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Herr der Moore

Herr der Moore

Titel: Herr der Moore
Autoren: Kealan Patrick Burke
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wollte, was seinen Ohren wohl entging, vernahmen sie unbestreitbar das Klappern eines Hufes auf Stein.
    Grady zog erleichtert die Mundwinkel nach oben. »Dort ist sie. Das ist sie.«
    »Gott sei Dank.«
    Grady schritt langsam in die Richtung, aus der das Geräusch kam. »Komm, Alice«, gurrte er. »Nur zu, Mädchen.«
    Ein Rasseln, dann klapp-klapp-klapp . Es klang, als sei sie nicht weit. Grady verfluchte die undurchdringlichen Schwaden, die sich andauernd wälzten, und wagte einige weitere Schritte, bevor er stehen blieb und sich vergewisserte, dass Royle ihm noch folgte. Der dicke Mann stand neben seinem Pferd und sah verängstigt aus.
    »Alice, nun komm, Liebes.« Grady bewegte sich noch ein Stück vorwärts und streckte eine Hand aus. Der Gaul wieherte und tänzelte angespannt auf der Stelle.
    Jetzt sah er es. »Komm schon …« Es war weniger als fünf Fuß entfernt.
    Da schrie die Stute. Es war ein entsetzlicher, unnatürlicher Laut, als reibe man rostigen Stahl gegeneinander oder erwürge sie. Grady stolperte verdutzt rückwärts und stieß mit Royle zusammen. Lightning stob in die Höhe und zuckte wild mit dem Kopf. Man sah allein das Weiße in den Augen des Tieres, das sich sogar gegen den Nebel abhob. Royle drehte sich um, weil er es wieder beschwichtigen wollte. Grady war bereits dabei, dem grauenvollen Geräusch auf den Grund zu gehen, das sein Ross in offenbarer Qual von sich gegeben hatte.
    Ein durchdringendes Zischen hielt ihn zurück.
    »Was in drei Teufels Namen war das? «, fragte Royle mit vor Angst zittriger Stimme. »Ruhig, Lightning.« Leider ließ sich das Pferd genauso wenig besänftigen, wie sie Alice vor ihrer wie auch immer gearteten Pein befreien konnten. Der Hausmeister rang sich zu weiteren Schritten durch. Plötzlich klang es, als zerreiße etwas, und warme Flüssigkeit spritzte in sein Gesicht. Bestürzt hielt er den Atem an und schaute an sich hinab: Er war über und über dunkelrot besudelt.
    Blut.
    Royle schrie.
    Der Nebel teilte sich, und ein schwerfälliges Etwas wankte auf sie zu. Einen die Seele zermürbenden Moment lang glaubte Grady, seinen ersten schockierenden Blick auf die berüchtigte Bestie von Brent Prior zu werfen, doch als er zurücktrat, stellte er fest, dass es sich um etwas weit weniger Abstruses handelte, gleichwohl jene Sagengestalt durchaus für das Schreckensbild verantwortlich sein mochte, das sich vor ihm auftat. Er sprang gerade rechtzeitig zur Seite, um dem zusammenfallenden Fleischklumpen auszuweichen, der eben noch sein Pferd gewesen war. Lightning wieherte schrill und versuchte, sich Royle zu entziehen. Das Blut hatte den Fluchtinstinkt des Gauls geweckt.
    »Gott steh uns bei!«, schrie Grady und schlug mit den Armen um sich, als seien sie Schwerter, mit denen er den Schlächter abwenden und den grauen Vorhang durchschneiden konnte – wie Hamlet, als dieser Polonius erstach.
    Das Zischen wiederholte sich mit Unterbrechungen, und man mochte glauben, das Moor sei zu einer rechten Schlangengrube geworden.
    »Royle, wir müssen von hier verschwinden.«
    »Ich weiß, ich weiß. Oh Gott, was ist das bloß?«
    »Aufsitzen. Wir reiten gemeinsam auf Ihrem Pferd nach Hause.«
    »Aber Sie triefen vor Blut!«
    »Los jetzt, steigen Sie schon auf das verfluchte Pferd!«
    Royle gehorchte, doch es bereitete ihm große Mühen, Lightning lange genug still stehen zu lassen, bis er aufsteigen konnte. Als er endlich im Sattel hockte, bückte er sich mit ausgestrecktem Arm, um Grady aufzuhelfen. Der nahm die Hand und ließ sich hochziehen, fand hinter dem Sattel Platz und ritt somit auf dem bloßen Rücken des Tieres. Zuletzt schlang er die Arme um Royles fülligen Leib. »Drehen Sie um. Was immer das ist, wir sollten nicht das Risiko eingehen, ihm nahezukommen.«
    Royle riss das Pferd, das immer noch mit dem Kopf wackelte und wieherte, an den Zügeln herum, damit es den entstellen Kadaver des anderen nicht mehr sah.
    Sie flohen so schnell wie möglich durch den dichten Nebel, also eigentlich viel zu langsam, wie Grady nervös feststellen musste. Was auch immer Alice auf dem Gewissen hatte, bewegte sich gewiss forscher als sie. Angenommen es verfolge – jage – sie, sie kämen nicht umhin, sich zu sputen. Dies jedoch zog nach sich, dass sie – ohne es zu wollen – unwägbaren Grund betraten. Ihr Pferd drohte sich an Findlingen zu verletzen oder schnurstracks in ein Sumpfloch zu tappen, wenn sie es überhastet angingen.
    »Verfolgt es uns?«, fragte Royle über seine
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