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Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Titel: Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!
Autoren: Joshua Corin
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höchstwahrscheinlich verkleidet. Aber er ist dort.“
    „Er bringt einen Haufen Leute um und geht dann in ein Broadwaymusical?“
    „So was nennt man ‚sich in aller Öffentlichkeit verstecken‘. Und davon abgesehen – es ist ein sehr gutes Musical.“
    Sie wechselte einen Blick mit Trumbull, konnte aber nicht erkennen, ob er schnaubte oder kicherte. Vermutlich beides.
    Ziegler wandte sich an Trumbull. „Wer ist der Einsatzleiter vor Ort?“
    „Pamela Gould“, sagte Trumbull. „Und wenn Sie an ihr Ihren Ärger auslassen, Karl, dann knöpf ich Sie mir vor! Pamela hatte keine andere Wahl, als meinen Anweisungen zu folgen.“
    „Sie hätte vorher mit mir sprechen müssen.“
    „Sie waren damit beschäftigt, dem Bürgermeister Honig ums Maul zu schmieren. Und jetzt machen Sie Ihren Job.“
    Ziegler starrte Trumbull wütend an, dann griff er nach dem Telefon und übernahm die Leitung der Operation. Kurz darauf saßen sie auf der Rückbank eines Cadillacs. Zieglers Fahrerin war eine attraktive junge Agentin mit plantinblondem Haar. Esme fragte sich, ob sie den FBI-Direktor gern chauffierte oder ob es sich um eine Art Bestrafung handelte, die sie als Frau in dem Männerverein einfach erdulden musste.
    Trotzdem war es aufregend, hier zu sitzen, bei der Jagd dabei zu sein, kurz vor dem Ende. Wenn sie nur in der Lage wäre, Rafe diesen Nervenkitzel verständlich zu machen! Nein, das würde wahrscheinlich nach hinten losgehen. Wenn sie den Nervenkitzel brauchte, würde er sagen, dann wären die Vergnügungsparks von Coney Island doch nur eine Zugfahrt entfernt. Wie sollte sie ihm erklären, dass es nicht nur um den Adrenalinstoß ging? Was sie spürte, war viel emotionaler, fast schon spirituell. Es ging um das so seltene Gefühl, das man hatte, wenn man zur rechten Zeit am rechten Ort war, und …
    Ihr Handy vibrierte. Sie schaute aufs Display. Wenn man vom Teufel sprach … Als Ziegler ihr einen bösen Blick zuwarf, drehte sie ihm den Rücken zu, starrte auf die getönte Fensterscheibe und nahm ab. „Hallo, Rafe“, sagte sie.
    „Hier spricht nicht Rafe“, sagte Galileo.

29. KAPITEL
    Nach ihrem Streit im Krankenhaus fuhr Rafe zurück nach Oyster Bay. Unterwegs machte er halt in Laney’s Pub, einer kleinen Spelunke – halb schäbige Kneipe, halb schmuddeliges Café –, die überwiegend von seinen gutbürgerlichen Kollegen frequentiert wurde. Er bestellte sich bei dem schnurrbärtigen Barkeeper (der womöglich mal eines von Rafes kulturgeschichtlichen Seminaren besucht hatte) ein Coors und bahnte sich dann seinen Weg zu den Billardtischen im hinteren Teil. Wie erwartet war Hal Kingston dort, gerade von seinem Sabbatjahr zurückgekehrt und wieder damit beschäftigt, Studentinnen beim Spiel die Studiengebühren abzuknöpfen (und, oft genug, ihre Jungfräulichkeit). Hal entdeckte ihn und hob zur Begrüßung seine eigene Bierflasche mit dem langen Hals.
    „Professor Stuart“, rief er. „Was für eine Ehre!“
    Hal Kingston war der Inbegriff des intellektuellen Casanovas. Er war nicht nur besonders klug, sondern auch gleichzeitig charmant und anzüglich, wobei Ersteres ihn oft genug davor bewahrt hatte, wegen Letzterem von der Uni zu fliegen. Früher oder später jedoch – wahrscheinlich früher – würde er mit einem seiner weiblichen Fans Ärger bekommen, und dann waren die schönen Zeiten zu Ende. Vielleicht benahm Hal Kingston sich deshalb so, als ob jeder Abend sein letzter sein könnte.
    Er war ein Mann, für den das Wort „Aufopferung“ nicht die geringste Bedeutung hatte. Rafe lächelte und umarmte seinen Kollegen freundschaftlich, dann wartete er, bis Hal sein Spiel beendet hatte und sie allein waren.
    Hal steckte die Telefonnummer seiner jüngsten Eroberung in die hintere Tasche seiner Levis und ordnete die Billardkugeln neu.
    „Hab dich hier schon eine Weile nicht mehr gesehen“, stellte er fest.
    „Ungefähr einen Monat“, erwiderte Rafe. Er trug Kreide auf die Spitze seines Queues auf.
    „Wieso bist du dann jetzt hier? Sehnst du dich nach etwas Abwechslung? Oder hast du einfach Durst?“
    Anstoß. Hal bekam die Vollen, Rafe die Halben. Es war ein knappes Spiel, doch zum Schluss war es Hal, der die 8er-Kugel versenkte. Danach diskutierten sie über Frauen und Cocktails und die unfähigen Pitcher der New York Mets. Kein einziges Mal erwähnte Hal einen ermordeten Gouverneur oder einen frei herumlaufenden Serienmörder.
    Rafe hätte ihn deswegen am liebsten noch einmal umarmt. Stattdessen lud
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