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0710 - Hetzt den Drachen!

0710 - Hetzt den Drachen!

Titel: 0710 - Hetzt den Drachen!
Autoren: W.K. Giesa
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Mawra erwachte übergangslos. Ein Überlebensreflex, den sie sich schon vor Jahrzehnten angewöhnt hatte. Automatisch tastet ihre rechte Hand nach dem Degen und die Linke nach dem Dolch. Gewohnheiten, die ihr längst in Fleisch und Blut übergegangen waren.
    Sie lauschte.
    Außerhalb der Hütte kündigten die Geräusche der Tierwelt den beginnenden Tag an.
    Kein bedrohliches Geräusch war darunter. Nur das Zwitschern der Vögel, das Rascheln der Wühler, wenn sie sich durch den Humus gruben, der den Waldboden bedeckte. Ein leises Knacken, das ein Rotwild verursachte, während es sich auf dem Weg zum Äsplatz befand. Das Trillern eines Dreiauges, der damit die Nebel verscheuchen wollte.
    Ihr erster bewusster Gedanke galt Jack.
    Schon sechs Tage befand er sich auf dem Gipfel des Berges, an dessen Fuß diese Hütte stand. Es war nicht der höchste Berg in diesem SECHS, aber der Wichtigste, denn auf ihm begann die eigentliche Suche. Niemand konnte vorhersagen, ob die Suche ein Erfolg wurde, oder was der Sucher auf dem Gipfel vorfand.
    Mawra te Tschalker entsann sich der Gerüchte und Geschichten, die man sich hinter vorgehaltener Hand über diesen Berg erzählte. Von Suchern, die des Verstandes beraubt zurückkehrten, von Suchern, die man nie wieder sah.
    Aus diesem Grund wagten sich nur wenige hinauf.
    Manchmal vergingen Jahre, bis einer das Risiko auf sich nahm. Aber alle, die sich hinaufwagten und zurückkehrten - gesund zurückkehrten -, hatten Wissen erlangt, das sie stärker und mächtiger werden ließ als andere. Und trotzdem war das noch nicht das Ende.
    Das Wissen, das sie vom Berg mitbrachten, war nur die Vorstufe dessen, was sie noch erwartete.
    Und nun hatte sich auch Jack auf dieses Wagnis eingelassen.
    »Ich muss es tun«, hatte er ihr vor fünf Tagen zugeflüstert, als sie in seinen Armen lag. »Du gehörst zu mir und ich liebe dich, aber du bist nicht meine Vertraute.«
    »Ich weiß«, hatte sie zurückgehaucht und ihn umklammert, als wolle sie ihn nie wieder los lassen.
    Trotzdem hatte er sich danach den Schurz umgebunden und sie ohne ein Abschiedswort verlassen. Lange hatte sie auf die einfache Tür gestarrt, die nach einiger Zeit hinter einem Schleier aus Tränen verschwunden war.
    ***
    Mawras Augen hatten sich schnell an das diffuse Dämmerlicht, das in der Hütte herrschte, gewöhnt. Nur wenig Helligkeit schimmerte durch die Ritzen der Holzläden, die das einzige Fenster verschlossen.
    Ein einfacher Hocker stand vor einem grob gezimmerten Regal, das tönernes Geschirr und hölzernes Besteck enthielt. In dem Raum stand noch die einfache Lagerstatt, mit Fellen und muffigen Decken notdürftig gepolstert. Der lehmige Boden war von unzähligen Füßen fest getreten worden, darauf verstreut ihre und Jacks Kleider. Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, nach ihrem Liebesspiel alles fein säuberlich aufzuräumen. Einzig ihre Waffen und Jacks Stab hatte sie in Griffweite auf die Lagerstatt gelegt. In der Hütte war es angenehm kühl.
    Jack hatte gesagt, es rieche nach Magie. Vielleicht war diese für die Kühle verantwortlich.
    Mawra fröstelte, erhob sich von der Lagerstatt, die aus Fellen und grob gewebten Stoffen bestand. Luxus, wenn sie es mit dem verglich, das ihr sonst zur Verfügung stand. Sie fasste ihren Degen fester.
    »Hier bist du sicher. Nichts kann dir hier geschehen, wenn du dich innerhalb des Kreises bewegst«, hatte ihr Gefährte gesagt. Aber Mawra konnte nicht so einfach aus ihrer Haut.
    Die Hütte mochte magisch gesichert sein, und auch etliche Schritte weit draußen herum. Aber wussten das auch die Gefahren, die draußen allgegenwärtig waren? Nein, Mawra verließ sich lieber auf ihre magische Klinge.
    Sie öffnete die Tür, und ein warmer Luftzug strich an ihr vorbei in die Hütte, ließ Staubkörner aufwirbeln, die dann das in die Hütte dringende Licht reflektierten, silberne Bahnen durch den Raum zogen.
    Mawras Blick richtete sich auf den Berg, der als dunkler Schatten in der Dämmerung emporragte.
    Eigentlich gab es nichts, das den Berg besonders interessant machte. Er war etwa tausend Schritte hoch, mancher würde ihn nur einen großen Hügel nennen. Mischwald umschloss ihn an seinem Fuß, wurde aber bald lichter, bis die Bäume zum Gipfel hin immer spärlicher wurden. Nackt, kahl, felsig ragte die Kuppe schließlich noch etwa einhundert Schritt in den Himmel.
    Dort hinauf hatte sich Jack begeben.
    Schon nach wenigen Stunden musste er den Gipfel erreicht haben und Mawra hatte
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