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Der Turm von Zanid

Titel: Der Turm von Zanid
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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    D r. Julian Fredro erhob sich mit wackligen Knien von der Pritsche, schwankte einen Moment und fand dann sein Gleichgewicht. Die Schwester in der Krankenstation von Novorecife hatte die Saugelektroden entfernt. Das Blitzen und Drehen in seinem Kopf hatten aufgehört. Trotzdem fühlte er sich immer noch ein wenig benommen. Die Tür öffnete sich, und Herculeu Castanhoso, der eichhörnchenartige kleine Sicherheitsoffizier des terranischen Raumflughafens, kam mit einem Stoß Papiere herein.
    »Das wär’s, Senhor Julian«, sagte er im Brasilo-Portugiesisch der Raumfahrtlinien. »Die Papiere sind alle in Ordnung, aber Sie vergewissern sich am besten noch einmal selbst. Sie haben die Erlaubnis, Gozashtand, Mikardand, die Freistadt Majbur, Qirib, Balhib, Zamba und alle anderen befreundeten krishnanischen Länder zu besuchen, mit denen wir diplomatische Beziehungen unterhalten.«
    »Ist gutt«, sagte Fredro.
    »Ich brauche Sie wohl nicht auf die Verordnung 368 hinzuweisen, die es Ihnen untersagt, Informationen über terranische Wissenschaft und Technik an Eingeborene der H-Typ-Planeten weiterzugeben. Die Pseudohypnose, der Sie soeben unterzogen wurden, macht Ihnen das ohnehin unmöglich.«
    »Entschuldigung«, sagte Fredro, der Portugiesisch mit einem harten polnischen Akzent sprach, »aber mir scheint – wie sagt man auf Englisch? –, als wäre das so, als wollte man Stalltir verschließen, wenn Katze schon aus däm Sack ist.«
    Castanhoso zuckte die Achseln. »Was soll ich tun? Die Leckstelle trat auf, bevor wir die künstliche Pseudohypnose hatten, die vor den Saint-Remys Forschungen über die telepathischen Kräfte der Osirer vor ein paar Jahrzehnten noch unbekannt war. Als mein Vorgänger Abreu noch Sicherheitsoffizier war, bin ich einmal mit ihm losgezogen, um eigenhändig ein Dampfschiff zu zerstören, das ein Erdenmensch für Ferrian, den Pandr von Sotaspé, konstruiert hatte.«
    »Das muss aufregend gäwesen sein.«
    »Aufregend ist nicht das passende Wort, Senhor Doktor Julian«, meinte Castanhoso mit einer energischen Gebärde. »Das Wunder ist nur, dass die Krishnaner nicht mehr gelernt haben: zum Beispiel, wie man Feuerwaffen oder Maschinen baut. Natürlich behaupten einige, dass es ihnen dazu an der notwendigen angeborenen Originalität fehle … Da wir gerade von Prinz Ferrian sprechen, besuchen Sie auch Sotaspé? Er regiert die Insel noch immer – eine äußerst lebhafte und interessante Persönlichkeit.«
    »Nein«, sagte Fredro. »Ich fahre in entgägengäsetzte Richtung, nach Balhib.«
    »So? Ach. Nun, dann wünsche ich Ihnen eine angenehme Reise. Das geht jetzt weit bequemer, seit man mit der Bishtar-Bahn bis nach Zanid durchfahren kann. Was erhoffen Sie sich eigentlich von Ihrem Besuch in Balhib, wenn ich fragen darf?«
    Fredros Augen nahmen einen entrückten Glanz an, wie bei einem, der nach hartem Tagwerk eine Flasche Whisky in der Ferne sieht. »Ich will Gäheimnis des Safq lösen.«
    »Sie meinen dieses gewaltige künstliche Schneckenhaus?«
    »Ganz recht. Die Lösung dieses Rätsels wäre die passende Krönung meiner Karriere. Und danach wärde ich mich zurickziehen – ich bin jetzt fast zweihundert – und den Rest meiner Tage damit verbringen, mit meinen Urur-urururenkeln zu spielen und iber die Arbeit meiner jingeren Kollegen die Nase zu rimpfen. Obrigado fir Ihre Liebenswirdigkeit, Senhor Herculeu. Ich mache doch bloß Besichtigungsreise – und Sie stehen da wie Häufchen Elend mit Daumen im Mund.«
    »Sie meinen, mit dem Finger im Deich. Es ist entmutigend, wenn man sieht, dass der Deich schon an vielen Stellen gebrochen ist. Die Technologieblockade wäre vielleicht ein Erfolg gewesen, wenn man sie von Anfang an strikt angewandt hätte und wenn uns damals schon die Saint-Remy-Behandlung zur Verfügung gestanden hätte. Sie, Senhor, werden Krishna schon mitten im Umbruch erleben. Das wird bestimmt sehr interessant.«
    »Däshalb bin ich hier. Ate a vista, Senhor.«
     
    Es war das Fest des ›Anerik‹, und das vergnügungssüchtige Volk von Zanid beging seinen Feiertag auf der staubigen Ebene im Westen der Stadt.
    Jenseits des seichten, schlammigen Eshqa hatte man eine Fläche von mehr als einem Quadrathoda abgesteckt. Auf einem Teil davon veranstalteten kräftige junge Krishnaner Wettrennen mit Shomals und Ayas – teils, indem sie die Tiere selbst ritten, teils, indem sie sie vor Kampfwagen, vierrädrige Einspänner oder sonstige Gefährte spannten. Auf einem anderen Teil des
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