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Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran?

Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran?

Titel: Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran?
Autoren: Stefan;Weiss Bonner
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ganz trocken. »Ich habe meiner Mutter einen Batzen Geld geklaut. Und Schokolade.«
    »Das ist aber nicht schön, meine Kleine«, sagt der Pastor. »Dafür solltest du drei Ave Maria beten.« Er will mich entlassen, aber ich möchte die Gelegenheit nutzen, um etwas über meine Berufsaussichten zu erfahren.
    »Wenn ich bereue und ab jetzt nie mehr sündige«, beginne ich einen kleinen Kuhhandel, »kann ich dann Bischöfin werden?« Von meinem Plan, den Laden im Vatikan zu übernehmen, sage ich nichts. Das klingt sonst sicher nicht sehr bescheiden.
    Schmunzelt der Kerl hinter dem Fliegengitter etwa?
    »Das solltest du dir noch mal überlegen«, sagt der Pastor und räuspert sich. »Du willst doch bestimmt selber mal Familie haben.«
    Ich denke kurz nach. »Ja«, sage ich. »Kann schon sein.«
    »Dann wünsche ich dir, dass du mal jemanden kennenlernst, mit dem du Kinder bekommen kannst«, sagt der Pfarrer.
    Ich bin baff. »Danke gleichfalls«, sage ich artig und verlasse den Beichtstuhl.

    L iegt es an den runtergeschraubten Ansprüchen an die Religionslehre, dass keiner mehr weiß, an wen oder was er da eigentlich glauben soll? Hand aufs scheinheilige Herz: Nicht wenige würden wohl Meister Eckart mit dem gleichnamigen Klempnergesellen Eckhart aus den Werner-Comics verwechseln. Heutzutage haben wir mehr Ahnung von der Historie unseres liebsten Bundesligavereins als von der Religion, der wir laut Steuerzettel vielleicht noch angehören. Auch die Unterschiede zwischen den beiden Christenclubs erschließen sich manchen Zeitgenossen schon lange nicht mehr. Ein Pfarrer aus Heidi Klums Heimatstadt Bergisch Gladbach weiß Erstaunliches zu berichten: Ein Mann hatte ihm nach seinem Kirchenaustritt eine E-Mail geschickt. »Er sagte, dass er von der Kirche die Nase voll hätte.« Der Pfarrer wollte die genauen Gründe erfahren. »Der Mann sagte, dass er wegen des Papstes und seiner antiquierten Ansichten ausgetreten sei. Ich schickte ihm daraufhin eine Nachricht mit dem Hinweis, dass er gerade aus der evangelischen Kirche ausgetreten war.« Selbst bei der Mehrzahl derjenigen, die der Kirche treu bleiben und sich für gläubig halten, ist das Koordinatensystem gehörig durcheinandergeraten. In einer Forsa-Umfrage gaben sechzig Prozent der Protestanten und Katholiken an, dass sie »frei von Religion und dem Glauben an einen Gott« leben. Im Sinne von Siegfried Lenz sind viele von uns damit »praktizierende Atheisten«: Menschen, die zwar einer Kirche angehören und sogar vorgeben, an einen Gott zu glauben, aber so leben, als gäbe es keinen.
    »Wie kann ich an Gott glauben, wenn sich erst letzte Woche meine Zunge in der Walze der Schreibmaschine verheddert hat?«
    Woody Allen
    Machen wir ein kleines Gedankenexperiment. Nehmen wir an, es geschieht das, worauf Milliarden Gläubige seit über zweitausend Jahren warten: Jesus Christus kehrt auf die Erde zurück. Was würde der Messias wohl von uns denken? Würde er die rasanten Ideen für eine bessere Welt wiederentdecken, die er damals mit seinem Fischerclan ausgeheckt hat?

    Wir tun jetzt mal so, als wären Sie Jesus. Verraten Sie es aber besser niemandem – sonst begleiten Sie außer den Wesen mit den weißen Flügeln noch die Männer mit der weißen Jacke. Die Reise führt Sie nach Berlin, weil sich dort gerade der Stellvertreter Ihres Vaters aufhält. Sie wollen »Benno«, wie er im Himmel von Freunden genannt wird, kurz Hallo sagen. Aber Sie erhaschen nur einen flüchtigen Blick darauf, wie er winkend in einem Terrarium auf Rädern an der Menge vorbeirast. Pech gehabt. Sie checken in einer billigen Absteige ein, großer Bahnhof war noch nie Ihr Stil. Im völlig überteuerten Coffeeshop um die Ecke holen Sie sich einen Passion Fruit Tea und surfen im allwissenden Netz, um ein Facebookprofil einzurichten und ein paar neue Jünger zu finden. Aber so weit kommen Sie gar nicht: Mandy bietet Ihnen per Popup einen »geilen Tittenfick« an. Entsetzt stellen Sie fest, dass das ganze Internet verdorben ist, es wimmelt nur so von fleischlicher Lust! Dabei hatten Sie doch in der Bergpredigt eine klare Ansage gemacht: »Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen. Wenn dich dein rechtes Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus und wirf es weg! Und wenn dich deine rechte Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab und wirf sie weg!«
    »Wenn ich mich zwischen zwei Sünden entscheiden muss, begehe ich immer diejenige, die ich noch nicht
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