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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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einen Moment nur den Klang seiner Stimme, obwohl sie gut zuhören musste. Er erklärte Graf Ferdinand, der seit Stunden vor Wut rote Flecken im Gesicht hatte, weil sie ihn nicht losmachten, was er mit den Schuldscheinen tun würde. Als Mitglied einer großen englischen Kaufherrengesellschaft verfügte Lenz über rechtlichen Beistand, der ihm helfen würde, seine Forderungen durchzusetzen. Graf Ferdinand würde mit seiner Sippe auf seinem Land nur noch auf Widerruf geduldet leben.
    Die Empörung verzerrte Ferdinands Gesicht zur Grimasse. »Die Scheine gehören Ihm so wenig wie das Gut.«
    »Sie gehören meiner Gemahlin, und sie gibt mir freie Hand.« Lenz nahm mit einem Streicheln den Arm von Adas Schultern.
    Matthias Märtens schnaubte höhnisch, und Ferdinand zischte vor Abscheu. »Die da ist nicht Seine Gemahlin, sondern die von einem anderen, so höre ich. Eine widerwärtige, todsündige Ehebrecherin ist sie, nicht mehr. Daher ist Er ohne Weib, und das Gut kann immer noch an mich fallen, samt der Scheine. Ihm gehören bloß die wertlosen Pfründe, die mit dem Titel kommen.«
    »Noch hat kein anderer Ehegatte Anspruch auf mein Weib erhoben, und sollte es einer tun, findet er mich kampfbereit. Unsere Ehe ist rechtmäßig und bisher nicht angefochten.«
    Märtens räusperte sich. »Ich fechte sie an, denn ich habe Konrades Gatten vor einigen Tagen lebend gesehen. Er war auf dem Weg hierher.«
    Trotz ihrer Müdigkeit richtete Ada sich auf. »Märtens, das alles geht dich nichts an. Du bist meinem ersten Gatten vorher nie begegnet. Selbst wenn du es wärest, könntest du ihn nach all den Jahren gewiss nicht erkennen. Jeder Betrüger hätte sich vor dir seinen Namen geben können. Und wie du siehst, ist er hier nie angekommen. Du solltest schweigen und dich glücklich schätzen, dass ich von dir keine Vergeltung für das fordere, was du hier auf meinem Besitz angerichtet hast. Geh nach Lüneburg und melde dich als Erbe deines Onkels, damit du wenigstens etwas hast. Vom Lobek’schen Haus bleibt dir nichts, das muss dir bewusst sein.«
    »Sei glücklich, dass sie für dich spricht, und schweig, Märtens. Meine christliche Seele gewinnt nur mit Mühe Oberhand über die Lust, dich neben meinem Oheim aufzuhängen. Bei meinen freundlichen Erwägungen gegen ihn lasse ich ganz außer Acht, dass er mehrfach den Mord an mir in Auftrag gegeben hat«, sagte Lenz.
    Tatsächlich ließ er Märtens und seinen Onkel, der nicht sein Onkel war, am Ende laufen. Die zwei marschierten zu Fuß in die dunkle Heide hinein, denn alle besseren Pferde behielt Lenz, nicht nur als kleinen Ausgleich für seinen Schaden, sondern weil er dem alten Verbrecher und dem widerlichen Märtens einen harten Fußmarsch von Herzen gönnte.
    Ada lag schlafend mit dem Kopf auf dem Tisch, als er wieder ins Zimmer kam. Auch Christopher war eingenickt, und Dierk war fort, vermutlich von seinem Onkel zu einem anderen Schlafplatz getragen. Ebenso hätte Lenz es gern mit Ada gemacht, musste sich aber eingestehen, dass er sie in seinem derzeitigen Zustand nicht galant die Treppe hinauftragen konnte. Er konnte sich selbst kaum noch auf den Beinen halten.
    Deshalb weckte er sie mit einem Kuss auf das kleine Stück nackte Haut über ihrem endlich vollends ruinierten spanischen Kragen.
    Sie wankten gemeinsam die Treppe hinauf und halfen sich aus der äußeren Schicht Kleider, ungeschickt vor Erschöpfung. Zu müde, um auch nur den gröbsten Schmutz von den Gesichtern zu wischen, schlüpften sie unter die Decken, die wie jedes Stück Gewebe im Haus nach Pech und Ruß rochen. Sie rückten nah zusammen, suchten mit den Händen die Haut des anderen, doch bevor aus der Berührung Lust werden konnte, hatten sie sich in den Schlaf geküsst.
     
    Lenz wachte am nächsten Tag davon auf, dass Ada aus seiner Umarmung hochschreckte und aus dem Bett sprang. Erst dann hörte er die vermaledeite Alarmglocke, die ihn ebenfalls auf die Füße und in die Kleider trieb. Er zog den grauenvollen Kittel wieder über die Hose und stieg in die treuen Stiefel. Das alte Rapier hatte er am Vorabend gegen ein ordentliches Wehrgehänge mit einem guten Degen ausgetauscht. Diesen Gurt anzulegen war ihm wichtiger, als ein sauberes Hemd zu finden.
    Ada fummelte gehetzt an den Knöpfen ihres Mieders, ihre zerzausten Haare hingen lang über die Schultern und in ihr vom Schlaf rosiges Gesicht. Die Glocke hatte bereits zu läuten aufgehört.
    »Diesmal wird keiner unsere Abwehr durchdringen. Du kannst dir Zeit
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