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Heinz Strunk in Afrika

Heinz Strunk in Afrika

Titel: Heinz Strunk in Afrika
Autoren: Heinz Strunk
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ein Fenster sehe ich in eine kahle, schmutzige Küche, in der eine Familie beim Essen sitzt, einen Moment später sind sie schon verschwunden, weggewischt von einem großen Kinoplakat. Punkt neun liefert uns Titus am
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ab. An den Automaten herrscht freie Auswahl, nicht einmal die Japaner trauen sich noch aus ihren Hotels. Bei C. laufen bereits beim dritten Spiel die Kugeln ein. Zwei Verlängerungen, immerhin 11 000 Schilling. Ein moderner Kolonialherr, der das gebeutelte Land ausplündert. Ich stelle mir vor, wie revolutionäre Truppen das
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entern. C. wird mit einem einzigen, mächtigen Machetenschlag enthauptet, sein blutüberströmter Torso spielt noch dreißig Sekunden weiter, bevor er zwölf Meter durchs Casino rennt und sein letztes Geld unter den Angestellten verteilt. Schrecklich. Noch sitzt er da, mit Kopf.
    Bei mir geht gar nichts. Bei C. auch nichts mehr, nach drei Stunden haben wir alles verspielt, zusammen 380 000 Schilling. Wie geprügelte Hunde schleichen wir davon. Der Taxenstand ist verwaist. C. steckt sich eine Zigarette an.
    «Du wirst sehen, Bursche, gleich kommt ein Taxi.»
    «Wer die Wahl hat, hat die Qual.»
    «Du sprichst in Rätseln. Was willst du mir damit sagen?»
    «Ich überprüfe geflügelte Worte auf ihre Stichhaltigkeit. Und dieses finde ich unglaublich richtig. Auch gut: In der Kürze liegt die Würze.»
     
    Warten. C. raucht in langsamen und gleichmäßigen Zügen. Kein Taxi in Sicht. Es ist still, eine bedrückende, fast unwirkliche Hitze lässt die Luft brodeln. Alles scheint irgendwie verlangsamt, in Watte gehüllt.
    Plötzlich erfüllt ein langgezogener, ohrenbetäubender Schrei die Nacht, gefolgt von einer MP -Salve und schrillen, abgehackten, metallischen Geräuschen. Unfassbar. Das passiert gerade
wirklich
. Mir wird die absurde Gefährlichkeit unserer Lage bewusst.
    C.: «Vielleicht sind das Silvesterböller. Bei uns geht die Knallerei auch schon kurz nach Heiligabend los.»
    Er stülpt seine Taschen nach außen.
    «Einem nackten Mann kannst du nicht in die Taschen greifen. Das ist überall auf der Welt ein ungeschriebenes Gesetz.»
    «Jetzt reicht’s aber. Du hast sie ja wohl nicht alle. Wir gehen zurück ins Casino und warten ab, bis sich die Dinge beruhigt haben. Zur Not bis morgen früh.»
    «Ach, und was willst du ohne Geld im Casino machen? Die schmeißen uns doch im hohen Bogen wieder raus.»
    «Ach Quatsch! Wenn Gefahr im Verzug ist, dürfen die das gar nicht.»
    «Dürfen, dürfen, wir sind in Afrika, da gelten gar keine Gesetze.»
    Dann kommt doch noch ein Taxi vorgefahren. Gerettet! Bloß rein da. Mein Herz pocht wie verrückt.
    «Nyali Beach Hotel, please.»
    «No.
Florida Club.
»
    «Bist du irre? Okay, dann setz ich dich da ab und fahre weiter ins Hotel.»
    Er legt ekelhaft jovial seinen Arm um meine Schulter.
    «Geh, Bursche, ich möchte dir einen Vorschlag unterbreiten, den du nicht ablehnen kannst: Wir gehen ins
Florida
und bleiben die ganze Nacht, da sind wir sicher. Sicherer jedenfalls, als wild durch Mombasa zu kreuzen.»
    «Es ist echt zum Kotzen alles. Ich verstehe dich nicht.»
    «Gell, Heinzi, so wird’s gemacht. Und morgen wirst du mir dankbar sein, weil wir noch einmal etwas erlebt haben.»
     
    Florida Club
/Ext./Night
    Was zum Teufel machen wir hier! Wieder fallen Schüsse, dunkles Feuer zuckt über den Himmel. Ein Mann rennt über die Straße, zwei andere folgen ihm. Er rettet sich in einen Hauseingang, die Männer lesen irgendeinen großen Gegenstand von der Straße auf und werfen ihn gegen die Tür. Sie beraten sich, einer nimmt sein Handy und brüllt hinein. Sie verschwinden im Haus, Hilferufe dringen heraus. Dann wird es still.
     
    Auf der Tanzfläche ist nichts los. Die Mädchen sitzen an der Cocktailbar aufgereiht wie kleine Statuen oder feiste kleine Püppchen, Hamdi dazwischen, von Doreen ist nichts zu sehen.
    «Hello, Hamdi.»
    Als wir uns zur Begrüßung umarmen, ist ihre Körperhaltung abweisend. Ein leichtes Zittern umspielt ihre Mundpartie. Sie setzt ein käsiges Grinsen auf und guckt stumpf.
    «Where is Doreen?»
    «Don’t know. You should better stay in your hotel.»
    Interessant. Das hätte ihr auch vorher einfallen können. C.:
    «What happened?»
    Hamdi winkt ab.
    «It’s not good, it’s not good.»
    Ende der Durchsage.
    Sie lässt nervös ihren Blick schweifen, tätschelt flüchtig meine Hand und geht zu einer Gruppe junger Männer.
    «Die eine ohne Begründung nicht gekommen, die andere möchte
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