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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring
Autoren: Anne Kathrine Green
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Hand!« bis ein keuchender Laut dazwischen kam, worauf wieder tiefe Stille eintrat.
    Gerechter Himmel! rief Ferris und eilte auf die Tür zu.
    Der Arzt hielt ihn zurück.
    Ruhe! gebot er, vielleicht spricht sie noch einmal, warten wir!
    Alle lauschten in angstvoller Spannung, aber das Schweigen ward nicht wieder unterbrochen. Nicht lange, so verkündete der Arzt, daß Frau Klemmens wieder in den früheren Zustand der Betäubung gesunken sei; ob sie noch einmal erwachen werde, ließ sich nicht vorhersagen.
    Tredwell, der Bezirksanwalt und der Detektiv atmeten wie erleichtert auf; als sie sich umschauten, sahen sie, daß sich das Fräulein mit der weißen Hand krampfhaft amFensterbrett festhielt; ihr Blick schweifte ins Weite, während Orkutt sie voll Zweifel und Bangigkeit zu betrachten schien. Sobald der Rechtsanwalt jedoch gewahrte, daß seine Freunde ihn beobachteten, verschwand der Ausdruck der Furcht aus seiner für gewöhnlich so ernsten, ruhigen Miene.
    Als sie jetzt wieder ins Zimmer zurückblickte, glaubte Byrd noch die letzten Spuren einer furchtbaren Angst in ihren Zügen zu erspähen. Auf Orkutt zutretend, sagte sie in heiserem Ton: Ich möchte nach Hause. Es ist schrecklich hier.
    Der Rechtsanwalt war nur zu gerne bereit, ihrem Wunsche zu willfahren; aber noch ehe sie das Haus verlassen konnten, wartete ihrer ein neues Grauen. An der Tür der Sterbenden erschien abermals der Arzt mit erhobener Hand.
    Still, sagte er, sie bewegt sich wieder, als wollte sie sprechen.
    Wieder lauschten sie in atemloser Spannung, bis das leise Murmeln allmählich deutlicher wurde und sie Worte vernahmen, bei denen ihnen das Blut in den Adern erstarrte. Orkutt und das Weib an seiner Seite prallten auseinander, als sei ein zweischneidiges Schwert zwischen sie gefahren.
    »Fluch über ihn,« klang es von dem Bette her, »Fluch über den Bösewicht! Ihn soll die Rache des Himmels ereilen, wo er geht und steht!«
    Bleich und entsetzt starrten die Anwesenden einander an, als sähen sie schon die rächende Hand das Haupt des Schuldigen berühren. Schon im nächsten Augenblick hatte Imogen die Tür aufgerissen und war wie ein gescheuchtes Wild auf die Straße gestürzt, ehe noch Orkutt sich aus seiner Betäubung aufraffen konnte, um ihr zu folgen.

Drittes Kapitel.
    Dürfte ich wohl fragen, wer die junge Dame ist? erkundigte sich Byrd bei dem Bezirksanwalt, der mit ihm abseits in einer Ecke des Eßzimmers stand.
    Eben trat Rechtsanwalt Orkutt wieder ins Zimmer zurück, nachdem er vergeblich versucht hatte, die Flüchtige einzuholen.
    Es ist Fräulein Dare, erwiderte Ferris in gedämpftem Tone, eine vielbewunderte Schönheit; man sagt, sie stehe im Begriff, sich zu verheiraten mit – Er unterbrach sich und warf einen bedeutsamen Blick auf Orkutt, ohne jedoch den Satz zu vollenden.
    Wirklich! rief der Detektiv, der jetzt Orkutt, in welchem er bisher nur den scharfsinnigen Kriminalisten gesehen hatte, mit ganz neuem Interesse betrachtete.
    Der Rechtsanwalt war ein kleiner blonder, beweglicher Herr in den vierzigen, von guter Haltung und leichten Umgangsformen, aus dessen gefälligen Gesichtszügen jetzt indessen eine geheime Besorgnis sprach, die er vergebens zu bemeistern trachtete. Doktor Tiedwell war ein schönerer Mann und Ferris höher von Wuchs, aber doch machte Orkutts ganze Persönlichkeit einen tieferen Eindruck und erschien Byrd wohlgeeignet, dem weiblichen Gemüt Bewunderung, vielleicht auch Zuneigung einzuflößen.
    Das Fräulein scheint großen Anteil an dem Ereignis zu nehmen, bemerkte der Detektiv wieder zu Ferris gewandt.
    Das ist so Frauenart, entgegnete dieser leichthin. Aber aus Fräulein Dare ist im allgemeinen nur schwer klug zu weiden – bald zeigt sie mehr Gefühl als man erwartet, bald weniger.
    Orkutt trat jetzt näher. Mir scheint, sagte er mit nicht mißzuverstehender Beziehung auf den ihm fremden, jungen Mann, es sollten bei dieser Sache so wenig Personen wie möglich beteiligt sein!
    Erlauben Sie, Orkutt, daß ich Ihnen Herrn Byrd vorstelle, nahm Ferris sogleich das Wort; er steht im Dienste der Polizei und hat mir in dem Kriminalfall, der heute verhandelt wurde, Beistand geleistet.
    Ein Detektiv also! sagte der Rechtsanwalt, Byrd mit prüfendem Blick betrachtend. Schade, fügte er verbindlich hinzu, daß die Pflichten, die Sie übernommen haben, Sie hindern, sich dem Gericht in Sachen dieses geheimnisvollen Mordanfalls zur Verfügung zu stellen.
    Sich höflich gegen Byrd verbeugend, nahm Orkutt wieder
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