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Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Titel: Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!
Autoren: Joshua Corin
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Vaters. Eine halb leere Schüssel Popcorn stand neben ihm auf dem Sofa. Rafe schnappte sich eine Handvoll und stieg leise die Treppe hinauf. Zwar musste er sich am Geländer festhalten, schaffte es aber ohne zu stolpern nach oben.
    Sophie schlief tief und fest in ihrem Bett, Bugs Bunny unters Kinn gedrückt. Sanft nahm Rafe ihn ihr weg, damit sie ungehindert atmen konnte, und legte ihn stattdessen neben ihre Wange.
    „Gute Nacht, mein Engel“, wisperte er und küsste seine Tochter auf den Kopf. Sie rührte sich nicht. Nach kurzem Zögern küsste er Bugs ebenfalls. Danach trottete er über den Flur zum Schlafzimmer, knipste das Licht an und fummelte sein Handy aus der Tasche. Bevor er seine Frau anrief, brauchte er etwas frische Luft. Als er das Fenster öffnen wollte, stellte er fest, dass es bereits offen war. Eine kühle Aprilbrise fuhr durch das, was er noch an Haaren besaß.
    „Hallo“, sagte ein Mann in einem gelben Polohemd. Er stand neben der Schlafzimmertür und hielt einen großen Revolver in der Hand.
    Instinktiv versuchte Rafe an ihm vorbeizurennen, doch Galileo stellte sich ihm in den Weg und verpasste ihm einen Faustschlag. Rafe wankte rückwärts. Er schmeckte Eisen. Offenbar hatte er sich auf die Zunge gebissen, sein Mund füllte sich mit Blut.
    „Bitte“, sagte Galileo. „Würden Sie mir Ihr Handy geben?“
    Rafe spuckte das Blut aus.
    „Ich musste einen Cop umbringen, um an den Revolver zu kommen. Das wollte ich nicht. Ich wollte einfach verschwinden, aber Ihre Frau setzt mich ziemlich unter Druck. Allerdings bin ich ziemlich zuversichtlich, dass sie mir helfen wird. Nun geben Sie mir bitte Ihr Telefon, oder ich muss Ihre Tochter wecken.“
    Rafe reichte ihm das Handy.
    Galileo suchte nach Esmes Nummer, wählte und drückte das Telefon ans Ohr. „Hier spricht nicht Rafe“, sagte er. „Es ist höchste Zeit, dass du nach Hause kommst. Wenn du irgendjemandem verrätst, was du tust und warum, kannst du in ein paar Tagen die Beerdigung deiner Familie besuchen.“
    Dann gab er Rafe das Telefon zurück. „Danke“, sagte er.
    Esme kam durch die Garagentür herein. Ihr fiel sofort auf, wie dunkel es im Wohnzimmer war. Alle Vorhänge waren zugezogen und sperrten das Mondlicht aus, nur das Küchenlicht – in seiner ganzen 60-Watt-Herrlichkeit – war an. Lester, Rafe und Sophie saßen Hand in Hand auf dem Sofa. Sophies Wangen waren rot. Sie hatte geweint.
    „Hallo, Esmeralda“, sagte Galileo. Er stand hinter der Couch. Er hielt einen 44er-Colt in der Hand und zielte genau auf ihre Stirn.
    „Woher wissen Sie, wo wir wohnen? Mein Name stand nicht auf der Liste, die in San Francisco gefunden wurde.“
    „Nur weil ich ihn nicht daraufgesetzt hatte, heißt das noch lange nicht, dass ich die Adresse nicht kannte. Deine Adresse und Sozialversicherungsnummer wurden ungefähr fünf Stunden bevor ich die Datenbank des FBIs in Amarillo geknackt habe, eingegeben. Damit sie dich für deine Dienste bezahlen können, wie ich vermute.“
    Esme wurde eiskalt. Sie blieb an der Tür stehen, doch ihr Blick jagte zurück zu ihrer Familie. Rafe ließ kurz die Hand seiner Tochter los, um ein weißes Handtuch an den Mund zu drücken. Auf dem Handtuch war Blut. Ihre Blicke trafen sich. Sie entdeckte so viele widerstreitende Gefühle in seinen Augen – so viele, dass sie die meisten nicht auseinanderhalten konnte.
    Sophie schien unverletzt. Dem Himmel sei Dank für dieses kleine Wunder. Sie hockte auf den Fersen, das Bugs-Bunny-Nachthemd über die Knie gezogen.
    Sie war außer sich vor Angst.
    Lester hingegen gab ihr die Schuld. Der feindliche Ausdruck in seinem zerfurchten Gesicht und den dunklen Augen war unübersehbar. Wenn er wählen könnte, wer zuerst erschossen werden sollte, der Mörder hinter ihm oder die Frau seines einzigen Sohnes, für wen würde er sich wohl entscheiden?
    „Während wir auf dich gewartet haben“, sagte Galileo, „habe ich deiner Tochter etwas über den Mann beigebracht, dessen Namen ich als Symbol angenommen habe. Sie hat noch nie von ihm gehört.“
    „Sie ist sechs Jahre alt.“
    „Ist sechs zu jung für die Wahrheit? Oder vier? Warum bringen wir Kindern überhaupt solchen Unsinn bei? Es hat noch niemandem geholfen, an den Weihnachtsmann zu glauben oder zu wünschen, dass die Welt so märchenhaft schön ist, wie man einmal dachte. Für mich ist das schlechte Erziehung.“
    „Wie viele Kinder haben Sie, Henry?“
    „Galileo Galilei wusste, wie unbequem die Wahrheit war. Er wusste
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