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Dragon Sin: Roman (German Edition)

Dragon Sin: Roman (German Edition)

Titel: Dragon Sin: Roman (German Edition)
Autoren: G. A. Aiken
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Prolog
     
     
    Das Mädchen schlief. Aber nicht tief. Sie hatte keinen tiefen Schlaf mehr und schlief nie ohne Waffe. Zu oft hatte es mitten in der Nacht Angriffe auf das Lager gegeben. Zu oft hatte sie die eigenen Soldaten dabei erwischt, wie sie in ihr Bett schlüpfen und von ihr das bekommen wollten, was sie sich bei den Lagermädchen nicht leisten konnten. Diejenigen Soldaten, die den Versuch überlebt hatten, wurden für gewöhnlich nach Hause geschickt – nicht wegen dem, was sie getan hatten, sondern weil wegen der eingebüßten Körperteile in einer Schlacht nicht mehr viel von ihnen zu erwarten war.
    Doch sie hatte keine Ahnung, ob es der leichte Schlaf oder ihre geschärften Instinkte waren, die ihr befahlen, aufzuwachen und sich zu erheben. Leise schlich sie an den anderen schlafenden Knappen vorbei, trat hinaus in die Nacht und folgte dem Weg, den ihre Instinkte ihr wiesen, bis zu einem kleinen Wäldchen rechts vor dem Lager. Dort fand sie die Frau. Sie stahl sich gerade ohne ihre Wachen aus dem Lager, ohne Truppen und Pferd, hatte nur einen Reisesack dabei und sich zwei Schwerter auf den Rücken gebunden. Sie ging allein, denn sie war tapfer. Und sie war verzweifelt. Und selbst wenn sie einen guten Tag hatte, war sie mehr als nur ein wenig verrückt.
    Ohne ein Wort zu sagen, rannte das Mädchen zurück zu seinem Zelt, holte sein eigenes Reisegepäck, das Schwert und die Streitaxt sowie seine wärmsten Stiefel und den Umhang. Lächelnd kehrte sie an die Seite der Frau zurück.
    »Du hast doch nicht geglaubt, ich lasse dich ohne mich davonziehen, oder? Mein Platz ist an deiner Seite.«
    »Du wirst vermutlich deinen Tod an meiner Seite finden, wenn du mich begleitest. Das kann ich nicht erlauben.«
    »Wenn du ohne mich gehst, wird das Lager nicht erst innerhalb der nächsten Tage, sondern schon in wenigen Sekunden erfahren, dass du weg bist.«
    Hellgrüne Augen glitzerten sie an, aber nachdem das Mädchen sie fünf Jahre lang täglich gesehen hatte, zuckte es nicht mehr vor Angst zurück. Während der vielen Jahre, die dieser Krieg nun schon andauerte, hatte es gelernt, wie weit es gehen konnte – und wo sich die Grenzen befanden.
    »Ich übernehme keine Verantwortung für dich, kleines Mädchen. Und du musst durchhalten.«
    »Wann tue ich das nicht?«, erwiderte das Mädchen barsch.
    »Pass auf, was du sagst. Ich bin noch immer deine Königin.«
    »Und deshalb brauchst du mich. Keine Kriegskönigin kann ohne ihren Knappen sein.«
    »Knappe? Wann hast du zum letzten Mal mein Pferd gewaschen?«
    »Als ich keinen anderen gefunden habe, der das für mich tat.«
    Die Königin grinste; die Narbe, die sie vor vier Jahren in einer Schlacht erhalten hatte, erstreckte sich über ihr ganzes Gesicht. Sie verlief von der Schläfe über die Stirn, die Nasenwurzel, die Wange und endete schließlich am Hals. Die Klinge hatte keine wichtigen Blutgefäße getroffen, und die Wunde war gut verheilt, nachdem sie mit einigen Stichen genäht worden war. Aber die Narbe war geblieben, und die Königin hatte nichts dagegen unternommen. Für den Feind sah es nun umso mehr danach aus, dass die Gerüchte stimmten, sie sei eine Untote, denn wie konnte jemand einen solchen Schnitt überleben? Und was die Einstellung der Königin zu dieser Narbe anging – nun, sie schaute sowieso nicht oft in den Spiegel.
    »Dann sollten wir uns davonmachen, Knappe, bevor sie herausfinden, dass wir verschwunden sind.«
    Sie drangen tiefer in den Wald ein, der das Lager umgab, aber schon nach wenigen Minuten mussten sie stehen bleiben, als sie auf den menschlichen Körper einer jungen Drachin trafen, die bewusstlos vor ihnen lag. Ein Opfer von zu viel Alkohol.
    »Was sollen wir mit ihr machen?«, fragte die Königin.
    »Wir können sie nicht einfach hier liegen lassen. Außerdem wäre es gut, für alle Fälle einen Drachen an unserer Seite zu haben.«
    »Gutes Argument.« Sie hoben die Drachin auf, die sogleich alles erbrach, was sie getrunken hatte, und stützten sie, bis sie allein gehen konnte.
    Nach einiger Zeit fragte die Drachin: »Wohin sind wir unterwegs?«
    »Nach Westen«, antwortete die Königin.
    »Unsere Feinde sind im Westen.«
    »Aye.«
    »Sie werden uns töten, wenn sie uns finden.«
    »Aye.«
    »Aber zuerst werden sie uns foltern.«
    »Aye.«
    »Ich vermute also, ihr habt einen Plan.«
    »Nicht wirklich.«
    Die Drachin stieß einen Seufzer aus. »Ich habe irgendwie gewusst, dass ich es bedauern würde, mit dem Achtzehnten Bataillon zu
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