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Heiratsmarkt

Heiratsmarkt

Titel: Heiratsmarkt
Autoren: Georgette Heyer
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Figur galt - beides stellte sowohl Gregory Sandridge wie auch den jungen Lord Buxted in den Schatten -, war eine Frage, die lieber niemand stellte.
    Aus welchem Grund auch immer, jedenfalls waren Alverstokes beide älteren Schwestern überzeugt, man hätte keinen unwürdigeren Erben für die Würden des Marquis finden können als Endymion, und beide hatten keine Mühe gescheut, die Aufmerksamkeit ihres Bruders auf sämtliche hübschen und standesgemäßen jungen Damen zu lenken, die Jahr um Jahr auf die elegante Welt losgelassen wurden.
    Alverstokes Gewohnheitssünde war es jedoch, sich äußerst schnell zu langweilen.
    Sie hatte selbst seine Schwestern besiegt; denn keine der beiden konnte annehmen, wenn sie die zahlreichen blendenden leichten Schönheiten, die unter seinem Schutz gelebt hatten, Revue passieren ließ, dass er weiblichen Reizen gegenüber unempfänglich war. Keine von beiden war jedoch auch so dumm, allzu optimistisch zu werden, wenn er ausnahmsweise einmal eine Neigung zu irgendeiner Perle an Geburt, Schönheit und Reichtum zu entwickeln schien, die ihm die eine oder andere seiner Schwestern unter die Nase schob. Er war durchaus imstande, die betreffende Dame einige Wochen lang zum Gegenstand seiner Galanterie zu machen, dann aber plötzlich abzuspringen und zu vergessen, dass es sie überhaupt gab. Als es seinen Schwestern dämmerte, dass vorsichtige Eltern ihn scheel ansahen und man ihn allgemein für gefährlich hielt, gaben sie ihre Versuche auf, ihm eine Frau zu verschaffen, und widmeten ihre Energien stattdessen der leichteren Aufgabe, seine Trägheit zu beklagen, seinen Egoismus zu verdammen und ihn wegen seiner moralischen Verirrungen, soweit sie ihnen zu Ohren kamen, zu schelten. Nur seine jüngste Schwester hielt sich davor zurück. Da sie aber verschiedene schmeichelhafte Heiratsanträge abgelehnt, nach eigenem Belieben einen bloßen Landedelmann geheiratet hatte und nur noch selten in die Metropole kam, wurde sie von ihren beiden älteren Schwestern für eine quantité négligeable gehalten. Wenn sie von ihr sprachen - was selten vorkam -, dann nur von der armen Eliza. Obwohl sie wussten, dass Alverstoke Eliza lieber hatte als sie, kam es ihnen nicht in den Sinn, sie um ihre Hilfe bei den Heiratsplänen für den Bruder zu ersuchen. Wäre es ihnen aber doch eingefallen, dann hätten sie den Gedanken in dem wohlbegründeten Glauben abgetan, dass noch kein Mensch ihn, seit er zum Mann geworden war, auch nur im Geringsten beeinflusst hatte.
    Diesmal jedoch hatte Lady Buxted ihn nicht zu sich befohlen, um ihm eine Strafpredigt zu halten. Ja, sie hatte beschlossen, überhaupt nichts zu sagen, was ihn hätte verstimmen können. Aber während sie im Salon auf ihn wartete, folgte der Hoffnung, die - ungeachtet ihrer Erfahrung - in ihrer Brust aufgekeimt war, als sie von seiner Ankunft hörte, sofort die Überlegung, dass es ihm wieder einmal ähnlich sah, fünf Tage verstreichen zu lassen, bevor er sich die Mühe machte, einer Aufforderung zu folgen, die ja immerhin höchst dringlich hätte sein können. Nur mit Mühe zwang sie ihr Gesicht zum Ausdruck liebevoller Begrüßung. Noch schwerer fiel es ihr, Herzlichkeit in die Stimme einfließen zu lassen, als er unangemeldet ins Zimmer hereinschlenderte. Auch das sah ihm ähnlich, dieses nachlässige Benehmen, das Ihre Gnaden, pedantisch auf gute Formen bedacht, sehr bedauerte, denn sie sah nicht ein, wieso er sich in ihrem Haus benahm, als gehörte es ihm.
    Sie unterdrückte ihren Ärger, streckte ihm die Hand entgegen und sagte: „Vernon!
    Mein Lieber, was für eine reizende Überraschung!"
    „Was ist daran überraschend?", fragte er und zog die schwarzen Brauen hoch. „Hast du mich denn nicht gebeten zu kommen?"
    Zwar blieb das Lächeln auf den Lippen Lady Buxteds festgefroren, aber sie antwortete ziemlich scharf: „Sicher, aber schon vor so vielen Tagen, dass ich angenommen habe, du seist nicht in London!"
    „O doch!", sagte er und erwiderte ihr Lächeln mit äußerster Süße.
    Lady Buxted ließ sich dadurch nicht täuschen, hielt es aber für klug, die absichtliche Provokation zu ignorieren, die sie sehr gut erkannte. Sie klopfte mit der flachen Hand neben sich auf das Sofa und lud ihren Bruder damit ein, sich neben sie zu setzen. Er jedoch ging zum Kamin, beugte sich vor, um sich die Hände zu wärmen, und sagte: „Ich kann mich nicht lange aufhalten, Louisa. Was willst du von mir?"
    Da sie sich entschlossen hatte, auf ihre Bitte
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