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Heimkehr

Heimkehr

Titel: Heimkehr
Autoren: Robin Hobb
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Stattdessen h i elten sich die Menschen dort a n den Händen. Trotzdem sch m olz un s er Vorrat zusammen, bis wir bald nur noch über drei, dann nur noch über zwei Fackeln v erfügten. Eine Frau w i mmer t e, als die letzte Fackel angezündet wurde. Sie brannte nicht gut. V ielleicht war es auch nur unsere Furcht vor der Dunkelheit, die uns da m it schreckte, dass das Licht bereits erlösche. Jedenfalls scharten wir uns dichter um d e n Fackelträger. Der F lur war breiter geworden und die Decke höher. Selbst jetzt noch fiel das Licht der Fackel g e legentlich auf eine metallene Silhouette oder eine silbr i ge Ader i n der polierten schwarzen Wand, d i e m ich v e rführerisch anblinkten. Wir marschierten weiter, hoffnung s los, hungrig, durst i g und vollkommen erschöpft. Wir ka me n nicht schnell voran, doch andererseits wussten wir nicht, ob uns am Ziel etwas anderes e r warte t e als der Tod.
    Die untergegangenen Geister d e r Stadt zerrten an m ir. Die Verlockung, mein ar m seliges Leben einfach fahren und m ich in die verführerisc h e U m ar m ung der Stadt fallen zu lassen, wurde immer stärker. Fetzen ihrer Musik riefen m i ch, Unterhaltungen, die wie ein entferntes Mur m eln klangen, und m it stieg sogar, so wollte m ir scheinen, ein Hauch uralter Düfte in die Nase. War das nicht genau das, wovor Jathan m ich immer g e warnt hatte? Wenn ich me in Leben nicht endlich in den Griff bekäme, würde meine Kunst m ich noch packen und verzehren. Aber es fiel mir so schwer zu widerstehen. Ich zappelte an ihrem K ö der wie ein Fisch am Angelhaken. Ich wusste, dass sie m i ch längst gefangen hatte, aber ich wollte die Dunkelheit abwarten, bevor ich m i ch einholen lassen würde.
    Die Fackel brannte m it je d e m Schritt, den wir taten, weiter herunter. Und jeder Sch r itt, den wir taten, konnte ein Schritt in die falsche Rich t ung sein. Der Korridor war noch breiter geworden und m ündete schließlich in einer Halle. Ich konnte die glänzenden s c hwarzen Wände nicht länger sehen, aber ich fühl te , wie s i e m i ch lenkten. Wir kamen an einem Brunnen vorbei, der von Steinbänken u m geben war.
     Vergeblich suchten wir nach etwas, das unser Feuer am Leben erhalten würde. Hier war alles für die Ewigkeit gebaut. Ich wusste, dass die s e Räume die Leichenhallen für alle gewesen waren, die je h i er gelebt hatten. Sie waren dem Glauben verfall e n gewesen, dass sie für immer hier existieren würden, dass sie mit dem Wasser der Brunnen und den Lichtstrahlen immer wieder durch eine Berührung z u m Le b e n erweckt würden. Ich wusste es so klar, wie ich meinen Namen kannte. Wie auch ich waren sie Opfer des närrischen Gedankens geworden, für i mmer durch ihre Kunst zu leben. Und jetzt war sie das Einzige, was von ihnen übr i g geblieben war.
    In diesem Mo m ent traf ich meine Entscheidung. Die Wahrheit stand so deutlich vor m ir, dass ich nicht sicher sein konn t e, ob es allein meine eigene Entscheidung sei. Hatte vielleicht ein längst v e rschiedener Künstler nach m ir gegriffen, m i ch am Är m e l gezupft und gebeten, ein letztes Mal vor uns zu Gesicht und Gehör gebracht zu werden, bevor wir ebenfalls in der D u nkelheit und Stille v e rsanken, die schon ihre Stadt verschlungen hatte?
    Ich legte meine Hand auf Retyos Ar m . »Ich gehe zur Wand«, verkündete ich sc h licht. Ich m uss ihm zugute halten, dass er sofort begriff, was ich meinte.
    »Du willst uns verlassen?«, fragte er vorwurfsvoll.
    »Nicht nur m ich, sondern auch den kleinen Carlmin? Du willst dich in die Träume flü c hten und m ich m it ihm allein dem Tod gegenübertreten lassen?«
    Ich stellte m ich auf die Z e h e nspitzen und küsste seine bärtigen Wangen. Dann drückte ich meinem Sohn einen Kuss auf den gesenkten Kopf. »Ich werde nicht ertr i nken«,
     versprach ich ihm. Es schien mir plötzlich so einfach. »Ich weiß, w i e ich in diesen W a ssern schwimmen muss. Ich habe m ich seit meiner Geburt in ihnen getummelt, und i c h werde ihrem Lauf wie ein Fisch nach oben zu ihrer Quelle folgen. Wie du m ir folgst. Wie ihr alle m i r folgt.«
    »Carillion, ich verstehe dich nicht. Bist d u verrückt?«
    »Nein. Ich kann es dir nic h t besser erklären. Folge mir einfach, und vertraue m ir, so w i e ich dir gefolgt b i n und dir vertraut habe, als wir auf den Ast hinausgetreten s i nd. Ich werde den Pfad m it Sicherheit finden. Ich werde euch nicht enttäuschen.«
    Dann tat ich das S k andalöseste, was ich bis dahin i n meinem
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