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Heinz Strunk in Afrika

Heinz Strunk in Afrika

Titel: Heinz Strunk in Afrika
Autoren: Heinz Strunk
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Vorausgesagte wahr wird. Der Jeep hält vor dem
Florida
. Was, wenn sich hier irgendwelche Rädelsführer verschanzt haben? Ein Soldat steigt aus und lässt seinen Blick schweifen, es kommt mir vor, als würde er bei
mir
hängenbleiben. Eine Druckwelle zieht durch meinen Oberkörper. Ich drehe meine Handinnenflächen zu ihm, als Zeichen der Kapitulation. Totaler Quatsch. Er ignoriert mich und geht zurück zum Wagen, um sich mit dem Fahrer zu besprechen.
     
    3 Uhr. Die Nacht kriecht dahin, schleicht dahin, die Zeit zerfällt. Das ganze Leben ist von Anfang bis Ende eine einzige Laune des Schicksals, denke ich, ein Wirbel unwahrscheinlicher Zufälle. Die Dinge sind nicht mehr sie selbst, übrig bleiben nur Fetzen, Bruchstücke von irgendwas. C. lehnt an der Cocktailbar und hat schon den nächsten Drink in der Hand, die Girls stehen daneben. Von Mike und John ist nichts zu sehen.
    «Ich bitte dich, trink nicht so viel. Gib das Glas her, ich tausch es gegen Wasser.»
    «Wasser, Wasser. Tiere trinken Wasser. Gänse zum Beispiel. Gänsewein, schon mal gehört?», lallt C. Er ist total aufgekratzt, beim Sprechen stiebt wässriger Schleim aus seiner Nase. Grippeauswurf. «Die Disco schließt übrigens um halb fünf, definitiv. Aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen, ich habe deine Abwesenheit genutzt, um uns einen Schlafplatz zu organisieren.»
    Er deutet auf Hamdi.
    «Nur fünfhundert Meter von hier, hat sie gesagt.»
    Hamdi schaut mich erwartungsvoll an. Ist er endgültig verrückt geworden? Todeseuphorie? Seine Augen glänzen fiebrig.
    «Das meinst du nicht im Ernst. Hör mal, vor der Disco patrouilliert das Militär, wenn wir uns da hinstellen und nicht vom Fleck rühren, kann uns nichts passieren. Irgendwann wird schon ein Taxi kommen.»
    «Ich sehe es kommen, auf den letzten Metern müssen sich unsere Wege trennen.»
    Das darf nicht wahr sein. Mir ist, als rinne mein Gehirn aus dem Kopf. Mein Gott, ich bin für so etwas nicht gemacht! Und jetzt? Keiner kann von mir erwarten, in dieser Situation auch noch die Verantwortung für einen betrunkenen Irren zu übernehmen. Ich werde mich auf eigene Faust durchschlagen müssen. Entweder er schließt sich mir an, oder er lässt es bleiben.
    «Das geht nicht. Wir müssen zusammenbleiben.»
    «Dann komm halt mit. Überleg’s dir, ich muss nämlich mal.»
     
    4 Uhr, C. ist seit einer halben Stunde verschwunden. Auch von den Mädchen fehlt jede Spur. Die Disco ist unmenschlich voll, die Luft schwer und verbraucht, in die Musik mischt sich immer wieder ein unbestimmtes metallisches Dröhnen. Jemand rülpst mir in den Nacken. C.! Er sieht furchtbar aus, sein Gesicht ist durch einen Guido-Westerwelle-artigen Zug entstellt. Ihm fehlt ein Schuh.
    «Was ist mit deinem Schuh?»
    Er schaut apathisch an sich hinunter.
    «Keine Ahnung. Was zählt schon ein Schuh.»
    «Wenn wir gleich um unser Leben rennen müssen, wirst du schon sehen, wie wichtig gutes Schuhwerk ist. Wo warst du überhaupt?! Wie kannst du mich so in Angst und Schrecken versetzen?»
    «Wieso? Dahinten (er deutet irgendwohin) ist noch ein Raum. Dort waren wir.»
    Noch ein Raum, noch ein Raum, was soll das?
    «Noch ein Raum, noch ein Raum, was soll das?»
    «Die haben ihn mir gezeigt.»
    Es hat keinen Zweck mehr mit ihm.
    Wie aus dem Nichts tauchen Hamdi und Doreen wieder auf.
    «We have to go, guys!»
    Die Mädchen drücken von hinten, C., endgültig abgesunken in Trunkenheit, ist so hinüber, dass ich ihn stützen muss.
     
    Draußen herrscht eine aberwitzige Atmosphäre. Irgendwelche Boxen pumpen in ohrenbetäubender Lautstärke
Stille Nacht
in die Straße hinaus. Die Dunkelheit wird zerrissen von Blitzen, überall glimmt und zischt es, lodern kleinere Brände, ein saugendes, hohles Pfeifen liegt in der Luft. Mittlerweile kurven vier Jeeps herum, aus einem heraus wird in die Luft geschossen. Meine kaputte Zunge klebt am Gaumen, ich kann kaum schlucken, mir ist schlecht. C., jenseits von Gut und Böse, stammelt: «Schau, Bursche, Ordnungskräfte, ich hab’s dir gesagt, uns kann nichts passieren.»
    Hamdi packt mich am Handgelenk, Doreen zieht den taumelnden C. hinter sich her. Wenn uns nun John und Mike verfolgen? Ich versuche mir einzureden, eh nicht so am Leben zu hängen, nützt leider nichts. Nach kurzer Zeit habe ich jede Orientierung verloren. Torkel, stapf, schlinger. Fünfhundert Meter. Von wegen. Wir müssten doch längst da sein! Die Straßen werden immer kleiner und enger. «Just one minute», murmelt
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