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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt
Autoren: Karin Slaughter
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noch, eines der letzten Dinge, die ich ihm sagte, bevor das alles passierte, war, dass dieses Festhalten an seiner Wut so war, als würde er Gift trinken und darauf warten, dass der andere stirbt.«
    Will nahm an, das war ein Rat, wie Mütter sie ihren Söhnen gaben. Leider hatte er diese Lektion auf die harte Art lernen müssen. » Haben Sie irgendeine Ahnung, wohin Sie verschleppt wurden?«
    » Es war ein Lagerhaus. Verlassen, da bin ich mir sicher. Ich habe laut genug geschrien, um die Toten aufzuwecken.«
    » Wie viele Männer waren es?«
    » Im Haus? Ich glaube acht. Im Lagerhaus waren es nur noch drei, Caleb eingeschlossen. Sie hießen Juan und David. Sie versuchten, ihre Namen nicht zu nennen, aber sie waren nicht sehr raffiniert, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Juan Castillo war vor Julia Lings Lagerhaus erschossen wurden. David Herrera war kaltblütig direkt vor Evelyn und Faith’ Augen erschossen worden. Benny Choo, Hironobu Kwon, Hector Ortiz, Ricardo Ortiz. Insgesamt waren acht Menschen tot, nur weil ein Mann seit zwanzig Jahren einen Groll hegte.
    Offensichtlich hatte Evelyn dasselbe gedacht. In ihrer Stimme schwang Verzweiflung mit. » Glauben Sie, ich hätte ihn aufhalten können?«
    Ohne ihn zu töten, bevor das alles passieren konnte, sah Will nicht, wie sie das hätte tun können. » Ein solcher Hass brennt nie aus.«
    Das schien sie nicht zu trösten. » Bill war der Ansicht, dass das, was mit Faith passierte, meine Schuld war. Er sagte, weil ich mit Hector zusammen war, achtete ich nicht genug auf meine Kinder. Vielleicht hatte er recht.«
    » Faith ist ziemlich stur, wenn’s darum geht, ihren Kopf durchzusetzen.«
    » Sie denken, sie kommt nach mir.« Sie wischte Wills Protest mit einer Handbewegung weg. » Nein, sie ist genau wie ich. Gott stehe ihr bei.«
    » Es gibt Schlimmeres.«
    » Hm.« Evelyn schloss wieder die Augen. Will schaute in ihr Gesicht. Es war unter den Schwellungen fast nicht mehr zu erkennen. Sie war etwa so alt wie Amanda, dieselbe Art Polizistin, aber nicht die gleiche Frau. Will hatte in seinem Leben nicht viel Zeit damit zugebracht, neidisch auf die Eltern anderer Leute zu sein. Sich zu überlegen, was hätte sein können, war Zeitverschwendung. Aber jetzt, da er mit Evelyn Mitchell sprach und wusste, welche Opfer sie für alle ihre Kinder auf sich genommen hatte, da konnte Will nicht anders, als ein wenig neidisch zu sein.
    Er stand auf, weil er glaubte, er sollte sie jetzt schlafen lassen, aber Evelyn öffnete noch einmal die Augen. Sie deutete zu dem Krug mit Wasser. Will half ihr, durch den Strohhalm zu trinken. Diesmal war sie nicht mehr so durstig, aber Will sah, dass ihre Hand den Morphium-Auslöser umklammerte.
    » Danke.« Sie ließ den Kopf wieder aufs Kissen zurücksinken und drückte auf den Auslöser.
    Will setzte sich nicht mehr. » Kann ich Ihnen noch irgendetwas holen, bevor ich gehe?«
    Entweder hatte sie die Frage nicht gehört, oder sie zog es vor, sie zu ignorieren. » Ich weiß, dass Mandy ziemlich hart mit Ihnen umspringt, aber nur, weil sie Sie liebt.«
    Will riss die Augenbrauen in die Höhe. Das Morphium wirkte sehr schnell.
    » Sie ist stolz auf Sie, Will. Sie gibt die ganze Zeit mit Ihnen an. Wie schlau Sie sind. Wie stark. Sie sind wie ein Sohn für sie. Auf mehr Arten, als Sie ahnen.«
    Er schaute sich um, für den Fall, dass Amanda lachend in der Tür stand.
    Evelyn sagte: » Sie sollte auch stolz auf Sie sein. Sie sind ein guter Mann. Und ich will nicht, dass meine Tochter irgendeinen anderen zum Partner hat. Ich war so glücklich, als Sie beide zusammenkamen. Es wäre mir nur lieber gewesen, es wäre mehr daraus geworden.«
    Er schaute noch einmal zur Tür. Keine Amanda. Als er sich wieder umdrehte, starrte Evelyn ihn an.
    Sie fragte: » Darf ich ehrlich zu Ihnen sein?«
    Er nickte, auch wenn er sich fragte, ob das bedeutete, dass sie bis jetzt nicht ehrlich zu ihm gewesen war.
    » Ich weiß, Sie hatten ein schwieriges Leben. Ich weiß, wie hart Sie daran gearbeitet haben, aus sich einen guten Menschen zu machen. Und ich weiß, Sie haben es verdient, glücklich zu sein. Aber von Ihrer Frau wird dieses Glück nicht kommen.«
    Wie gewöhnlich war es Wills erster Impuls, Angie zu verteidigen. » Sie hat viel durchgemacht.«
    » Sie haben etwas sehr viel Besseres verdient.«
    Darauf musste er antworten: » Ich habe meine eigenen Dämonen.«
    » Aber die Ihren sind gute Dämonen, und dass Sie sie haben, macht Sie stärker.« Sie versuchte zu
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