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Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Titel: Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!
Autoren: Joshua Corin
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Namen zu nennen und nicht Galileo. Henry Booth war der Name eines Menschen, und Menschen machten Fehler. Menschen ließen sich erwischen.
    Esme wählte auf ihrem iPod The Clashs apokalyptisches „London Calling“ aus und sah sich den Tatort an. Das zweistöckige Gebäude war überwiegend mit Ahornmöbeln eingerichtet, was ein rustikales Ambiente erzeugte, zugleich aber die Klebestreifen und Kreideumrisse der Polizei umso auffälliger und beunruhigender wirken ließ. Trotz der vielen Waffen an den Wänden, der Munition, trotz all dem, was in diesem Laden mit Gewalt zu tun hatte, passte Gewalt nicht hierher.
    Esme und die forensischen Experten hatten eine zeitliche Abfolge rekonstruiert, die in etwa so gewesen sein mochte:
    1. Die Chauffeure hatten ihre Rechnung bei Shoney’s die Straße runter laut Quittung um 11:31 Uhr bezahlt. Dann setzten sie sich an einen Tisch, aßen und gingen schließlich zurück zu dem Laden, den sie um 12:01 Uhr erreichten. Die Uhrzeit wurde auch von den Notrufaufzeichnungen bestätigt. Es war eine Bella McDeere, eine Fahrerin, die angerufen hatte. Der andere Chauffeur, Gary Swingole, konnte kein Blut sehen und war ohnmächtig geworden.
    2. Auf ihrem Rückweg zu Nassau Firearms hatten sie niemanden wegfahren sehen. Henry Booth war wohl gegen 11:30 Uhr erschienen, hatte die Morde begangen und war gegen 11:55 Uhr spätestens verschwunden. Innerhalb dieser fünfundzwanzig Minuten hatte er zehn Menschen ermordet. Von Tom abgesehen war Paul Ridgely der einzige Überlebende. Er wurde jedoch nur durch Maschinen und seine Frau am Leben gehalten, die grundsätzlich gegen Sterbehilfe war.
    3. Die Leichen von Lisa Penny, Leibwächterin von Gouverneur Kellerman, und Kyle Gooden, einem Passanten, der zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen war, wurden im hinteren Teil des Ladens gefunden. Offenbar waren sie dort abgelegt worden. Laboruntersuchungen hatten ergeben, dass sich Fasern aus dem Innenraum eines Autos an ihnen befanden. Im Gegensatz zu den anderen beiden Bodyguards, deren Leichen auf dem Parkplatz entdeckt wurden. Die Blutspuren wiesen darauf hin, dass sie an derselben Stelle getötet worden waren. Ein weiterer unübersehbarer Unterschied: Sowohl Lisa wie auch Kyle waren zu Tode geprügelt worden, während die Bodyguards auf dem Parkplatz und im Laden erschossen worden waren.
    4. Daraus schloss Esme, dass Lisa und Kyle zuerst ermordet und dann in dem Wagen versteckt worden waren, vielleicht auf dem Rücksitz oder im Kofferraum. Henry hatte vermutlich einen irgendwie selbst gebastelten Knüppel benutzt, um sie ohne viel Lärm umzubringen. Aber warum hatte er sie nicht einfach aus der Ferne erschossen? Das war doch schließlich seine Vorgehensweise. Warum nicht? Um über Nacht von Kansas nach New York zu gelangen, hatte er fliegen müssen, und er hatte keine Waffe mit an Bord bringen können.
    Esme runzelte die Stirn. Henry war geflogen. Irgendetwas irritierte sie. Doch sie schob das Gefühl beiseite.
    5. Warum hatte er die Leichen in den Wagen gelegt, wenn er vorhatte, sie in den hinteren Teil des Ladens zu verfrachten? Die Antwort sprang einem direkt ins Gesicht. Henry war ein Kontrollfreak. Er lockte seine Opfer immer genau dahin, wo er sie haben wollte. In diesem Fall zum Auto. Vielleicht hatte er absichtlich den Kofferraum offen gelassen, um Verdacht zu erregen. Die Leibwächter näherten sich dem Wagen. Sie sahen die Leichen. Und Henry nutzte diesen Moment des Schocks, um sie zu erschießen. Danach betrat er Nassau Firearms, tötete den anderen Bodyguard, dann Will Clay, dann seine Frau, deren Leiche an der Tür zum Hinterzimmer gefunden worden war. Die Frau musste die Schüsse gehört haben und herausgekommen sein, um nachzusehen. Danach war Henry die Treppe zum ersten Stock hinaufgegangen.
    Esme ging ebenfalls über die Treppe in den ersten Stock. Das Holz knarrte so laut unter ihren Tritten, dass sie es sogar trotz der Rockmusik in ihrem Ohr hören konnte. Aber Bob Kellerman und Tom Piper hatten weder die Schüsse noch die knarrenden Stufen gehört. Wieso? Sie knipste das Licht an, und damit war auch diese Frage geklärt. Die Schießhalle war schalldicht. Sie tastete über die Polsterung an der Wand. Dann erblickte sie die beiden Umrisse auf dem Boden. Das weiße Klebeband war mit getrocknetem Blut verkrustet. Einer dieser Umrisse war Toms. Ihr Blick huschte von dem Umriss zu den etwa neunzig Meter entfernten Zielscheiben, dann wieder zurück. Die Ähnlichkeit der Umrisse jagte ihr
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