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Herrin wider Willen

Herrin wider Willen

Titel: Herrin wider Willen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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in dem üppigen Fleisch und der unschuldigen Sinnlichkeit seiner Braut. Sie bereitete ihm ein Fest, und er war ihr so dankbar dafür, dass sich sein Gewissen regte. Höchstwahrscheinlich würde sie mit seiner Hinterlassenschaft mehr Schwierigkeiten haben, als er ihr wünschte. Er hatte ihr zwar erklärt, dass er sie geheiratet hatte, um sein väterliches Erbe seinem Onkel zu entziehen, der mit seinem Vater seit Langem verfeindet war. Dass er diesen heimtückischen Onkel verdächtigte, hinter seinem erzwungenen Heeresbeitritt zu stecken, hatte er nicht ausgesprochen.
    Er schüttelte seine Bedenken ab. Immerhin hinterließ er ihr einen Brief mit einer Warnung. Und gewiss würden ihr Vater und ihr Pate für ihren Schutz sorgen. Sie würde am Ende ihren Gewinn erhalten, falls sie darum zu kämpfen verstand.
     
    Das Gedröhn der Kriegstrommeln holte Ada aus dem Schlaf, als es noch dunkel war. Der Wind ließ die Zeltwände flattern. Es musste die Zeit sein, in der man gewöhnlich die erwachenden Vögel hören konnte, aber kein Vogel mit Sinn fürs Überleben hätte sich inmitten der sie umgebenden Masse von ewig hungrigen Beutemachern zum Singen niedergelassen.
    Lorenz oder »Lenz« von der Wenthe war schon dabei, sich anzukleiden. Sie setzte sich auf und beobachtete ihn. Ihr Körper schmerzte an zumeist unaussprechlichen Stellen und rief ihr damit jede Einzelheit der Nacht in Erinnerung. Sogleich verunsicherte die Gegenwart ihres Gatten sie wieder. Aus Angst, sich zu blamieren, bot sie ihm nicht einmal einen Morgengruß, obwohl ihre Gedanken rasten und sie verzweifelt nach Worten suchte, um ihn zurückzuhalten oder ihn gar zu bitten, sich zu retten. Er war überzeugt davon, dass eine Flucht für ihn unmöglich sei. Die Anführer des Söldnerheeres behielten ihn und seinen Freund Christopher ständig im Auge, und die Bande würde sich herzlich freuen, wenn sie einen Grund fände, ihn einfach aufzuhängen.
    Er sah sie an, als er zum Bett trat, um sein Bandelier aufzuheben. »Ihr seid wach«, bemerkte er, während er sich den Lederriemen des Waffengurts über den Kopf hob und auf seiner Schulter zurechtrückte. Dann bückte er sich nach seinem Hut. Ada fühlte noch immer einen Kloß im Hals und brachte keinen Ton heraus. Sein Dolch fiel ihr ein. Sie holte ihn unter den Kissen hervor und streckte ihn ihm entgegen. »Vergesst den hier nicht.«
     
    Lenz, der von seinem vor zwei Monaten bei einem Londoner Hutmacher gekauften Respondent Staub schüttelte und klopfte, den er im Zwielicht gar nicht sehen konnte, hielt inne und versuchte, etwas mehr von dem verlockenden nackten Weib zu erkennen. Er hätte selbst an seinen Dolch gedacht. Es war ein gutes Stück, schön marmorierter Damaszenerstahl. Andererseits würde das Schmuckstück wohl bald einem in die Hände fallen, dem er es gewiss nicht gönnte. Zudem hatte er nicht nur einen zweiten Dolch und seinen Degen, sondern auch noch zwei Pistolen. Jedenfalls wenn der langarmige Kerl, der sich Hauptmann Gallas nannte, Wort hielt und ihm seine Feuerwaffen vor dem Gefecht zurückgab. Seiner Vermutung nach würde er allerdings mit oder ohne die Pistolen keine Verwendung für einen zweiten Dolch finden. Kam es zum Kampf Mann gegen Mann, brauchte er eine Hand für den Degen, sonst hatte er schlechte Karten.
    Seine Erfahrung im Nahkampf war begrenzt. Zweimal waren Schiffe, auf denen er fuhr, von Seeräubern geentert worden, einmal hatten Straßenräuber in der Nähe von Bristol die Reisegesellschaft seines Ziehvaters überfallen. Dank seiner Stärke im Degenfechten, worin Meister ihn von Kindheit an geschult hatten, hatte er sich bei diesen Gelegenheiten behaupten können. Geschick im Umgang mit Feuerwaffen besaß er ebenfalls, schon weil ihn die faszinierenden Apparaturen besonders interessierten.
    Im Kampf mit Dolch, Knüppel, Fäusten und Zähnen war ihm jedoch wahrscheinlich jeder zweite Lump überlegen. Sicher war er schon ein ums andere Mal in Händel geraten, wie es sich nicht umgehen ließ, wenn man sein Leben in einer Rotte von Seeleuten verbrachte, die keinen feinen Umgang gewöhnt waren. Bei solchen Faust- und Ringkämpfen ging es allerdings meist nicht um das Leben, und das machte sie im Vergleich zum Spiel.
    Am geordneten Klang der Kaiserlichen Trommeln erkannte er, dass die Gegner zum Aufbruch und Angriff rüsteten. Er musste sich beeilen, um Christopher zu finden, seine Pistolen in die Hände zu bekommen und die Pferde. Sein Herz schlug ihm vor Angst bis zum Halse,
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