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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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lebte. »Hol Hilfe, Dierk.«
    Vogt rührte sich nicht, dennoch bückte Ada sich und tastete nach seinem Waffengurt. Eine zweite Pistole hatte er nicht, aber einen Dolch, den sie an sich nahm. Danach suchte sie einen Weg zu Luise, die aufgehört hatte zu wimmern, aber keuchte, als hätte sie starke Schmerzen. »Was ist mit dir?«
    »Er hat mein Bein getroffen, ich weiß nicht, wie schlimm.«
    Ada fand ihre Hand und drückte sie. »Gleich bringen wir dich nach oben.«
    »Was ist mit Vogt?«
    »Schsch.«
    Vogt regte sich. Womit auch immer Dierk zugeschlagen hatte, es war nicht hart genug gewesen. Adas Herz fing von Neuem an zu rasen. Sie überlegte, wo sie mit dem Messer zustechen musste, wenn er zu ihnen herkam, und nahm sich vor, nicht zu zögern.
    »Ada?«
    Lenz’ Stimme. Sie sank vor Erleichterung in sich zusammen. »Ja. Gib Acht. Vogt kommt wieder zu sich.«
    »Nicht für lang.« Das war die Stimme von Dierks Onkel.
    »Gottlob, Luise.« Mit zitternden Knien stand Ada auf.
    Luise seufzte gequält. »Gott hätte auch machen können, dass das Rabenaas nicht wieder aufwacht.«
    Es wurde heller in der Gruft, die Männer brachten Licht mit.
    Curd versetzte Vogt im Vorübergehen einen Tritt und übergab ihn dem Söldner, der ihm folgte, dann kam er mit Lenz zu ihnen herüber. Ada sah zu ihnen auf, sogar von dem spärlichen Kerzenschein geblendet. »Ihr müsst Luise tragen. Er hat ihr ins Bein geschossen.«
    »Das mach ich schon.« Curd übergab ihr seine Kerze und hob Luise auf, als wäre sie aus Stroh.
    Lenz stellte seine Kerze auf einen Sarg und streckte ihr seine Hände hin. »Bist du heil?«
    »Ja. Wir müssen die Kinder aus dem Loch holen, Lenz.«
     
    Sie stöhnten alle unter Schmerzen, als sie endlich wieder ans Tageslicht kamen. Die Sonne war ihnen willkommen und ihren Augen zugleich unerträglich.
    Curd hatte Luises Bein bereits verbunden, als Lenz und Ada mit Tilde und den Kindern in die Küche kamen. Dort waren die Wände von Ruß und Rauch dunkelgrau geworden, so wie die meisten Wände im Haus, zumindest im unteren Geschoss.
    Mitten in der Halle sah man die Reste des großen Rauchfeuers, das Graf Ferdinand hatte anzünden lassen: ein sorgsam von einem Könner gelegtes Feuer aus Kohle, Pech, grünem Holz und Lumpen, das Angst verbreitete, aber begrenzt blieb. Getötet hatte es dennoch.
    Ferdinands Handlanger hatten Stechinelli und Märtens in der Halle festgebunden, als der Graf sie nicht mehr nützlich fand. Matthias Märtens hustete nun auf dem Hof und rang um Atem. Stechinelli war am Rauch erstickt.
    Die anderen Bewohner des Gutes fanden sich nach und nach wieder ein. Gelitten hatten alle, aber sie lebten. Selbst die beiden alten Frauen waren entkommen – sie hatten sich durch die Tür hinter der Kapelle auf den Friedhof geflüchtet und sich dort in die hohen Brennnesseln gelegt, gleich nachdem die Angreifer eingedrungen waren.
    Die Bauersfrauen verrieten ihr Versteck nicht, nicht einmal ihren eigenen Männern.
    Verschwunden blieb der Schäfer, doch die alten Frauen wussten, dass er ebenfalls durch die Hintertür hinaus und in die Heide geflohen war, wo er sich auskannte.
    Es wurde schon wieder dunkel, als das Durcheinander auf dem Gut endlich geordnet war.
    Lenz wies Graf Ferdinand an, seine Leute wegzuschicken, die Unversehrten auf den schlechteren Pferden, und die Verletzten und Toten auf zwei alten Karren.
    Graf Ferdinand selbst wurde in Lenz’ Zimmer an einen Stuhl gefesselt, daneben Märtens.
    Christopher, der eine Stichwunde im Arm und einen Schmiss im Gesicht hatte, wohnte der Versammlung auf dem Bett liegend bei.
    Curd saß am Tisch neben Dierk, der zur Abwechslung auch einmal müde wirkte. Der Junge legte den Kopf auf die Arme und schloss die Augen. Ada setzte sich ihm gegenüber und lächelte. So sah er auf einmal wieder aus wie ein Kind, obwohl er Mut und Witz für drei ausgewachsene Männer hatte.
    Sein Onkel sah ihr Lächeln und warf einen langen Blick auf seinen Neffen. Dann nickte er kurz, als wolle er sich selbst bestätigen, dass er seine Aufgabe wieder einmal erfüllt hatte.
    Ada fühlte sich so müde wie der Junge. Lenz ließ sich neben ihr nieder und legte seine warme Hand auf ihre Schulter; er suchte fortwährend die Berührung mit ihr, als hätte er Angst, dass sie sonst verschwinden könnte. Auch darüber lächelte sie. Hatte doch auch er Courage für drei, nach allem zu urteilen, was sie bisher erfahren hatte.
    Sie schloss die Augen, als er anfing zu sprechen, und genoss für
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