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Herr und Frau Hase - Die Superdetektive

Herr und Frau Hase - Die Superdetektive

Titel: Herr und Frau Hase - Die Superdetektive
Autoren: Polly Horvath
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sich ins Bad, wartete, bis die Zetmans sich wieder trollten, und dann ging sie nach draußen und blies schnell alle Kerzen aus, bevor die Nächsten anrückten. Jetzt leuchtete nur noch der Mond. Sie sah auf die Uhr. Es war schon ziemlich spät für die weite Reise, aber ihr blieb nichts anderes übrig. In einer Stunde ging die letzte Fähre, und die sollte sie lieber nehmen.
    Marlene zog sich schnell ihre Jeans an, stopfte den Zettel vom Kühlschrank und ihr Geld in die Tasche und war schon fast aus der Einfahrt, als ihr noch ein Zettel auf dem Fußboden auffiel. Sie hob ihn auf, und nein, es war kein Zettel, sondern eine Karteikarte. Ganz oben stand Fanny Fuchs ’ Dosenhasen und Nebenerzeugnisse mit einem Bild von einem strampelnden Hasen daneben, der in einen Kochtopf gesteckt wird. Sie zuckte zusammen. Wer malte denn so was? Darunter stand ein unleserliches Gekritzel aus Schleifen und Kringeln. Es war schwer zu sagen, ob die Karteikarte irgendetwas mit dem Zettel am Kühlschrank zu tun hatte, aber da so etwas nicht alle Tage in der Einfahrt herumlag, steckte sie sie sicherheitshalber ein. Und dann rannte sie los.
    Marlene nahm die letzte Fähre von der Insel, so dass sie Anschluss an den letzten Bus quer über Denman und dann an die allerletzte Fähre nach Vancouver Island hatte. Damit erwischte sie gerade noch einen Bus nach Duncan im Cowichan-Tal, wo sie in ein Taxi stieg. Der Fahrer beäugte sie misstrauisch. Wahrscheinlich war er es nicht gewohnt, mitten in der Nacht kleine Mädchen durch die Gegend zu kutschieren, aber für solche Empfindlichkeiten hatte sie jetzt keine Zeit. Am Tor zu Onkel Runyons Grundstück ließ er sie raus. Und tschüss, Schuhgeld, dachte sie niedergeschlagen, als sie das Taxi bezahlte.
    Ein Stück abseits der Einfahrt schwelten die Überreste eines Feuers. Onkel Runyons Butler Jeeves stand versonnen davor und blickte mürrisch in die Glut. Er hatte die Aufgabe, alle Unterlagen zu verbrennen, sobald sie entschlüsselt waren. Jeeves machte für sein Leben gern Feuer, hatte Onkel Runyon Marlene einmal erzählt. Am liebsten würde er immer noch so lange dastehen, bis der letzte Funke erloschen war, und dieses kleine Vergnügen gönnte ihm Onkel Runyon nur zu gern. Jeeves hatte keine Ahnung, was Marlenes Onkel beruflich machte. Er hatte nicht den blassesten Schimmer, dass er Geheimbotschaften verbrannte. Vielmehr hielt er Onkel Runyon für den typischen reichen Exzentriker. Und ihr Onkel pflegte seinen Ruf, indem er ihm zu den Geheimbotschaften alles mögliche Andere zum Verbrennen gab: alte Schlappen, Sofakissen und Badematten. Genau genommen stopfte er die ganze Scheune mit Sachen zum Verbrennen voll, und mittendrin versteckte er die tägliche Portion Geheimbotschaften.
    Marlene ging erst gar nicht zu Jeeves hin; sie hatte Dringenderes zu tun, außerdem wollte Onkel Runyon bestimmt nicht, dass sein Butler von der Entführung erfuhr. Sonst gerieten sie noch in Erklärungsnot. Leise schlich sie sich an Jeeves vorbei und die Stufen hoch bis zur Haustür. Drinnen lief sie schnell die Treppe hoch bis zu Onkel Runyons Schlafzimmertür und holte tief Luft. Sie dachte schon, sie müsste ihn eventuell wecken, aber nein: Blass und krank saß er mit zwei Kissen im Rücken aufrecht im Bett, blätterte in einer Zeitschrift und wirkte nur mäßig überrascht von ihrer Anwesenheit.
    »Marlene, Herzchen«, sagte er, als sie hereinplatzte. »Was machst du denn hier? Oder bist du das gar nicht? Mein Fieber spielt mir die dollsten Streiche. Aber wieso tauchst ausgerechnet du auf? Wieso nicht ein großes Stück Torte? Ich habe ja nichts gegen dich, aber im Augenblick wäre mir Torte ehrlich gesagt lieber.« Er schloss die Augen, um Marlene in ein Stück Torte zu verwandeln, doch das klappte nicht. Sie stand immer noch da, beerenlos und ohne einen Klecks Schlagsahne auf dem Kopf.
    Marlene ignorierte diesen gedanklichen Abstecher in die Backstube, informierte ihn kurz und knapp über die Vorfälle auf Hornby und reichte ihm dann den Zettel.
    »Merkwürdig«, murmelte er. Und seufzte. »Ich finde trotzdem, du würdest ein herrliches Stück Torte abgeben. Bananensahnetorte zum Beispiel, oder was du am liebsten magst. Das dürftest du dir sogar aussuchen. Könntest du dich nicht eventuell ein klitzekleines bisschen mehr anstrengen? In Richtung Torte? Für deinen armen kranken Onkel?«
    »Also ehrlich, Onkel Runyon.«
    »Nicht in Richtung Kuchen allerdings. Bin kein Kuchenfan.«
    »Bitte, Onkel.«
    »Zu trocken.
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