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Harte Schule

Harte Schule

Titel: Harte Schule
Autoren: Christine Lehmann
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in den Vorermittlungen ste cken, auch die gegen TVCinema. Kurt Holzer schickte ihm bald die DVDs direkt. So wurde Fuhr erpressbar. Er hat Holzer den Tipp gegeben. Beckstein sorgte außerdem dafür, dass Fuhr nicht erfolgreich gegen den Club in der Wörrishofener Straße vorgehen konnte. Wenn Fuhr das Gewissen plagte, machte sie ihm klar, dass er wegen Strafvereitelung im Amt mit einem Verfahren rechnen musste.«
    »Hat sie den Mord an Marquardt zugegeben?«
    »Bis jetzt nicht. Aber sie weiß auch, dass Mord noch einmal eine andere Qualität hat. Sie sorgte allerdings da für, dass sämtliche Hinweise auf Pädophilie aus Mar quardts Wohnung verschwanden. Außerdem beschuldig te sie Zabel und Juncker, ohne ihr Wissen den bewaffneten Überfall auf dich und mich geplant zu haben. Zabel und Juncker schwiegen sich gestern Nacht aus. Die Schüsse stammen jedenfalls nicht aus ihren Dienstwaffen. Im Moment werden alle Dienstwaffen ihres Reviers überprüft.«
    »Und was wird mit Bollach? Er hat sich wohl außer seiner Neigung für minderjährige Knaben nichts zuschulden kommen lassen. Vielleicht hätte er mich sogar aus den Fängen von Zabel und Juncker befreit, wenn nicht die Kinder dazwischengekommen wären, von denen er auf keinen Fall gesehen werden wollte.«
    Richards Augen wanderten zum Radio neben der Mik rowelle. »Wir geben ihm die Chance zurückzutreten und die Aufhebung der parlamentarischen Immunität zu beantragen. Geschieht das nicht, bleibt uns die vom Grundgesetz gegebene Möglichkeit, Bollach nicht nur während der Tat, sondern auch noch einen Tag danach zu verhaften. Das Treffen mit dir gestern Abend ist mit Hil fe der Scherben des Rücklichts seines Dienstfahrzeugs an der Betonmauer am Nordbahnhof nachweisbar. Er wird auf die Frage antworten müssen, wie sein Wagen dorthin kam. Doch dürfte es in der Tat schwierig werden, ihm eine Beteiligung an eventuellen Morden im Zusammenhang mit Becksteins Machenschaften und seinen eigenen sexuellen Neigungen nachzuweisen. Allerdings hat Bollach auch so mit dem durch Jöran Fischers Aussage glaubhaft gemachten sexuellen Missbrauch Minderjähriger eine Straferwartung von vier bis sechs Jahren.«
    Wenn Richard anfing, die Sätze juristisch aufzudrechseln, dann sehnte er sich danach, einem Gespräch zu entkommen, zumindest den persönlichen Aspekten. Er hatte sehr wohl verstanden, dass meine Eingangsfrage, wie es weitergehe, nicht unbedingt Becksteins Untaten gegolten hatte. Jetzt hatte ich das Gefühl, dass ich ihn schonen musste, weil seine Angst so groß war, er könne nach den Ereignissen im Folterkeller etwas Gefühlloses sagen, das mich noch einmal verletzte. In Wahrheit stand er so ratlos in der Küche herum, weil er glaubte, er dürfe mich jetzt nicht alleine lassen. Lieber wäre er ins Amt gegangen. Darum forderte ich ihn auf, mich heimzubringen.
    Die Fahrt die Weinsteige hinab, immer dem Stern auf dem Kühler hinterher, brachte, während ich versuchte, ein Gespräch in Gang zu bringen, meine Gedanken ins Stolpern. Richard drängelte aufs Garstigste an jeder Schlange vorbei und vorne wieder hinein und redete von Verfahrensfragen. Sie hatten außer Fuhr, Beckstein und Zabel/Juncker noch vier weitere Personen festgenom men, darunter Kurt Holzer, der seinen inländischen Por nohandel mit Ausfuhrabrechnungen getarnt hatte, selber weder schwul noch sexuell pervers, sondern nur an ei nem interessiert, an viel Geld.
    Sonnenreflexe sprangen von allen Autodächern, als ob es Frühling werden wollte, und ich dachte hin und wie der: Da stimmt doch etwas nicht.
    Die auf unserem Weg zwischen Oper und Landtag aufgefahrenen Übertragungswagen deuteten auf ein großes Ereignis hin. Die Pressekonferenz war auf elf Uhr angesetzt, informierte mich Richard. Er fuhr an meiner Haustür vorbei, denn vor dem Drogeriemarkt und der Schilderdruckerei parkten die Autos dicht an dicht, und wendete verbotenerweise an der nächsten Kreuzung über die Schienen. Offenbar war er entschlossen, mich erst im Hinterhof der Staatsanwaltschaft aus seiner Nobelkarosse steigen zu lassen, obgleich eine Frau kaum mehr nach Schlampe aussehen konnte als ich im Moment in seinem Trainingsanzug mit Lederjacke darüber und den eigenen Klamotten in einer Plastiktüte. Was musste er unter Schuldgefühlen leiden, wenn er es auf sich nahm, im Innenhof unter all den Fensteraugen eine Szene aus dem Stück »Der Schöne und das Biest« zu inszenieren.
    »Aber eines verstehe ich immer noch nicht«, sagte ich, als er den
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