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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring
Autoren: Anne Kathrine Green
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ich nicht wissen, Herr, wie die Sachen stehen? krächzte sie. Gewiß können Sie mir sagen, was das schöne Fräulein mit der Geschichte zu tun hat!
    Wer? –
    Ich meine das naseweise junge Ding, das glaubt, es habe nur zu befehlen, und alle müßten ihr Platz machen. Sie ist dabei beteiligt, das lasse ich mir nicht nehmen – was hätte sie sonst hier zu suchen gehabt?
    Byrd konnte sich eines unheimlichen Gefühls nicht erwehren, als er seinen eigenen geheimen Argwohn aus dem Munde dieses widerlichen Geschöpfs vernahm. Fräulein Dare hat nicht das geringste mit der Mordtat zu tun, erwiderte er, sie kennt die Frau gar nicht und nimmt nur Anteil an ihrem Unglück.

    Hi, hi, hi! kicherte die Alte, sobald eine nur ein hübsches Lärvchen hat, macht sie die Männer alle zu Narren.Was das für ein Anteil war, stand ihr ja im Gesicht geschrieben, und für nichts und wieder nichts stürmt man nicht so in ein fremdes Haus hinein. Nun, wir werden's ja sehen! Ein Mord läßt sich nicht vertuschen, und da wird sich's zeigen, was das schöne Fräulein damit zu schaffen hat.
    Die letzten Worte sprach die Alte mit so eigentümlicher Betonung, daß es Byrd auffallen mußte. Halt! rief er, wenn Sie etwas von Fräulein Dare wissen, was uns andern verborgen ist – dann, heraus damit, sogleich! Spricht aber nur Bosheit aus Ihnen, fügte er in aufwallendem Zornhinzu, haben Sie nur gesehen, daß das Fräulein das Haus der Witwe in großer Bestürzung verließ und wollen Sie darauf Ihre verleumderischen Anspielungen gründen, so hüten Sie sich! Herr Ferris und Herr Orkutt lassen nicht mit sich spassen und werden nicht dulden, daß Sie mit Ihrem Geschwätz den Ruf der jungen Dame besudeln!
    Dabei packte er das Weib beim Arm.
    Die Wirkung der Drohung war eine augenblickliche. Sich von ihm losmachend, krächzte die Alte: Was sollte ich wohl wissen? Nichts, als was aus jeder Miene und Gebärde des Fräuleins sprach. Wenn Sie's nicht verstehen können, ist's Ihr Schaden. Damit hinkte sie schnell die Straße hinunter und sah sich von Zeit zu Zeit kopfschüttelnd um, als wollte sie sagen: Die Reihe kommt schon noch an mich; dann will ich reden, und niemand soll mir's wehren!
    In nachdenklicher Stimmung begab sich der junge Mann nach dem Gerichtsgebäude. Hatte er denn ganz und gar vergessen, daß er Detektiv war? Anstatt die Alte in Schrecken zu setzen, hätte er die Gelegenheit ergreifen sollen, ihr auf geschickte Weise alles abzufragen, was sie etwa wußte. Was hatte ihn nur vermocht, so ganz ungeschäftsmäßig zu handeln? War der Eindruck, den Fräulein Dares Schönheit auf ihn gemacht hatte, seine Bewunderung ihrer Reize wirklich so groß, daß ihm alles daran lag, in seinem eben erst neu befestigten Glauben an sie nicht wieder irre zu werden? – Anders ließ es sich nicht erklären. – Aber gesetzt, sie war unschuldig, wie der Coroner mit solcher Sicherheit behauptete, gesetzt, es sprach nur Haß und Bosheit aus den Reden der greulichen Hexe, war es dann nicht seine Pflicht, das Fräulein vor der giftigen Zunge der Alten zu warnen oder wenigstens ihren Freund, den Rechtsanwalt, sofort von jenen verleumderischen Worten in Kenntnis zu setzen? – Wenn ein Mädchen, das meinem eigenen Herzen nahe stände, so schändlich verlästert würde, müßte ich da nichtwünschen, es zu erfahren, um die Geliebte schützen zu können? fragte er sich.
    Diese Betrachtungen hatten zur Folge, daß Byrd nach beendeter Gerichtsverhandlung Orkutt beiseite zog, um, wenn auch mit innerem Widerstreben, die Frage an ihn zu richten, ob er wisse, daß die junge Dame, mit der sie heute im Hause der Frau Klemmens zusammengetroffen seien, hier in der Stadt eine Feindin besitze, die es sich angelegen sein lasse, böswillige Verleumdungen über sie zu verbreiten.
    Der Rechtsanwalt sah ihn verwundert und mißtrauisch an. Ich verstehe Sie nicht, sagte er, was lassen sich für Beschuldigungen gegen eine Dame von Fräulein Dares Ruf und Stellung vorbringen?
    Das Weib behauptet, meinte Byrd, Fräulein Dare müsse ein besonderes geheimes Interesse an der heute begangenen Mordtat haben, sonst wäre sie nicht voll Schrecken in das Haus der Frau Klemmens gestürzt. Ich habe getan, was ich konnte, um ihr die Unhaltbarkeit eines solchen Argwohns zu beweisen, aber ich fürchte, ich habe sie nur für den Augenblick zum Schweigen gebracht, und sie wird ihre alberne Geschichte bald weiter erzählen.
    Orkutt ließ einen zornigen Ausruf hören; Byrd bemerkte, daß er bleich geworden
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