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Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)

Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)

Titel: Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)
Autoren: Eva Baronsky
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trüge ihn mit sich fort.
    »Anju!« Er sah ihre Vogelaugen, sah winzige Tränen in den Winkeln, nahm ihre Hände und hielt sie an sein Herz. »Anju. Meine Liebe. Anju. Das weißt du gewiss?«
    »Ich habe einen Test gemacht, und beim Arzt war ich auch schon.«
    »Ein Kind! Aber das ist wundervoll!« Er strahlte sie an und wusste doch nicht, warum. Ein Kind. Sein Kind. Das in eine Zeit hineingeboren würde, die nicht seine war. Es schien ihm unwirklich, geradezu unmöglich, fatal. Wie sollte er Spuren hinterlassen können in einer Welt, in die er nicht gehörte?
    Sie senkte den Blick. »Ich … Wolfgang, ich habe Angst. Ich weiß nicht, was mit dir ist, mein Gott, ich weiß nicht einmal,
wer
du bist, wie du wirklich heißt!«
    »Meine Liebe Anju!« Er küsste ihre Fingerspitzen. »Ich bin der, der hier mit dir sitzt. Der, der allzeit bei dir sein will, der dich liebt und achtet und ehrt! Meine Namen sind mir allesamt genommen, und so ich jemalen wieder einen tragen will, so soll es kein anderer sein denn der desjenigen Mannes, den meine gute, beste, ehrenwerteste und schönste Anju mit ihrem ganzen klugen Herzen zu lieben vermag.« Er sah auf die Hand in der seinigen. »So sie mich nimmer lieben kann, so will ich keinen Namen mehr brauchen.«
    »Wolfgang, es …«
    »Wolfgang?« Er beugte sich vor, sah nach links und rechts den Parkweg entlang. Sein Herz schlug alla breve. »Wo ist er, der Wolfgang? O – da ist kein Wolfgang. Oder meinst du gar mich? Den … den Namenlosen?«
    Anju sprang auf, schlug die Hände vors Gesicht. »Hör auf!« Sie lief von ihm fort, über den Rasen, und all sein Hoffen verklang. Er hörte sie schluchzen, sie blieb stehen, von ihm abgewandt, barg noch immer das Gesicht in den Händen. Zaghaft stand er auf, betrat fremdes Land, kein Spaßen mehr wollte ihm den Weg weisen. Er legte den Arm um ihre Schultern, drehte sie zu sich und zog sie an seine Brust.
    »Anju. Meine Liebe. Anju.« Behutsam strich er über ihr schwarz glänzendes Haar.
    »Ich … hab mir so gewünscht, dass wir zusammenbleiben. Wir waren uns doch so nah.«
    »Ich habe dich nicht fortgeschickt.« Er barg sie in seinen Armen. »Ich darf in dieser Welt nicht der sein, der ich bin, aber das alles schröckt mich nicht, und ich will es zufrieden sein, wenn ich nur dich und unser Kind glücklich machen darf.« Er hielt inne, senkte den Blick. »Und dein rechtschaffener Mann sein darf?«
    Als sie mit einem Lächeln kämpfte, nahm er ihren Kopf in seine Hände und drückte ängstlich seine Lippen auf dieihren. Für eine winzige Ewigkeit verharrten sie so, die Münder aufeinandergepresst, bis ihre Lippen schließlich nachgaben und er wusste, dass endlich alles gut und richtig war.
***
     
    Noch ehe Professor Michaelis auf das Klopfen antworten konnte, flog die Tür seines Büros auf.
    »Herr Professor …! Es tut mir leid, aber da ist ein Student von Ihnen, der sagt, es ist dringend, es tut mir wirklich leid, aber …« Die Sekretärin klappte den Mund zu, als Gernot sich an ihr vorbeidrängte.
    »Ist schon gut, Sieglinde, ich werde ihm selbst die Ohren lang ziehen, bis ich sie unterm Kinn verknotet bekomme.« Der Professor wartete, bis sich die Tür geschlossen hatte, verschränkte die Arme und sah dem Studenten entgegen, der atemlos vor seinem Schreibtisch stehengeblieben war.
    »Nun? Ich hoffe, Sie haben einen guten Grund, hier einfach hereinzustürmen!«
    »Ich weiß jetzt, wer er ist!« Als Gernot keine Antwort bekam, setzte er hinzu: »Der Typ mit dem
Requiem

    »Das ist mir schon klar, Gernot. Also, ich höre.«
    »Mustermann heißt er, Wolfgang Mustermann. Das heißt, eigentlich heißt er nicht so, aber, na ja, die ganze Geschichte ist ein bisschen kompliziert, ich hab’s auch nicht so genau verstanden.« Er machte eine Pause, um Luft zu holen. »Auf jeden Fall sitzt er in Steinhof!«
    »Mustermann? Mustermann …« Professor Michaelis kratze sich am linken Ohr. Wo hatte er diesen Namen schon gehört?
    »In Steinhof? Nun gut, das ist ja nicht der erste Musiker, der in der Irrenanstalt gelandet ist. Da gab’s doch schon mal einen, oben in England, vor ein paar Jahren …« Dann fiel es ihm ein. Mustermann. Natürlich!
    »Hm, ja, aber das war bloß ein Simulant. Das heißt, das ist der hier auch. Also …«
    »Ein Simulant? Wolfgang Mustermann? Mäßigen Sie sich, Gernot! Wolfgang Mustermann, das ist kein Simulant, das ist ein Genie!« Professor Michaelis wandte sich um, begann in einem Papierstapel zu suchen. »Wo hab
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