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Heimkehr

Heimkehr

Titel: Heimkehr
Autoren: Richard Bach
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nickte wieder und starrte mich unverwandt an, ohne ein Wort zu sagen.
    Plötzlich durchzuckte mich ein schrecklicher Gedanke, ich konnte mir jedoch die Frage nicht verkneifen: »Dickie, du bist doch nicht etwa auch Shepherd, der für mich das Buch verfaßt hat, das ich nur noch zu signieren brauchte… Eine gute Lebensführung ist soviel wert wie Ersparnisse auf der Bank?«
    Das Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.
    Ich raufte mir die Haare und wußte nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. »Kind, um Gottes willen! Stimmt das? Du hast mich hinters Licht geführt!«
    Er ergötzte sich an meiner Verwirrung, sein wahres Gesicht war hinter der Maske des Kindes verborgen, das ich einmal gewesen war. »Wie kann das Leben jemanden hinters Licht führen, der weiß, wie man die Dinge anpacken muß?« sagte er. »Wie kann das Leben jemandem nur durchschnittliche Konditionen gewähren, der die Prüfungen bestanden hat? Worauf es ankommt, ist, dich zu erinnern!«
    Ich hätte es wissen müssen, dachte ich. Wann werde ich lernen, das zu erwarten, womit ich nicht im entferntesten gerechnet habe?
    »Wenn du herausfinden wolltest, was ich wußte, warum ist es dir denn nie in den Sinn gekommen, mich einfach zu fragen?«
    Er lächelte spöttisch. »Und so zu tun, als ob du ein Unschuldslamm seist, dir zuzuhören, wie du dein Wissen zensierst, damit wir dich nicht verkennen und nicht mit neunzig Meilen pro Stunde gegen die Mauer rasen? Wir wollen deine Warnungen nicht hören, Richard, wir wollen deine Wahrheit erfahren! Wir wollen nicht…«
    » WARUM ? Ich bin keine Möwe, die schneller ist als ein Gedanke, ich bin nicht der Retter der Welt, ich bin keine Lichtform einer mehrdimensionalen anderen Zukunft, und ich weiß nicht auf alle Fragen, die je gestellt wurden, eine Antwort! Warum machst du dir Gedanken über mich?«
    »Was ist dir rätselhaft, Richard? Du bist kein Schiffbrüchiger auf einem abgelegenen Planeten. Du denkst, du hattest Pech, weil du deinen anderen Leben begegnet bist und von ihnen gelernt hast? Von uns! Du bist wir!«
    Er hielt inne, um nach Worten zu suchen, die ich verstehen konnte. »Hast du uns als deine Lehrer ausgesucht? Auch wir haben dich ausgesucht. Du machst dir darüber Gedanken, was du lernst. Wir machen uns auch Gedanken. Denkst du etwa, wir existieren nur deshalb in deinem Leben, weil du uns liebst? Kannst du nicht verstehen, daß wir dich auch lieben?«
    Ich preßte meine Hände gegen den Felsen und schwieg. Warum sollte es so schwer zu begreifen sein, daß diejenigen, die wir lieben, unsere Liebe erwidern?
    »Du bist nie fortgegangen, nicht wahr?« fragte ich schließlich. »Du hast dein Gesicht verändert, manchmal hast du dich unsichtbar gemacht, aber du bist die ganze Zeit hiergewesen. Auch in den schlimmsten Zeiten, bei der Scheidung, beim Bankrott, bei Mißerfolg und Tod?«
    »Besonders in den schlimmsten Zeiten.«
    Wie konnte ich bloß so schwer von Begriff sein? Während der schwersten Tage meines Lebens war er immer der ruhige Beobachter, der mir Zuversicht einflößte: Es gibt einen Grund dafür, daß du so gewählt hast. Habe Geduld, Richard, steh es durch, so gut du kannst, und nach einer gewissen Zeit wirst du herausfinden, warum du dich so und nicht anders entschieden hast. Wer sonst, wenn nicht unsere inneren Lehrer, wagt es, so etwas zu sagen; sie lassen sich von dem, was zu sein scheint, nicht aus der Ruhe bringen.
    Dickie, der mich monatelang getestet hatte, wußte schließlich keine Frage mehr. Mein Examen endete damit, daß wir schwiegen. Nur noch eines wollte ich zum Schluß wissen:
    »Dickie,« fragte ich, »du bist der Kapitän meines geheimen Raumschiffs, das darauf wartet, mich nach Hause zu bringen, nicht wahr?«
    Ein feines Lächeln umspielte seinen Mund: »Irrtum«, flüsterte er. »Du bist der Kapitän.«
    - Ende —

Epilog
     
     
    Die Mannschaft, die wir für unser inneres Schiff anheuern, besteht aus unseren Navigatoren und Kanonieren, den Steuerleuten und Beratern, und sie werden das ganze Leben lang unsere Freunde bleiben. Wir treffen sie in dem Augenblick, wo wir dazu bereit sind oder es nötig haben oder von unserer Neugier getrieben sind, Verbindung mit ihnen aufzunehmen — in dem Augenblick, wo wir es wagen, uns ihre Existenz vorzustellen und sie um Hilfe zu bitten.
    Ich glaube nicht, daß ich die Möwe Jonathan oder Donald Shimoda oder Pye oder Shepherd zum letzten Mal gesehen habe, obwohl ich keine Ahnung habe, was sie alles beim nächsten Examen
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