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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring
Autoren: Anne Kathrine Green
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meinte der Bezirksanwalt, wie er über die Straße schritt, mit raschem Gang, den Kopf erhoben – halt! unterbrach er sich plötzlich, eben fällt mir etwas ein, das sich sicher nicht mit der mörderischen Absicht zusammenreimen läßt, die Sie ihm zutrauen. Würde wohl ein Mensch, der solch einen höllischen Plan im Busen trägt, sich bücken, um etwas aufzuheben, das er auf der Erde liegen sieht?
    Hat Orkutt das getan? fragte Gryce mit bewundernswerter Selbstbeherrschung.
    Ja, vor der Haustür; ich erinnere mich noch deutlich daran. Ein Manu, der Mordgedanken hegt, bückt sich schwerlich nach einer Stecknadel.
    Aber vielleicht doch nach einem Diamantring.
    Einem Diamantring?
    Ja, Herr Ferris, entgegnete der Detektiv mit Nachdruck. Ohne es zu wissen, haben Sie soeben ein wichtiges Glied ergänzt, das bisher in der Beweiskette gegen den Rechtsanwalt fehlte. Sie haben die Frage beantwortet, wie der Ring, welchen Imogen Dare in Mansells Rocktasche steckte, in das Eßzimmer der Frau Klemmens gekommen sein kann, ohne daß der Angeklagte ihn dorthin trug.
    Mit kurzen Worten setzte er Ferris die näheren Umstände von Mansells Flucht auseinander und schloß damit, daß Orkutt den Ring vor der Tür gefunden und an den Finger gesteckt haben müsse, wo ihn Frau Klemmens erblickte, als er die Hand gegen sie erhob.
    Der Bezirksanwalt sah mit Schrecken, daß des Detektivs Verdacht gegen Orkutt immer bestimmtere Formen annahm. Seine Freundschaft für den Verstorbenen trieb ihn noch zu einem letzten Versuch, ihn zu rechtfertigen.
    Wie kam der Ring aber auf den Fußboden? fragte er beklommen, wenn Orkutt ihn an der Hand trug?
    Auf ganz natürliche Weise: er mochte an Fräulein Dares Ringfinger passen, aber für Orkutts kleinen Finger war er etwas zu weit und fiel zu Boden, als er nach dem Schlage die Hand sinken ließ, die das Knüppelholz hielt. Daß er in diesem Moment nichts davon merkte, ist nicht gerade verwunderlich. Als aber der Ring gefunden wurde, und Imogen Dare ihn als ihr Eigentum erkannte, muß seine Bestürzung groß gewesen sein – das war ein schlimmer Augenblick für ihn! Dazu kam dann noch der Ausruf der Witwe!
    Ferris sah düster vor sich nieder; des Freundes Aufregungbei jenem Auftritt war ihm noch deutlich erinnerlich. Also nicht Unwillen über Imogens seltsames Interesse an dem Verbrechen sollte ihn so erregt haben, sondern die Angst, daß ihr Argwohn auf ihn selber gefallen sein könne?
    Fräulein Dare sagt mir, daß Orkutt bei der ersten Zusammenkunft nach der Mordtat ihr seine Hand angetragen habe, fuhr Gryce fort. Sie meinen vielleicht, er habe damit zeigen wollen, wie fest sein Vertrauen zu ihr war? Ich aber sage, er tat es, um zu erfahren, ob sie Verdacht gegen ihn hege. –
    Der Bezirksanwalt war verstummt. –
    Auch die Verteidigung Mansells übernahm er aus ähnlichen Gründen, fuhr der Detektiv fort. Selbst wenn es ihm gleichgültig war, ob der um seines Verbrechens willen unschuldig Angeklagte freigesprochen wurde oder nicht, so wußte er doch aus Imogen Dares eigenem Munde, daß sie die Verurteilung ihres Geliebten nicht überleben werde. Er durfte also auf eine Vereinigung mit ihr nur hoffen, wenn sie aus Dankbarkeit dafür, daß er seinem Nebenbuhler das Leben gerettet hatte, einwilligte, sein Weib zu werden.
    Sie schildern ihn als vollendeten Bösewicht, versetzte Ferris voll Bitterkeit.
    War das nicht der Ausdruck, den sein Gesicht auf dem Sterbebette trug? fragte der Detektiv.
    Aber was kann ihn zu dem entsetzlichen Verbrechen bewogen haben? rief Ferris ratlos aus.
    Nichts anderes als seine Leidenschaft für Imogen Dare, verlassen Sie sich darauf – nur wie das alles zusammenhängt, weiß ich noch nicht zu sagen.
    Was soll die einfache, unbedeutende Frau Klemmens mit seiner Liebe für das Fräulein zu schaffen haben?
    Sie stand ihm offenbar im Wege. Wie das möglich ist, müssen wir noch ergründen.
    Vergessen Sie aber nicht, Herr Gryce, sagte der Bezirksanwalt mit großem Nachdruck, daß die Anklage gegen den hochgeachteten, angesehenen Mann vollkommen begründet werden muß, sonst kann es überhaupt nicht für gerechtfertigt gelten, sie zu erheben. Es müssen Beweise beigebracht werden, daß der Tod dieser Frau unumgänglich nötig war, wenn er nicht auf seine teuersten Hoffnungen verzichten wollte. Mit Indizienbeweisen, wie das Vorhandensein des Ringes an der Stätte des Mordes, ist es nicht getan. Der Ruf eines Mannes wie Orkutt darf auch nicht durch ein Wort, das er im Fieberwahn
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