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Heirate nie einen Italiener

Heirate nie einen Italiener

Titel: Heirate nie einen Italiener
Autoren: Lucy Gordon
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plötzlich ungeheuer ernst wirkte. Schon glaubte sie, etwas Falsches gesagt zu haben, als sie merkte, dass sein Blick nicht ihr, sondern den jungen Männern am Nebentisch galt, die ihn mit obszönen Gesten bedachten und sich unverhohlen über ihn lustig machten.
    “Ignorier sie einfach”, sagte er, als er Helens entsetzten Gesichtsausdruck sah. “Einen größeren Gefallen, als uns aus der Ruhe bringen zu lassen, könnten wir ihnen gar nicht tun.”
    Am Rand der Terrasse saß ein Akkordeonspieler, und auf der kleinen Tanzfläche befanden sich einige wenige Paare. “Lass uns tanzen”, forderte Lorenzo Helen auf und nahm ihre Hand. “Dann haben sie wenigstens einen Grund, sich die Mäuler zu zerreißen.”
    “Willst du dich wirklich zum Gespött …?”
    “Ich wüsste nicht, wer mich davon abhalten sollte.”
    Unter den höhnischen Blicken der übrigen Gäste führte er sie auf die Tanzfläche. Doch Helen konnte die lang vermisste Nähe kaum genießen, weil sie genau wusste, was in den Köpfen ihrer Beobachter vorging.
    “Wie hältst du das nur aus?”, fragte sie Lorenzo leise. “Sie scheinen tatsächlich zu glauben, dass ich dich wegen eines anderen Mannes verlassen habe.”
    “Und wenn schon”, erwiderte er betont gleichgültig. “Zufällig kenne ich die Pfeifen noch aus der Schule. Sie entsprechen haargenau dem, wie du dir die sizilianischen Männer immer vorgestellt hast.”
    “Trotzdem sollten wir lieber gehen”, wandte Helen ein. “Ich ertrage es nicht länger, dass sie dich meinetwegen verachten.”
    “Sie sollen tun, was sie nicht lassen können. Hauptsache, du verachtest mich nicht.”
    Lorenzos Lächeln hatte plötzlich wieder jene Unbekümmertheit, der Helen noch nie etwas entgegenzusetzen gehabt hatte. Und dass er sie in Schutz nahm und den Spott, der auf ihn niederprasselte, mit derart großer Gelassenheit ertrug, rührte sie zu Tränen.
    “Was sollen denn die Leute denken, wenn die Frau, mit der ich tanze, plötzlich in Tränen ausbricht?”, fragte er zärtlich.
    “Sie sollen denken, dass du mir die Leviten gelesen hast”, antwortete Helen und senkte beschämt den Blick. “Vielleicht respektieren sie dich dann wieder.”
    “Wie sie über mich denken, interessiert mich nicht”, sagte Lorenzo, und als Helen aufsah, küsste er sie wie zufällig auf den Mund und erwartete gespannt ihre Reaktion.
    “Ob das so klug ist?”, fragte sie verlegen.
    “Klug vielleicht nicht, aber ehrlich”, erwiderte er, um sich erneut zu ihr hinunterzubeugen. Der nächste Kuss fiel ungleich länger und zärtlicher aus, und die Berührung seiner Lippen schien ein Fenster aufgestoßen zu haben, durch das zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ein Hoffnungsschimmer in Helens Leben fiel.
    Jetzt erst wusste sie, wie unglücklich sie in den letzten Wochen gewesen war, und es schien, als sollte ihr das Schicksal eine zweite Chance geben. Dieses Mal würde sie sich nicht gegen ihr Glück sträuben.
    “Willst du nicht mit in die Villa kommen?”, fragte Lorenzo leise. “Es gibt so unendlich viel, worüber wir reden müssen.”
    Helen nickte zum Zeichen des Einverständnisses und ließ sich von Lorenzo zurück zu ihrem Tisch führen.
    Erleichtert nahm sie zur Kenntnis, dass die Flegel, die am Nebentisch gesessen hatten, mittlerweile gegangen waren. Doch während sie ihre Jacke von der Stuhllehne nahm, sah sie aus dem Augenwinkel, wie Lorenzo ein unscheinbares Blatt Papier in die Hand nahm, das unter seinem Glas steckte. Augenblicklich versteinerte sich seine Miene.
    Ehe er reagieren konnte, nahm sie ihm den Zettel aus der Hand. Es handelte sich um eine rasch hingekritzelte Zeichnung, auf der eine Frau zu sehen war, die ihren Hund an der Leine ausführte. So wenig sorgfältig der Urheber das Bild als Ganzes ausgeführt hatte, so sehr hatte er sich in zwei Punkten um extreme Detailgenauigkeit bemüht: Die Frau glich Helen aufs Haar, und dem Hund hatte er Lorenzos Züge verliehen.
    “Wird es einem Mann bei euch so gedankt, wenn er sich wie ein zivilisierter Mensch benimmt?”, fragte Helen schockiert.
    “Du darfst das nicht so ernst nehmen, Helen”, wandte Lorenzo ein, doch seine vor Schreck geweiteten Augen verrieten, dass er selbst tief betroffen war.
    “Mach dir nichts vor”, widersprach sie bestimmt. “Jedes Mal wenn wir zusammen gesehen werden, kann so etwas wieder passieren. Doch ich werde nicht zulassen, dass du dich zum Gespött machst. Ein solches Opfer
darf
ich von dir nicht verlangen. Deshalb ist es
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