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Heirate keinen Arzt

Heirate keinen Arzt

Titel: Heirate keinen Arzt
Autoren: Robert Tibber
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ich!«
    Da gab es nichts mehr einzuwenden.
    »Sylvia, ich kann es einfach nicht fassen...«
    »Was bin ich doch für ein Narr gewesen! Wir wußten ja von Anfang an, daß wir füreinander geschaffen sind.«
    »Ja - das wußten wir.«
    Wir blieben sitzen und holten das Versäumte der letzten Monate nach, bis Joes Akkordeonklänge von unten herauftönten und mich an meine Gesellschaft mahnten.
    »Komm, wir müssen hinuntergehen«, sagte ich. »Schließlich bin ich ja der Gastgeber.«
    »Müssen wir wirklich?«
    »Wir müssen.« Ich gebot es mit strenger Stimme. »Jetzt werden andere Seiten aufgezogen, mein Kind. Jetzt hast du zu tun, was ich sage.«
    »Ich will ja gern tun, was du sagst«, flüsterte Sylvia. »Sei so lieb und komm in ein paar Minuten wieder herauf«, bat sie mich. »Ich muß mich erst zurechtmachen.«
    »Gib mir erst noch einen Kuß, ehe du den Schaden reparierst.«
    »Ich hab’ dich so schrecklich lieb.«
    »Sylvia«, sagte ich und fühlte meine Festigkeit schwinden. »Nimm dir nur Zeit. Ich will jetzt zu den anderen gehen.«
    »Du bist der Herr im Haus«, sagte sie mit Unschuldsaugen.
    Unten am Treppenabsatz stand Betty Hume. Sie hatte ich in der Glückseligkeit der letzten halben Stunde ganz vergessen. Sie wartete auf mich, und als ich endlich herunterkam, nahm sie mich bei der Hand und zog mich in eine Ecke der Diele.
    »Ich wollte nur, daß Sie wissen, wie gut ich alles verstehe«, sagte sie. - »Was denn?« fragte ich zögernd.
    »Mit Sylvia. Das mußte man ja merken, damals, als sie zum Tee herkam. Da stand Ihnen die Liebe ja in den Augen geschrieben. Und ich finde, daß sie die Richtige für Sie ist, und hoffe, ihr werdet sehr glücklich miteinander.«
    Sie hob sich auf die Fußspitzen, um mich auf die Wange zu küssen, und verschwand in der Menge der Gäste.
    Ich trat nun an die inzwischen von Faraday freigegebene Bar und goß mir etwas zu trinken ein. Plötzlich fühlte ich mich bedrückt, teils, weil die Wirkung der Drinks von vorhin abzuflauen begann, teils, weil Betty sich so lieb und verständnisvoll gezeigt, und schließlich, weil Mrs. Collins gestorben war, ehe ich meine Verlobte zu ihr bringen konnte. Auf einmal kam mir in den Sinn, daß ich ja Sylvia überhaupt nicht gefragt hatte, ob sie nun meine Frau werden wolle... Ich setzte mein Glas hin und bahnte mir einen Weg durch die tanzenden Paare.
    Sylvia erwartete mich an der untersten Treppenstufe. In ihrem schwarzen Samtkleid, das honigfarbene Haar zu einem Knoten gedreht, sah sie bezaubernder aus als je. Doch ehe jemand anders Gelegenheit fand, sich ihr zu nähern, zog ich sie in die Küche, um ihr einen regelrechten Heiratsantrag zu machen. Der Ort war schlecht gewählt, denn dort saß zwischen leeren und schmutzigen Gläsern Mrs. Little. Sie hielt eine geräumige Frühstückstasse an ihren Busen gedrückt und weinte dicke Tränen unter ihrem braunen, puddingförmigen Hut.
    »Um Gottes willen, was ist denn, Mrs. Little?« fragte ich sie.
    »Ich bin so glücklich«, antwortete sie und weinte noch mehr.
    Ich nahm ihr die Frühstückstasse aus der Hand und roch an deren Inhalt. Es war unvermischter Gin.
    »Wer hat Ihnen denn das gegeben?«
    »Doktor Faraday. So ein netter Mann!«
    »Wenn Sie ausgetrunken haben«, befahl ich, »gehen Sie aber gleich zu Bett. Dr. Faraday und ich werden schon abwaschen.«
    Damit faßte ich Sylvias Hand und ließ Mrs. Little mit ihrem Gin allein.
    »Ich wollte dich etwas fragen, Sylvia«, sagte ich, »aber es scheint nirgends ein ruhiger Winkel zu sein.«
    »The Birth of the Blues« schluchzte durch das Haus. Da fiel mir das Apothekenkämmerchen ein, und Sylvia nachziehend, drängte ich mich durch Warteraum und Sprechzimmer, wo die Tanzenden sich mehr und mehr in die tief herabhängenden Papierschlangen verwickelten, zu meiner Apotheke durch. Ich öffnete die Tür. Da stand, in alles vergessender Umarmung verschlungen, irgendein Paar. Sacht schloß ich die Tür wieder, um sie nicht zu stören.
    »Es bleibt uns also wohl nur diese Ecke«, sagte ich und zog Sylvia in die Nähe des Waschbeckens, wo versehentlich mein Fiebermesser in einem Glas milchiger Flüssigkeit zum Desinfizieren stehengeblieben war. »Aber das ist ja auch gleich.«
    »Was in aller Welt willst du denn nur?« fragte Sylvia.
    »Ich liebe dich, Sylvia. Und nun kommt eine wichtige Frage.«
    Ich tat einen tiefen Atemzug, und dann sagte ich da, wo ich meine Patienten zu fragen pflegte: >Wo tut es weh?< und >Spüren Sie es schon lange?<:
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