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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring
Autoren: Anne Kathrine Green
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Helene?
    So weißt du es nicht? Die Ermordete war seine Frau, seit vielen Jahren mit ihm verheiratet.
    Seine Frau! Und er wagte es, mir von Liebe zu sprechen, mir die Hand anzutragen, die noch von dem Blut seiner Gattin befleckt war. O, der schändliche Bösewicht!
    Er ist tot! flüsterte Helene besänftigend.
    Imogen sank mit einem tiefen Seufzer in den Stuhl zurück. Ich darf nicht an ihn denken, rief sie; ich bin nicht stark genug. Aber Craik – Craik ist freigesprochen. – Welch ein Glück! –
    Nie ganze Stadt ist voll Freude darüber.
    Aus Imogens Augen leuchtete seliges Entzücken.
    Was habe ich kaum zu hoffen gewagt, sagte sie endlich. Herr Gryce versprach mir nur, der Bezirksanwalt würde die Anklage fallen lassen, und Craik in Freiheit gesetzt werden.
    Ich weiß, erwiderte Helene, allein der Angeklagte wollte sich dabei nicht beruhigen, er verlangte sein Urteil von den Geschworenen. Herr Ferris war großmütig genug, den Antrag auf Freisprechung zu stellen; als der Richter jedoch zögerte, darauf einzugehen, erhob sich der Obmann der Geschworenen und erklärte, sie seien bereit, ihr Urteil abzugeben.Der Richter war hiermit einverstanden, und es erfolgte einstimmig ein glänzendes »Nichtschuldig«.
    O Helene, Helene!
    Das geschah vor einer Stunde, berichtete die Freundin weiter, und noch immer schreien und jubeln sie draußen. Die Stadt ist schon seit mehreren Tagen in der größten Aufregung.
    Aber woher weißt du, was heute vor Gericht stattgefunden? fragte Imogen mit forschendem Blick.
    Herr Byrd hat es mir erzählt. Er kam, um dir Lebewohl zu sagen, weil er heute nachmittag nach Hause reist.
    Ich hätte ihn gern noch einmal gesehen, erwiderte Imogen.
    Meinst du? sagte die junge Frau kopfschüttelnd; mir scheint, es wäre besser so; es hätte dich aufgeregt.
    Als aber nach einer Weile Gryce angemeldet wurde, hegte die junge Frau kein Bedenken, den wohlwollenden freundlichen Herrn ohne weiteres vorzulassen. Gryce war offenbar nicht zum erstenmal hier im Hause, und auch er hielt eine frohe Botschaft für die beste Arznei.
    Nun, sagte ich's nicht, Sie sollten sich mir anvertrauen, ich würde schon alles ins reine bringen? rief er mit strahlendem Lächeln. Jetzt sehen Sie, daß ich recht hatte.
    Wie soll ich Worte finden, Ihnen zu danken? erwiderte Imogen gerührt. Sie haben zwei Menschen das Leben gerettet, Herr Gryce, ihm und mir.
    Bitte, bitte, rief der Detektiv abwehrend, was ich dabei getan habe, ist nicht der Rede wert. Wäre der große Baumast nicht herabgefallen, Orkutts Gewissen hätte sich schwerlich geregt. Was dann aus uns geworden wäre, weiß ich freilich nicht, denn mit Mansells Angelegenheit sah es schlimm genug aus.
    Imogen schauderte. –
    Ich bin aber nicht hergekommen, um unerfreuliche Erinnerungenwachzurufen, fuhr Gryce fort, sondern um Ihnen Glück zu wünschen und frohe Genesung. – Wissen Sie denn, sagte er vertraulich näherrückend, wie Mansell überhaupt dazukam, Sie für schuldig zu halten?
    Nein, erwiderte sie trübe, wahrscheinlich weil sich der Ring an der Mordstätte fand, und er nicht glaubte, daß ich ihm denselben zurückgegeben habe.
    Bewahre, sagte Gryce eifrig, er hatte einen weit triftigeren Grund.
    Von dem Wunsche beseelt, auch das letzte Mißverständnis aufzuklären, teilte er ihr nun mit, welche Worte ihr Geliebter Frau Klemmens hatte sagen hören, als er an der Eßzimmertür stand.
    Imogen war tief erschüttert und wandte das Gesicht ab, um ihre Gemütsbewegung zu verbergen. Es lag etwas von ihrer alten Kraft in diesem innern Kampf.
    Wie seltsam, bemerkte sie nach einer Weile. Ich hatte einen so guten Grund, ihn für schuldig zu halten, und er ebensoviel Ursache zu seinem Verdacht gegen mich. Kein Wunder, daß wir aneinander irre wurden. Noch kann ich mir meine Zweifel nie verzeihen; die seinen sind weit eher zu entschuldigen. Wenn Sie ihn sehen, sagen Sie ihm, wie sehr Imogen Dare ihm dankt, daß er sich ihr gegenüber so edelmütig erwies, obgleich er glauben mußte, sie sei durch ein schimpfliches Verbrechen befleckt. Sagen Sie ihm, daß sein Argwohn weit gerechtfertigter war, als der meine, denn er kannte die Schwächen meines Charakters, während ich von ihm nichts wußte, was ihm nicht zur Ehre gereichte.
    Mir scheint, Sie täten weit besser daran, ihm das alles selbst zu sagen, Fräulein Dare.
    Dazu werde ich keine Gelegenheit haben. Mansell und ich werden uns nicht wiedersehen. Meine letzten Aussagen vor Gericht haben mir einen unauslöschlichen Makel
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