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Harter Schnitt

Harter Schnitt

Titel: Harter Schnitt
Autoren: Karin Slaughter
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lächeln. » Wenn ich meine Dämonen abschüttle, verliere ich auch meine Engel.«
    Er riet aufs Geratewohl. » Hemingway?«
    » Tennessee Williams.«
    Die Tür ging auf. Amanda klopfte auf ihre Uhr. » Die Zeit ist vorbei.« Sie winkte ihn aus dem Zimmer. Sie hatte ihm präzise eine Stunde gegeben. » Woher wissen Sie überhaupt, dass ich hier bin?«
    » Gehen und dann reden.« Sie klatschte in die Hände. » Unser Mädchen hier braucht Ruhe.«
    Will berührte Evelyn am Ellbogen, weil das die einzige Stelle war, die nicht bandagiert oder mit irgendeinem Schlauch verbunden war. » Vielen Dank, Captain Mitchell.«
    » Passen Sie auf sich auf, Agent Trent.«
    Amanda gab Will einen Schubs, als er das Zimmer verließ. Im Gang wäre er fast mit einer Krankenschwester zusammengestoßen.
    Amanda sagte: » Sie haben sie ermüdet.«
    » Sie wollte reden.«
    » Sie hat viel durchgemacht.«
    » Wird es irgendwelche Probleme geben, weil sie Caleb Esposito erschossen hat?«
    Amanda schüttelte den Kopf. » Die Einzige, die sich Sorgen machen sollte, ist Roz Levy. Wenn es an mir wäre, würde ich wegen Behinderung einer Ermittlung gegen sie ermitteln.«
    Will war durchaus derselben Meinung, aber Mrs. Levy hatte ihre Rolle der alten Dame perfektioniert. Keine Jury der Welt würde sie verurteilen.
    » Irgendwann kriege ich die alte Schachtel«, versprach Amanda. » Sie ist wie ein Stecken– rührt immer alte Scheiße auf.«
    » Okay.« Will versuchte, zu einem Abschluss zu kommen. Sara hatte seit fünf Minuten Feierabend. An diesem Morgen hatte er ein gemeinsames Mittagessen vorgeschlagen, aber er wusste nicht, ob sie sich daran erinnerte. Zu Amanda sagte er: » Bis morgen.« Und damit ging er auf den Aufzug zu. Zu seinem Entsetzen folgte Amanda ihm.
    Sie fragte: » Was hat Evelyn Ihnen erzählt?«
    Er lief schneller, versuchte, sie hinter sich zu lassen oder es ihr zumindest möglichst schwer zu machen, Schritt zu halten. » Die Wahrheit, hoffe ich.«
    » Ich bin mir sicher, sie ist irgendwo in ihrer Geschichte vergraben.«
    Will hasste es, dass sie bei ihm so leicht Zweifel säen konnte. Evelyn Mitchell war Amandas beste Freundin, aber die beiden Frauen waren sehr verschieden. Evelyn spielte keine Spielchen. Es machte ihr kein Vergnügen, andere zu demütigen. » Ich glaube, sie hat mir gesagt, was ich wissen muss.« Er drückt auf den Abwärts-Knopf des Aufzugs. Er konnte es sich nicht verkneifen. » Sie sagte, dass Sie stolz auf mich sind.«
    Amanda lachte. » Na, das klingt aber überhaupt nicht nach mir.«
    » Nein.« Will kam ein Gedanke. Vielleicht hatte sie die Wahrheit doch ein bisschen geschönt. Hatte sie ihm einen versteckten Hinweis gegeben? Will merkte, dass ihm plötzlich übel wurde.
    Sie sind wie ein Sohn für sie. Auf mehr Arten, als Sie ahnen.
    Sich auf den schlimmsten Tag in seinem Leben vorbereitend, drehte er sich zu Amanda um: » Werden Sie mir jetzt gleich sagen, dass Sie meine leibliche Mutter sind?«
    Ihr Lachen hallte durch den Korridor. Sie musste sich an der Wand abstützen, damit sie nicht umkippte.
    » Okay.« Er drückte noch einmal auf den Abwärts-Knopf. Und noch einmal. Und noch ein drittes Mal. » Schon verstanden. Sehr lustig.«
    Sie wischte sich die Tränen aus den Augen. » Ach, Will, glauben Sie wirklich, aus einem Sohn von mir könnte ein Mann wie Sie werden?«
    » Wissen Sie, was?« Er beugte sich vor, damit er ihr in die Augen sehen konnte. » Ich nehme das als Kompliment, und Sie können mich nicht davon abhalten.«
    » Machen Sie sich nicht lächerlich.«
    Er ging auf die Feuertreppe zu. » Vielen Dank, Amanda, dass Sie so etwas Nettes zu mir gesagt haben.«
    » Kommen Sie wieder her.«
    Er stieß die Tür auf. » Ich werde es für immer im Herzen bewahren.«
    » Wagen Sie es nicht, einfach so von mir wegzumarschieren.«
    Doch genau das tat Will, er nahm immer zwei Treppen auf einmal und wusste ganz sicher, dass sie ihm mit ihren kurzen Beinen nicht folgen konnte.

22 . Kapitel
    S ara nahm ihre Lesebrille ab und rieb sich über das Gesicht. Seit mindestens zwei Stunden saß sie im Ärztezimmer am Tisch. Die Patientenakte auf dem Klemmbrett vor ihr verschwamm vor ihren Augen. In den letzten vier Tagen hatte sie insgesamt sechs Stunden geschlafen. Der Grad der Erschöpfung erinnerte sie an ihre Assistenzzeit, als sie auf einer Pritsche im Besenschrank hinter dem Schwesternzimmer übernachtet hatte. Grady hatte milliardenschwere Renovierungen hinter sich, seit sie das letzte Mal in der
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