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Heimkehr

Heimkehr

Titel: Heimkehr
Autoren: Richard Bach
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über dich Gedanken?
    »Ich!«
    Falsch. Noch einmal: Wer macht sich über dich Gedanken?
    »Niemand, und es ist egoistisch, wenn ich mir über mich Gedanken mache. Es leben Milliarden auf diesem Planeten, ich bin ohne Einladung hierher gekommen, die anderen werden mich hier dulden, wenn ich mich ruhig verhalte und gehorsam bin und nicht zuviel esse. Vor allem ruhig muß ich mich verhalten.«
    Richtig: Jeder existiert getrennt von allen anderen. Das ganze Wissen wird in Worten und Zahlen weitergegeben. Du weißt nichts, bevor dich nicht jemand unterrichtet. Jeder ist älter und klüger als du. Jeder, der größer ist, ist auch mächtiger.
    Es gibt die Wertskalen schlecht, schlechter, am schlechtesten und gut, besser, am besten. Außerdem gibt es das Richtige und das Falsche, das Gute und das Böse. Das Richtige und das Gute verdienen es zu leben, das Böse und das Falsche verdienen es zu sterben.
    Du lebst nicht für dich, du lebst, um andere zufriedenzustellen und anderen zu helfen.
    Es gibt viele Nationen und Sprachen auf der Welt. Du bist in die beste Nation hineingeboren, ihre Sprache ist die beste, ihr politisches System ist das beste, ihre Armee ist die beste. Du befolgst die Befehle, die dir dein Land, egal von welcher Verwaltungsebene aus, erteilt, du kämpfst und stirbst für deine Nation, damit sie die Nummer Eins bleibt.
    Gute Kerls siegen, schlechte Kerls verlieren.
    »Aber jeder stirbt, also verlieren letzten Endes doch sogar gute Menschen?«
    Wenn gute Menschen sterben, kommen sie in den Himmel und sind glücklich.
    »Aber den Himmel kann man nicht sehen, und nichts ist real, was man nicht sieht. Das habt ihr selbst gesagt!«
    Der Himmel ist eine Lüge, um zu verheimlichen, daß Sterben Verlieren bedeutet. Glaube an die Lüge.
    Gerecht ist es, wenn ein schlechter Mensch stirbt, tragisch ist es, wenn ein guter Mensch stirbt, der Tod ist das Ende des Lebens.
    Nicht auf alles gibt es eine Antwort. Das Universum ist unergründlich. Wichtiges macht keinen Sinn. »Wie kann das alles wahr sein?« Es ist alles wahr. Es ist die Realität. »Natürlich.«
     
    *
     
    Ich war noch keine zehn Stunden auf dem Planeten, da war ich schon entwaffnet, der Schlüssel, für den ich hunderttausend Lebensspannen bezahlt hatte, war unter einer tiefen, bleiernen Sicherheit begraben, und jedermann akzeptierte: Das Leben ist das Zufällige, das sich ereignet, bevor wir fallen und sterben.
    Im stillen dachte ich: Was die Welt gewiß nicht braucht, ist einen weiteren Narren. Warum bin ich so verzweifelt darüber, daß ich wieder nur der Dummbart bin? Was habe ich davon, endlos mit dem Sehen-ist-Glauben hypnotisiert zu werden und die Ansicht aufzugeben, daß alles, was ich weiß, wahr sei? Ich werde wie jedes andere Kind auf diesem Planeten groß, indem ich alles, was die Welt einem suggeriert, unbesehen verschlinge, und bald wird es zu spät sein, mich zu erinnern. Erinnere ich mich jetzt? Warum bin ich überhaupt hierher gekommen?
    Der Kampf ist vorüber. Das Baby schläft.

42
     
    Was du gewußt hast, ehe du geboren wurdest, ist nicht verloren.« Seine Stimme war so sanft wie eine Brise auf dem Berggipfel. »Du verheimlichst dein Wissen, solange du nicht geprüft bist, solange es noch Zeit ist, sich zu erinnern. Wenn du willst, wirst du deine Erinnerungen sicherlich auf irgendeine verrückte, schöne Weise zurückrufen.«
    Ich saß in seiner Nähe am Rande eines Felsens, hatte die Knie bis ans Kinn gezogen und versuchte, herauszufinden, ob er sich verändert hatte.
    Ich beobachtete Dickies Augen, und nachdem ich fast eine Minute lang kein Wort gesagt hatte, wunderte ich mich, wieso ich soviel gewußt hatte, als ich er gewesen bin. Sicherlich war ich ein kluges Kind gewesen, aber ich hatte auch eine Menge zu lernen und war nicht s o klug.
    Und schließlich dämmerte es mir.
    Dickie beobachtete mich ebenfalls, erwiderte meinen Blick, ohne zu zwinkern, konnte Gedanken lesen, und ein unmerkliches Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht.
    »Laß mich raten«, sagte ich zu ihm. »Du hast es die ganze Zeit gewußt, nicht wahr? Du wolltest, daß ich mich an alles erinnere, was ich gewußt habe, und zwar nicht um deinetwillen, sondern um meinetwillen. Alle diese Monate, jede Minute mit dir, sind ein Test gewesen.
    Weder bejahte er es, noch stritt er es ab.
    »Pye?«
    Nach einer Weile nickte er, fast ohne den Kopf zu bewegen.
    »Donald Shimoda?«
    Er nickte noch einmal, kaum wahrnehmbar.
    »Die Möwe Jonathan.«
    Er lächelte weiter,
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