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Heimkehr

Heimkehr

Titel: Heimkehr
Autoren: Richard Bach
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Eis und Stahl, außer Mom und einer Bettdecke… Grenzen wie Dolche an meiner Kehle, Regeln, die ich nicht erraten kann, der Vorhang ist hochgezogen für ein Stück, für das ich meine eigene Rolle schreiben muß, in Worten, die ich nicht weiß, mit einem Kopf, der sich meistens vergebens bemüht, einen Mund zu bewegen, der nicht einmal sagen kann: Laßt mich hier raus.
    Die Raumzeit ist in der Theorie verrückt genug…. doch praktisch ist sie Wahnsinn im Quadrat, eine Minute für Erwachsene sind Tage für mich, kling-kling-kling: In jeder Sekunde zerbersten Welten, und niemand nimmt Notiz davon, sie werden am Schleifstein der hunderttausend Möglichkeiten zu einer einzigen zurechtgeschliffen, alles wird durch eine Zukunft, die reine Vermutung ist, in eine unwandelbare Vergangenheit gebettet.
    Ist das nicht ein Spiel? Es sei irreal, wurde ich gewarnt, aber es ist irreal bis zum Exzeß, eine unmögliche Herausforderung: Verwandle diesen Drei-Schlagfehler-zu-meinem-Nachteil-Säugling in irgend jemanden, der bestenfalls beginnt, darüber nachzudenken, wer ich bin, und bewirke schlimmstenfalls, daß jenes Zweiglein-in-den-Stromschnellen, welches es nie schafft, trockenes Land zu erreichen, hoffnungslos über die Wasserfälle gespült wird und dabei murmelt, was eigentlich los sei und wer sich bei diesem ganzen Getöse noch an irgend etwas erinnern könne?
    Ich war so verrückt, mich dafür zu entscheiden, aber ich hätte ebenso darauf verzichten können; das Schlimmste, was mir passieren kann, ist, daß der Hund mich auffrißt und ich diesem Falltür-Universum entkomme und wieder zu Hause bin.
    Als ich erwachte, war alles wie ausgelöscht.
     
    *
     
    Ich war ein Beobachter, der gerade ein Gespensterdasein hinter sich hatte – diejenigen, die ich beobachtet habe, hatten mich auch beobachten können. Ein süßer kleiner Kerl, sagten sie zu meiner Mutter, aus tiefster Seele dankbar, daß sie mein Alter für immer hinter sich hatten. Er ist so glücklich! Seht euch diese weit geöffneten Augen an…. unschuldig, glücklich, sicher. Irrtum. Irrtum. Irrtum.
    In jenen ersten Stunden führte ich die erbittertsten Kämpfe meines Lebens und verlor sie, ein Dominostein nach dem anderen fiel um.
    »Ich existiere«, sagte ich zur Welt. »Ich bin ein nie geborener, nie sterbender individueller Ausdruck des unendlichen Lebens und habe die Raumzeit als meinen Schulhof und als meinen Spielplatz ausgesucht. Ich bin zum Vergnügen hergekommen, um wieder mit alten Freunden zusammenzusein und wieder die großen, lieben Feinde herauszufordern…«
    Meine Feinde, sie waren von der Sorte, die einem mit eisenbeschlagenen Stiefeln ins Gesicht treten. Sie gebrauchten keine Worte, sie benötigten keine.
    Schmerzen! Willkommen in der Raumzeit, im Land, wo man keine andere Wahl hat. Was du siehst, ist das, was da ist, Freundchen. Du hast gerade noch einen Schleier vor den Augen, aber je besser du siehst, um so schlimmer wird es. Hier herrscht Kälte, hier herrscht Hunger, hier herrscht Durst, hier ist dein Körper, das ist alles, was von dir da ist. Kein brausendes unendliches Leben. Das einzige, was zwischen dir und dem plötzlichen Tod steht, das sind zwei Sterbliche, die du kaum kennst und die sich überhaupt nicht so sicher sind, daß sie deine Eltern sein möchten.
    »Ich erinnere mich daran, wie das Leben gewesen ist, bevor ich hierher kam! Ich brauchte nicht zu atmen oder zu essen, ich brauchte keinen Körper, um zu leben, und ich lebte! Ich wählte meine Eltern, und sie wählten mich! Ich wählte diese Zeit! Ich erinnere mich…«
    »Du erinnerst dich an Träume! An flimmernde Lichter in deinem leeren kindlichen Gehirn. Zeig uns dieses Leben, führe es uns vor Augen. Bist du dazu imstande? Streng dich an! Vergessen? Wo ist es! So rasch?
    Probier das mal aus, Kind… halte drei Minuten lang den Atem an, gehe fünf Tage lang durch Eis, schlafe zehn Tage lang im Schnee, verlasse deine Mutter einen Tag lang. Probier das aus, dann komm her und erzähl uns etwas über das unendliche Leben!
    Der verschwommene neugeborene Verstand wirbelt herum und verliert einen Kampf um den anderen. Keine Zeit zum Denken, die physikalische Welt hat Zeit. Die Welt kämpft auf ihrem eigenen Boden, nur das, was sie mit eigenen Augen sieht und mit eigenen Fingern berührt, ist wahr. Allein der physikalische Beweis gilt, und sonst nichts, alles andere hat kein Gewicht.
    Ich bin aus dem Gleichgewicht geraten, ich stehe mit dem Rücken zur Wand. Kleine Kinder wissen
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