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Heiratsmarkt

Heiratsmarkt

Titel: Heiratsmarkt
Autoren: Georgette Heyer
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erwiderte zwar nichts, aber die Bedrückung war ihm so deutlich anzusehen, dass Alverstoke sagte: „Stimmt! Ich weiß, was Sie denken, Charles, und Sie haben völlig recht - es ist Zeit, dass ich der schönen Fanny den Laufpass gebe." Er seufzte. „Ein nettes Stückchen Wild, aber ebenso dumm wie habsüchtig."
    Wieder sagte Mr. Trevor nichts. Es wäre ihm sehr schwergefallen, sich äußern zu müssen, denn er war sich über das delikate Thema nicht im Klaren. Als Moralist konnte er die Lebensweise seines Arbeitgebers nur beklagen, als einem Menschen mit tief verwurzelten ritterlichen Idealen tat ihm die schöne Fanny leid. Aber als ein Mann, der genau wusste, wie großzügig Seine Lordschaft der Dame gegenüber gewesen war, musste er zugeben, dass sie keinen Grund zur Klage hatte.
    Charles Trevor, der Sohn einer großen Familie, verdankte seine gegenwärtige Stellung dem Umstand, dass sein Vater kurz nach der Weihe den Posten eines Lehrers und Erziehers bei dem Vater des gegenwärtigen Marquis erhalten und ihn auf einer ausgedehnten Kavalierstour begleitet hatte. Ein behaglicher Lebensunterhalt war nicht sein einziger Lohn; sein adeliger Schüler blieb ihm aufrichtig zugetan, wurde Pate seines ältesten Sohnes und erzog dann seinen eigenen Sohn in der vagen Überzeugung, Seine Hochwürden, Laurence Trevor, besitze einen Anspruch auf dessen Gönnerschaft.
    Als daher Seine Hochwürden Laurence dem gegenwärtigen Marquis vorzuschlagen gewagt hatte, dass Charles ein passender Anwärter auf den Posten eines Sekretärs sei, hatte ihn Alverstoke bereitwilliger aufgenommen, als dies dem Gefühl Charles Trevors nach einem Mitglied seiner Familie zukam. Charles hegte nicht den Wunsch, Geistlicher zu werden, war jedoch ein ernsthafter junger Mann von untadeliger Moral. Alles, was er über Alverstoke gehört hatte, nährte in ihm die Befürchtung, seine Ernennung würde sich nur als Demütigung seiner moralischen Grundsätze erweisen. Da er aber außer Vernunft auch eine große Kindesliebe besaß und er wusste, dass es für einen mäßig bemittelten Geistlichen keine leichte Aufgabe war, für einen sechsten Sohn zu sorgen, behielt er seine Befürchtungen für sich und versicherte seinem Vater, er würde sein Bestes tun, um dessen Erwartungen nicht zu enttäuschen. Er tröstete sich mit der Überlegung, dass es für ihn als einen Bewohner des Alverstoke-Palais sicherlich leichter sein musste, eine günstige Gelegenheit zu finden und am Schopf zu packen, als wenn er müßig in einer Landpfarre herumsaß.
    Da sein Interesse der Politik galt, hatte sich die günstige Gelegenheit bisher noch nicht geboten, denn der Marquis teilte Charles' Ehrgeiz durchaus nicht und erschien daher nur selten im Oberhaus. Aber Charles durfte die kurzen Reden schreiben, von denen sein Gönner meinte, es gezieme sich, sie zu halten, und ihn so zumindest hier und da mit seinen eigenen politischen Überzeugungen beglücken.
    Mit der Zeit schloss Charles Alverstoke mehr und mehr in sein Herz. Es bestand zwar kein Grund zu der Annahme, dass sich Alverstoke für seine Angelegenheiten interessiere, aber Charles musste zugeben, dass dieser wenig Ansprüche an seine Pflichterfüllung stellte, liebenswürdig und nie unangenehm hochnäsig war. Wenn er die Briefe eines Studienkollegen, der eine ähnliche Stellung innehatte und dessen Dienstgeber ihn als eine Kreuzung zwischen einem schwarzen Sklaven und einem höheren Dienstboten zu betrachten schien, las, dann wusste Charles, dass er selbst Glück gehabt hatte. Alverstoke konnte einen anmaßenden Emporkömmling vernichtend abblitzen lassen; wenn sich sein Sekretär hingegen einmal irrte, dann verwies er ihm seinen Fehler in einer einwandfreien Art, die keinerlei Andeutung einer gesellschaftlichen Überlegenheit enthielt. Charles' Freund wurden kurz angebundene Befehle hingeworfen - Charles dagegen wurde höflich ersucht. Sosehr es Charles auch versuchen mochte, er konnte sich Alverstokes Charme nicht entziehen, so wenig, wie er ihm die Bewunderung für seine Reitkunst und seine Leistungen auf vielen sportlichen Gebieten vorenthalten konnte.
    „Aus Ihrem zögernden Ausdruck und schüchtern einfältigen Benehmen schließe ich", sagte der Marquis mit einem leicht amüsierten Blick, „dass Sie sich gezwungen sehen, mich noch an eine weitere Verpflichtung zu erinnern. Ich gebe Ihnen einen Rat: Tun Sie es nicht! Ich werde es äußerst ungnädig aufnehmen und sehr wahrscheinlich wütend werden."
    Ein Grinsen vertrieb
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