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Herbst - Beginn

Herbst - Beginn

Titel: Herbst - Beginn
Autoren: David Moody
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Ausflüchte raus. Wir müssen es einfach tun.«
    Emma wusste, dass er Recht hatte und gab den Widerstand auf. In Wahrheit hatten sie beide nur versucht, das Unvermeidliche zu vermeiden. Nun schien Michael entschlossen, zur Tat zu schreiten. Mit wachsender Furcht beobachtete sie ihn. In seiner Stimme schwang eine neue Zielstrebigkeit mit, die sie zwar nachvollziehen konnte, die ihr jedoch zugleich Angst einjagte. Es war endgültig soweit. Michael hatte Recht – ihre einzige Chance bestand darin zu verschwinden; doch dadurch wurde es nicht einfacher zu akzeptieren. Emma beobachtete, wie er sich einen dicken Pullover anzog und die Schnürsenkel seiner Stiefel zuband.
    Michael schaute auf und bemerkte die Besorgnis in ihren Zügen.
    »Bist du bereit?«, fragte er.
    Sie nickte zwar, konnte dabei jedoch nicht ihre Furcht verbergen. Ihre Beine fühlten sich schwammig vor Angst an, und sie konnte kaum atmen.
    »Ich versuche, den Generator anzuwerfen«, fuhr er fort. »Hinten sind weniger von ihnen, also sollte –«
    »Ach, nur fünfhundert statt tausend?«
    »Es sind weniger«, beharrte er. »Hoffen wir, dass der Lärm sie ablenkt.«
    Mit bewundernswerter Stärke schien Michael sämtliche Gefühle ausgeschaltet zu haben und sich völlig auf die bevorstehende Aufgabe zu konzentrieren. Er ging auf die Tür zu, dann blieb er stehen und drehte sich zu Emma um. Anscheinend wollte er etwas sagen, tat es jedoch nicht.
    »Bist du dir ganz sicher, dass es funktionieren wird?«, fragte sie.
    Er zuckte mit den Schultern. »Nein«, antwortete er brutal ehrlich. »Aber ich denke, wir haben keine andere Wahl. Tu mir einen Gefallen und versuch, Carl auf die Beine zu bekommen. Bereite ihn auf den Aufbruch vor. Sobald ich zurück bin, legen wir los.«
    Damit wandte er sich um und verschwand in die Dunkelheit. Emma starrte an die leere Stelle, an der er gestanden hatte, und versuchte, ihre Furcht in den Griff zu bekommen.
    Michael schlich die Treppe hinab. Ihm war klar, dass selbst das geringste Geräusch verheerende Wirkung auf die gewaltige Masse der Leichen vor dem Haus haben konnte. Wahrscheinlich würde schon ein Schritt auf ein loses, knarrendes Brett genügen, um die verwesenden Horden zu einer Raserei anzuspornen, durch die sie die Fenster eindrücken würden.
    Mit pochendem Herzen, einem Klumpen eiskalter Angst im Magen und am ganzen Leib schwitzend sank Michael auf die Hände und Knie, um den Flur entlangzukriechen, ohne durch die Fenster gesehen zu werden. Binnen kürzester Zeit erreichte er die Hintertür, stand langsam auf und verbarg sich in den Schatten, indem er sich gegen die Wand presste.
    Durch das kleine, quadratische Fenster in der Tür hatte er freie Sicht auf den Rasen hinter dem Haus. Draußen trieben sich zahlreiche Leichname herum, dennoch waren es auf dieser Seite des Hauses deutlich weniger, und sie irrten etwas verstreuter umher. Er beobachtete, wie der dunkle Schemen einer der Kreaturen an der Tür vorbeistolperte. Sobald der Leichnam weg war, drehte er leise den Schlüssel im Schloss herum und schob die Tür auf. Mit angehaltenem Atem zwängte er sich durch einen schmalen Spalt hinaus und zog die Tür hinter sich zu.
    In den letzten Tagen hatte er tausende der ausgemergelten Kreaturen gesehen und dennoch fand er es selbst in diesem Augenblick höchster Gefahr unmöglich, die Augen von ihnen zu lösen. Er stand völlig still und beobachtete sie. Mit schweren Beinen und unkoordinierten Bewegungen schlurften und stolperten sie umher. So gut wie alle liefen mit hängenden Köpfen; aufzuschauen schien sie mehr Kraft zu kosten, als sie aufzubringen vermochten.
    Der Schuppen mit dem Generator befand sich etwa zwanzig Meter entfernt. Michael wusste, dass er nur Aufmerksamkeit erregen würde, wenn er liefe. Ihm schien sinnvoller zu versuchen, sich so langsam und träge wie die Leichen rings um ihn darauf zuzubewegen. Allerdings kostete ihn auf diese Weise jeder einzelne Schritt schier unermessliche Überwindung. Angespannt rückte er weiter vor. Mittlerweile befand er sich wenige Zentimeter von der ersten Leiche entfernt; eine falsche Bewegung konnte eine tödliche Kettenreaktion auslösen, die sich über die gesamte Masse der Kreaturen ausbreiten würde.
    Schritt um bangen Schritt kämpfte er sich über den Rasen vor. Etliche Leichen stolperten an ihm vorüber, einige stießen sogar mit ihm zusammen, dennoch zwang er sich, konzentriert zu bleiben und nicht in Panik zu verfallen. Am liebsten wäre er einfach gerannt.
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