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Harte Schule

Harte Schule

Titel: Harte Schule
Autoren: Christine Lehmann
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Zündschlüssel zog.
    Er hielt inne. »Was?«
    »Jöran hat dir doch nach dem Treffen im Besen erzählt, wie Beckstein ihre Vernehmungen führte. Außerdem wusstest du damals schon, dass die beiden Polizisten Zabel und Juncker im Club arbeiteten. Aber gestern Abend willst du nicht gewusst haben, was mir blühte?«
    Richard verhielt, wie ein Kind kurz vor dem Schlag.
    »Ist es dir lieber«, fragte ich, »wenn ich dich für einen Idioten halte oder für ein rachsüchtiges Arschloch?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Willst du wirklich auf deiner Aussage bestehen, dass du wie ein kopfloses Huhn durch den Friedhof sprintest, um den Kultusminister mit mir zu erwischen? Musste Weininger wirklich in der Zentrale nach dem Status von Zabel/Junckers Wagen fragen, bevor ihr nachschauen gehen konntet, was am Güterbahnhof passiert? Nein. Dir ging es nicht um Bollach, sondern nur um Fuhr und Beckstein. Dein Plan war, dass Zabel und Juncker mich mitnehmen. Von wegen, du wolltest verhindern, dass Beckstein mich in die Finger bekommt. Im Gegenteil. Und fast wären dir noch die vier Kinder dazwischengekommen. Hätten sie mir nicht am Güterbahnhof das Leben gerettet, dann hättest du Zabel und Juncker gleich als Killer verhaften können, mit der Zugabe Bollach als Auftraggeber und Beckstein als Organisatorin.«
    »Das …«, Richard räusperte sich, »das war so nicht geplant. Glaub mir. Ich habe einen furchtbaren Fehler gemacht. Das werde ich mir nie verzeihen.«
    »Unglaublich! Du gibst zu, dass ich dein Lockvogel war?!«
    »Lisa …«
    »Ihr habt mich tatsächlich in diesem Keller schmoren lassen, um Beckstein auf frischer Tat zu ertappen. Hattet ihr nur Mikrofone installiert oder auch eine Kamera? Ra che ist so süß!«
    »Nein, Lisa, hör auf! Sag das nicht. Jeden Vorwurf kannst du mir machen, aber nicht den der Rachsucht. Wofür auch? Dafür, dass du mich immer wieder vor die Aufgabe stellst, meine Vorstellungen von Partnerschaft zu überprüfen? Für den Wunsch, dich in den Griff zu kriegen, müsste ich mich selbst an die Wand stellen. Ich bin ein Idiot, auch wenn du die Güte hast, mich für ein intelligentes Arschloch zu halten. Dass ich zu viel Phantasie hätte, hast du mir nie vorgehalten. Wie wenig ich habe, ist mir leider nur zu klar geworden. Ich konnte mir dich einfach nicht als Opfer vorstellen. Ich habe dich eingesetzt wie eine Schachfigur. Ich … ich weiß ja, wie du jemanden provozieren kannst. Ich habe mir nicht wirklich ausgemalt, was passiert. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Beckstein … was sie dir antun würde … Ich habe darauf gesetzt, dass du sie provozieren würdest, die Regie behalten, sie entlarven.«
    »Danke für das Vertrauen.«
    »Du hast allen Grund, verbittert zu sein. Ich hatte es nicht zu Ende gedacht. Ich habe wirklich nicht geglaubt, dass Beckstein so dumm sein würde … dass das passieren würde. Mein Gott, als wir merkten, was sie tat, dass sie dich … Wir sind sofort losgerannt. Aber wir saßen im anderen Flügel, drei Stockwerke drüber.«
    »Ich bin nur ein bisschen verrückt«, sagte ich, »aber du bist wahnsinnig. Und das Irre ist, es hat funktioniert.«
    Ihm war nicht zum Lachen zumute. Richard war ein formeller Mensch, der eigene Fehler durchaus pietistisch ein Leben lang, ohne Aussicht auf Ablass, als Unverzeihlichkeit kultivierte.
    »Und wie geht es nun weiter?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte er.
    »Dann werden wir uns wohl auf der Pressekonferenz im Landtag sehen.«
    »Was willst du denn dort schon wieder?!«
    »Ich bin von der Presse.« Ich stieg aus und beugte mich noch mal zur Tür hinein. »Übrigens, da fällt mir noch was ein. Du hast doch so einen dänischen Korkenzieher gekauft.«
    »Ein Weihnachtsgeschenk.«
    »Für welchen deiner Feinde?«
    »Für …« Richard zog die Brauen zusammen. »Nein, das glaube ich nicht.«
    »Für wen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Der ist kein Mörder, nie und nimmer!«
    Immerhin wusste Richard nun, dass ich an seinem Schreibtisch gewesen war. In wenigen Minuten würde er ergrübelt haben, dass ich dann auch das Dossier gesehen hatte, das er über mich angelegt hatte, aber da war ich schon auf dem Weg über die Straßenbahnschienen.

26
     
    Ich hastete durchs Labyrinth der Stellwände im Großraumbüro und suchte nach Isolde. Von Maier bis Ruth Laukin hatten alle sie schon gesehen, wussten aber nicht, wo sie gerade war. Dabei fiel ich Elsäßer in die Hände, der mich in sein Büro bat und sagte: »Nun erzählen Sie mal. Frau Ringolf
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