stank. »Dies hier ist er, Dietrich. Dies ist mein Gatte.«
    Ada musste wieder lachen. Der Blick, mit dem ihr ehemaliger Gemahl Lenz musterte, war zu komisch. »Wir hatten allerhand Unannehmlichkeiten in den vergangenen Tagen, wie Ihr an unserem Äußeren sehen könnt, aber Ihr seid uns angekündigt worden.
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