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Herrin der Dunkelheit

Herrin der Dunkelheit

Titel: Herrin der Dunkelheit
Autoren: Fritz Leiber
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intensiven Verhältnis zur Sprache der Bibel profitiert haben. Als große Hilfe erwies sich bei der Schriftstellerei auch die intime Kenntnis des Dramas, da ich ja quasi auf der Bühne aufgewachsen bin.
    Da wir gerade von Glück usw. sprechen: es hat mir auch viel eingebracht, dass ich sehr intensiv mit H. P. Lovecraft in den letzten acht Monaten seines Lebens korrespondiert habe. Er hämmerte mir ein, dass man beim Schreiben auf Ehrlichkeit, Überzeugung, Sorgfalt, Vollkommenheit und Wissenschaftlichkeit achten muss.
    Welches Faktum meine Phantasie am meisten angeregt hat?
    SEX.
    Meine Kindheit drehte sich um deutsche U-Boote, Weihnachten, den 4. Juli (als Knallkörper noch frei zugänglich waren) und die nordischen Götter. Natürlich ändert sich alles einmal. Mittlerweile betrachte ich den Sex als den gröbsten und witzigsten Scherz, den Gott sich mit uns erlaubt hat. Und mit den deutschen U-Booten ist es vorbei; doch noch heute habe ich eine Schwäche für die Tiefe des Meeres und für die Nautilus (natürlich für die von Nemo).
    Ich weiß nicht, wieso die nordischen Götter mich so fesselten, interessierten, mich mehr überzeugten (sogar da schon, als ich sie in Kinderbüchern kennen lernte, bevor ich später die Edda und andere Sagas las) als die griechischen oder die Hindu-Götter, ja mehr noch als der Gott der Juden, der Christen und der des Islams. (Hier haben wir also wieder das pessimistische Element, diesmal im Bild einer Welt, die sich auf eine endgültige, totale Vernichtung im Ragnarök zubewegt. Lesen Sie dazu einmal meine Kurzgeschichte Myths My Grand-Granddaughter Taught Me.)
    Pessimismus, hm. Ich wuchs in der Überzeugung auf, dass der Erste Weltkrieg ein furchtbares, dummes und sinnloses menschenverschlingendes Unterfangen war, und dass alles andere einem weiteren solchen Krieg vorzuziehen sei. Letzteres war so lange richtig bis der Beweis für den Völkermord der Deutschen an den Juden mich davon überzeugte, dass der Zweite Weltkrieg notwendig war. Ich war nie ein aktiver Pazifist, nicht mehr jedenfalls, als ich aktiv gegen das Establishment eingetreten bin. Es geht eben eigentlich um Gemeinplätze wie Bürgerrechte, wie die Sorge um die Umwelt und die Komplizierung des Lebens durch die Erweckung künstlicher Bedürfnisse. Ich habe mich zu der allgemeinen Furcht bekannt, dass ein Atomkrieg die Menschheit ausrotten und die Welt zerstören wird. Mittlerweile bin ich wie die meisten anderen zu der Überzeugung gekommen, wir müssen »mit der Bombe leben.« Mein Pessimismus ist daraus erwachsen, aber jetzt ist es bei mir nicht mehr so schlimm, wie es einmal war. Werke wie die Storysammlung Night of the Wolf, Coming Attraction, Poor Superman, The Green Millennium und The Creature from Cleveland Depths 7 machen, neben manch anderem, diesen Gesinnungswechsel deutlich.
    Dann hatte ich auch eine Zeit, in der ich fast nur Übersinnliches und Horror geschrieben habe. Dieses Genre ist besonders pessimistisch, da sich hier alles um Verderben oder zumindest um Leute dreht, die in Todesangst versetzt werden. Bestenfalls beschäftigen sich die Leute in Horrorgeschichten mit metaphysischen Problemen, statt sich ihren wirklichen zu stellen und sie zu lösen, wie es in der guten Science Fiction gemacht wird.
    Meine SF-Geschichten neigen dazu, zu warnen oder prophetisch zu sein, eben diese ›Wenn das hier nicht aufhört …‹-Art. Sie gehören weniger zu der Problemlösungs-Sorte. Die Geschichten aus meinem ›Change-War‹-Zyklus, etwa The Big Time und No Great Magic 8 , strahlen Pessimismus aus, weil sie von einem sinnlos scheinenden kosmischen Krieg berichten. Dann gibt es aber noch meine ›Fafhrd-Mouser‹-Saga 9 , wo es nicht um Optimismus oder Pessimismus geht.
    Welche Dinge ich gerne wüsste?
    Das ist schwer, weil es Zillionen Fakten gibt, die ich nicht kenne. Für heute will ich es bei der Frage belassen: Gibt es PSI?
    PAUL WALKER: Sie erwähnen eine ›Komplizierung des Lebens durch die Erweckung künstlicher Bedürfnisse‹. Können Sie das einmal erläutern?
    FRITZ LEIBER: Es gibt ein künstliches Bedürfnis nach Formularen wie: Steuererklärungen, Gepäckkarten, Rezepte, Kreditkarten, Copyright-Erneuerungen etc. Dann gibt es Statistiken für die Zahl der Parker, die Begrenztheit der städtischen Parkplatzfläche, die Überbevölkerung der Städte etc. Und dieses ganze Übel mit der ›Verschleißproduktion‹, anstatt Kleider herzustellen, die einfach schön und praktisch sind und ein Leben lang
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