Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Harte Schule

Harte Schule

Titel: Harte Schule
Autoren: Christine Lehmann
Vom Netzwerk:
und dass Sie ein Verhältnis mit Marquardt hatten.«
    »Leider«, sie lächelte verschärft, »habe ich versäumt, Ihnen zu sagen, wie primitiv und ordinär Sie sind. Sie verwechseln nämlich eine therapeutische Beziehung mit einer Affäre. Offensichtlich können Sie sich nicht vorstellen, dass es auch andere zwischenmenschliche Beziehungen gibt.«
    »Ihr Mann offenbar auch nicht«, sagte ich. »Er bändelt mit jeder Volontärin an, aber Ihnen gönnt er kein Abenteuer.«
    Das Lächeln gefror auf Margots Gesicht. Hermann hüllte sich in Wolken. Richards Hand schweißte.
    »Der arme Marquardt«, sagte ich, »musste nämlich erst die Hosen runterlassen, damit Ihr Mann ihm glaubte, dass er nichts mit Ihnen hatte. Nur diese eine Chance sah der erschrockene, der in die Enge getriebene Lehrer, den ganzen Kerl zu überzeugen, der ihn am Wickel hatte. So ein starker Mann, dachte das Lehrerlein bei sich, glaubt nämlich an den ganzen organischen Protz. Also zeigte er ihm auf dem verschwiegenen dunklen Schulhof seinen Haken. Doch mit Hosen in den Kniekehlen ist schlecht stehen. Vielleicht schubste der gehörnte Gatte auch noch, da er plötzlich argwöhnte, dass dieser Enterhaken anstel le des Rüssels beim Weibe ganz ungeahnte Lüste auslösen könnte. Eifersucht ist eine Form von Stress, die unflexibel macht; ein Zurück gab es nicht mehr, man macht sich ja ungern lächerlich. Außerdem lag der Lehrer schon, den Betonkübel im Genick, womöglich so schwer verletzt, dass es in jedem Fall eine Suche nach dem Gewalttäter geben würde. Und wenn er aufwachte, dann war Hermann Elsäßer benannt. Also stach er zu, hatte er doch den Korkenstecher extra mitgenommen, als er losfuhr, um seine Frau in flagranti in der Turnhalle zu erwischen.«
    Elsäßer sackte etwas in seinem Sessel zusammen und blickte Richard an. »Du beschuldigst mich des Mordes? Du?!«
    Richard zog seine Hand aus meiner. »Nach meinem Rechtsverständnis begründet private Kenntniserlangung eine Pflicht zum Einschreiten bei Straftaten, die nach Art und Umfang die Belange der Öffentlichkeit im besonderen Maße berühren, in jedem Fall aber bei Kapitalverbrechen. Als Staatsanwalt kann ich dir nur raten, dich nicht zum Sachverhalt zu äußern, wenn du befürchten musst, dich selbst zu belasten, und einen Rechtsanwalt aufzusuchen. Bislang gibt es keinen Tatbeweis. Der erwähnte Korkenzieher weist keine verwertbaren Fingerabdrücke auf. Dein blauer BMW wurde zwar zur Tatzeit vor der Schule gesehen, aber nicht zweifelsfrei identifiziert.«
    Elsäßer schnaufte und qualmte, dass die Funken sprühten.
    Margot beherrschte nur mühsam den Reflex, die herabregnenden Funken zu haschen und zu löschen, ehe sie Löcher in Sessel und Hosen brannten. »Pass doch auf, Hermann!«
    »Haben Sie denn«, wandte ich mich an sie, »an jenem Dienstagabend Ihren Schlüsselbund nicht vermisst, zumindest den Schlüssel für das Tor zum Bolzplatz und hinteren Schulhof? Sie wussten doch, dass Ihr Mann Ihnen nachspionierte, wenn Sie abends Ihre Freundinnen besuchten. Hätten Sie nicht fairerweise Marquardt warnen müssen? Ihnen war doch bekannt, dass der Dienstagabend unterrichtete.«
    »Von Ihnen lasse ich mich nicht provozieren!«
    »Sie haben sich darüber beklagt, dass Marquardt sich nicht in Sie verliebt hat, was er bei so viel freundschaftlichem Aufwand Ihrerseits unbedingt hätte tun müssen. Das geht tief, nicht wahr, wenn man als Frau mal ein gewisses Alter erreicht hat. Dieser saftlose Softwürfel, dieser auf Zuneigung erpichte Harmonietrottel, über den alle lachten, nur Sie nicht, dachte gar nicht daran, die traute seelische Nähe, die Sie ihm anboten, begehrlich auszunutzen. Solche Niederlagen schmerzen. Ein bisschen Prügel geschieht so einem Tropf ganz recht, denkt man sich, und die martialische Eifersucht des Gatten ist immerhin Entschädigung genug und billiger Liebesbeweis.«
    Sie sprang auf. »Du miese kleine …«
    Richard sprang auf. Ich sprang auf. Der Eichentisch versperrte in Kniehöhe weitere Annäherungen, aber der Wein zitterte in den Kelchen.
    »Hermann …« Richard räusperte sich. »Ich … ich werde nicht umhinkönnen, die ermittelnde Staatsanwältin von der neuen Entwicklung in Kenntnis zu setzen. Wel che Maßnahmen sie dann ergreift, bleibt ihrem Urteil überlassen. Ich hoffe allerdings …«
    »Ich fasse es nicht!« Elsäßer schüttelte den bärtigen Schädel. »Du hältst mich tatsächlich für fähig, einen Mord zu begehen. Du kommst in mein Haus, nur um mir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher