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Heimkehr

Heimkehr

Titel: Heimkehr
Autoren: Robin Hobb
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ganzen Leben get a n hatte. Ich packte m eine Röcke, die längst bis hinauf zu meiner Wa d e zerfetzt waren, und riss sie m it einem Ruck von meinem Hüftband. Jetzt stand ich nur noch in d e r Unterhose da. Ich faltete sie zusammen und schob sie d e m staunenden Retyo in d i e Hände. Die anderen waren stehen geblieben und schauten meiner merkwürdigen Vorführung zu. »Nähre da m it die Fackel, gib ihr einen Fetzen nach dem anderen, da m it sie weiterbrennt. Und folgt m ir.«
    »Du willst fast nackt vor u n s herlaufen?« Das schien Retyo am meisten zu bekümmern.
    Ich lächelte. »Solange meine Röc k e brennen, wird niemand d ie Nackt h eit derjenigen bemerken, die s ie sich ausgezogen hat, damit sie Licht spenden. Und wenn sie erst verbrannt sind, u m hüllt uns alle die Du n k elheit. So wie uns die Kunst dieser Menschen umgibt.«
     Dann ließ ich ihn stehen und t r at in die Dunkelheit, die uns u m gab. Ich hör t e, wie er unserem F ackelträger zurief, er solle stehen bleiben. Ich h ö rte auch andere, die meinten, ich wäre dem Wahnsinn anheimgefallen. Aber für m i ch fühlte es sich an, als hätte ich m i ch endlich in den Fluss gestürzt, der schon mein ganzes Leben lang m einem Durst gespottet hatte. Ich ging b e reitwillig zu der schwarzen Wand und öffnete meinen V e rstand und m ein Herz der Kunst der einstigen Stadtbewohner, während ich m i ch ihr näherte. Als ich den kalten Stein berührte, wandelte ich bereits unter ihnen und lauschte ihrem Klatsch, ihren Straßen m usikanten und ihrem Feilschen.
    Wir befanden uns auf ein e m Marktplatz. Als ich den Stein berührte, erwachte d e r Markt um m ich herum zu prallem Leben. Plötzlich sah mein Geist Licht, obwohl ich die Augen geschlossen hielt. Ich roch den Kochfisch, der in den rauchigen kleinen Feu e rkesseln hing, und s a h die Spieße m it tropfenden Honigfrüchten auf dem Tablett eines Straßenhändlers. Glasierte Echsen brie te n über einem kleinen Feuer. Kinder j a gten sich um m i ch heru m . Menschen flanierten über die Straßen. Sie trugen gl ä n zende Kleidung, deren Farben bei jedem Sc h ritt ihrer Träger schillerten. Und was das für Menschen war e n! Menschen, die zu einer solch großartigen Stadt passten! Die me isten hätten Ja ma illianer sein können, aber zwischen ihnen schritten andere: große, dünne Gestalt e n, die Schuppen wie Fische hatten oder eine Ha u t, die wie polierte Bronze glänzte. Ihre Augen schimmerten silbern u nd kupfern und go l d en. Die gewöhnlichen Leute machten diesen besonderen Kreaturen Platz. Und zwar eher freud i g als aus kalter Ehrfurcht.
     Händler traten vor i hre Buden und boten ihnen i h re besten Waren an, gaffende Kinder s p ähten h i nter den Hosenbeinen ihrer Mütter hervor und verfo l gten ihr majestätisches Defilee. Denn um H e rrscher handelte es sich, davon war ich überzeugt.
    Mühsam riss ich mein inneres Auge und meine Gedanken von d i esem präc h tigen Festzug los. Ich versuchte m ir ins Gedächtnis zu rufen, wer ich war und war u m ich m ich eigentlich h i er befand. Ich ließ Carl m in und Retyo in me in Bewusstsein ein. Dann sah ich m ich gelassen um. Zum Himmel e m p o r!, sagte ich mir. Zum H i mmel empor! An die Luft. Z u m blauen H i mmel. Den Bä u men!
    Ich strich m it den Fingern leicht über die Wand, während ich weiterging.
    Kunst ist Versenkung, und g u te Kunst bedeutet völlige Vereinnah m ung. Retyo hatte Recht. Sie versuchte, m i ch zu ertränken. Aber Carlmin h a tte ebenfal l s Recht. Es gab nichts Boshaftes in diesem Versuch, nur diese völlige U m hüllung, in die uns Kunst drängt. I c h war eine Künstlerin, und als Ausübende dieser Magie war ich gewöhnt, selbst dann einen k l aren Kopf zu behalten, wenn ihr Strom am stärksten und reißendsten floss.
    Trotzdem konnte ich m ich nur m it Mühe an meinen Worten f e stklammern. Z u m H i mmel empor. Ich wusste nicht, ob meine Gefährten m ir folgten oder m i ch meinem Wahnsinn überlassen hatten. Retyo w ü rde mir sicherlich folgen und meinen Sohn m itbr i ngen. Einen Moment später fiel es m ir freilich schon schwe r , m ich überhaupt noch an ihre Namen zu erinnern. Solche Namen und solche Menschen hatten in der Stadt n i e existiert, und ich wa r jetzt eine Bürgerin dieser Stadt.
    Ich schritt über ihren belebten Markt. Um m i ch h erum kauften und verkauf t en Men s chen exotische und faszinierende Waren. Ihre Farben, ihre Klänge, selbst ihre Gerüche lockten mich zu bleiben, ich jedoch hielt m
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