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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt
Autoren: Karin Slaughter
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worden. Er stellte sich dabei sehr geschickt an. Ich hätte es gar nicht bemerkt, wenn ich nicht nach etwas ganz Speziellem gesucht hätte.« Sie erläuterte: » Ich hatte eine Locke seiner Babyhaare an einer Stelle versteckt, von der die Kinder nichts wussten. Ich suchte sie, und sie war verschwunden. Damals hätte es mir klar werden müssen. Ich hätte erkennen müssen, wie sehr er von mir besessen war. Wie sehr er mich hasste.«
    Evelyn hielt inne, um wieder zu Atem zu kommen. Will sah deutlich, dass sie erschöpft war, doch sie fuhr fort: » Ich rief Hector an, weil ich mich mit ihm treffen wollte. Wir waren in Kontakt, seit Sandra krank wurde. Viel nachzuholen hatten wir also nicht. Wir gingen in ein Starbucks am Flughafen, damit niemand uns sah. Es war dasselbe wie früher– diese Versteckspielerei, diese Heimlichtuerei, damit meine Familie es nicht herausfand.« Sie schloss die Augen. » Caleb steckte permanent in Schwierigkeiten. Ich versuchte alles mit ihm– bot ihm sogar Geld an, damit er aufs College gehen konnte. Faith mühte sich ab, um Jeremy bei seinen Studiengebühren zu helfen, und ich bot diesem Jungen quasi einen Freifahrtschein an. Er lachte mir einfach ins Gesicht.« Ihr Tonfall wurde scharf, wütend. » Am nächsten Tag bekam ich einen Anruf von einem alten Freund bei der Drogenfahndung. Sie hatten Caleb mit einer beträchtlichen Menge Stoff aufgegriffen. Ich musste Mandy dazu bringen, ein paar Strippen zu ziehen. Sie wollte nicht. Sie meinte, man hätte ihm schon zu viele Chancen gegeben. Aber ich flehte sie an.«
    » Heroin?«
    » Koks«, korrigierte sie. » Heroin wäre außerhalb meiner Reichweite gewesen, aber mit Koks konnten wir arbeiten. Das Verfahren wurde niedergeschlagen, weil wir versprachen, ihn zur Therapie zu schicken.«
    » Sie schickten ihn nach Healing Winds.«
    » Hector wohnt nur ein paar Meilen von dort entfernt. Der Junge seines Cousins war ebenfalls in dieser Einrichtung gewesen, Ricardo. Und Chuck war dort. Der arme Chuck.« Sie hielt inne und schluckte, um weitersprechen zu können. » Er rief mich am Anfang dieses Jahres an, um Abbitte zu leisten. Er war damals seit acht Monaten trocken. Ich wusste, dass er in Healing Winds in Psychotherapie war, und ich dachte, dass Caleb dort sicher sein würde.«
    » Chuck erzählte den Jungs seine Geschichte.«
    » Anscheinend war das einer der Schritte. Er erzählte ihnen von dem Geld. Und obwohl Chuck beteuerte, dass ich nichts damit zu tun hätte, glaubten sie ihm natürlich nicht.«
    » Das war also Chuck gewesen im Krankenhaus an diesem Tag. Er war der Polizist, der Sara fragte, ob der Junge es schaffen würde.«
    Sie nickte. » Er sah in den Nachrichten, was mit mir passiert war, und kam her, um sich zu erkundigen, ob er helfen konnte. Er schien nicht zu begreifen, dass bei seiner Vorgeschichte niemand seine Hilfe haben wollte. Ich bat Mandy, die Sache mit seinem Bewährungshelfer gütlich zu regeln. Eigentlich war ich es, die ihn in Schwierigkeiten gebracht hatte. Meine Jungs sind immer für mich eingetreten, auch wenn es nicht in ihrem Interesse war.«
    » Glauben Sie, dass Caleb dachte, Sie hätten die Hand aufgehalten wie die anderen?«
    Diese Frage überraschte sie offensichtlich. » Nein, Agent Trent, ich glaube wirklich nicht, dass er das dachte. Er hatte in Bezug auf mich dieses Vorurteil, dass ich kalt und herzlos wäre, die Mutter, die ihn nie geliebt hatte. Er sagte, das Einzige, was er von mir geerbt habe, sei mein schwarzes Herz.«
    Will dachte an den Song, der gelaufen war, als Faith vor dem Haus ihrer Mutter hielt. » … Black in Black.‹«
    » Das war sein Motto. Er bestand darauf, dass ich mir den Text anhöre, doch wer, zum Teufel, versteht schon diese Schreierei.«
    » Es geht darum, Rache zu nehmen an Menschen, die einen im Stich gelassen haben.«
    » Aha.« Sie schien erleichtert, dass sie es endlich verstand. » Er spielte es immer und immer wieder auf meinem Küchenradio. Und dann kam Faith, und die Musik brach ab. Ich hatte Angst. Ich glaube, ich habe noch nie zuvor so lange den Atem angehalten. Aber sie wollten nicht Faith. Zumindest nicht Calebs Truppe. Benny Choo sagte ihnen, er würde sich um alles kümmern. Er behielt Ricardo bei sich. Das H in seinem Bauch war viel zu wertvoll, aber er sagte den anderen Jungs, sie sollten verschwinden und mich mitnehmen, und das taten sie auch.«
    Will wollte, was den zeitlichen Ablauf betraf, ganz sichergehen. » Caleb war gleichzeitig mit Faith da?«
    » Er
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