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Hände weg von Zeitmaschinen

Hände weg von Zeitmaschinen

Titel: Hände weg von Zeitmaschinen
Autoren: Alfred Bester
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sowieso darin, derartiges zu vollbringen. Sobald er es herausgefunden hat, kann er es Ihren Psychologen und Ärzten beibringen. Dann können sie es uns lehren. Aber ein Dichter ist der einzige, der zwischen jenen Schockpatienten und Ihren Ärzten vermitteln kann.«
    »Ich glaube, Sie haben recht, Scrim.«
    »Dann schieben Sie es nicht länger hinaus, Carpenter! Diese Patienten kehren immer seltener in unsere Welt zurück. Wir müssen dieses Geheimnis in unseren Besitz gebracht haben, bevor sie ganz verschwunden sind. Schicken Sie einen Dichter in die Station T.« Carpenter griff zum Interkom. »Schicken Sie mir einen Dichter«, sagte er.
    Er wartete und wartete und wartete, während Amerika fieberhaft seine zweihundertundneunzig Millionen gestählten und geschliffenen Werkzeuge durchforstete, Werkzeuge, die darauf spezialisiert waren, den Amerikanischen Traum von Schönheit und Dichtkunst und den höheren Dingen des Lebens zu verteidigen. Er wartete darauf, daß man einen Dichter aufstöberte, und verstand diese schier endlose Verzögerung nicht, die fruchtlose Suche. Und er verstand auch nicht, weshalb Bradley Scrim angesichts dieses letzten, fatalen Verschwindens lachte und lachte und lachte.

Adam – und keine Eva…
     
     
     
    Krane wußte, daß vor ihm die Küste liegen mußte. Sein Instinkt sagte ihm das und noch mehr als der reine Instinkt die wenigen Fetzen des Wissens, die sein ausgebranntes Gehirn noch durchfluteten; die Sterne, die sich in der Nacht durch die vereinzelten Risse in der Wolkendecke gezeigt hatten, und sein Kompaß, dessen zitternder Finger immer noch nach Norden deutete. Das ist seltsam, dachte Krane. Die verwüstete Erde hatte ihren Pol behalten.
    Aber dort war keine Küste, kein Meer. Nur die schwache Kerbe von dem, was einst die Klippen gewesen waren, erstreckte sich endlos nach Norden und Süden, eine Linie aus grauer Asche, von der gleichen grauen Asche und Schlacke, die hinter ihm lag und die sich endlos vor ihm ausdehnte, feiner, knöcheltiefer Staub, der bei jeder Bewegung aufwirbelte und ihn zum Husten brachte; verschmolzene Überreste, die in den dichten nächtlichen Wolken umherwirbelten, wenn der scharfe Sturm toste; schwarzer Staub, der zu Schlamm zusammengeklumpt wurde, wenn die heftigen Regenschauer fielen.
    Der Himmel über ihm schien aus Pech zu bestehen. Die schweren Wolken standen hoch, wurden dann und wann zerrissen, und ein Pfeil grellen Sonnenlichts tanzte sanft über den Boden. Traf das Licht auf Sturmwolken, so erhellte es die umherwirbelnden, glühenden Schlackenpartikel. Drang es durch Regenwolken, so entstand ein Regenbogen. Regen fiel, Schlackenstürme tobten, Licht blitzte auf, zusammen, ständig und ewig in einem Mosaik aus schwarzer und weißer Gewalt. So ging es schon seit Monaten – auf jedem Meter der Erdoberfläche. Krane passierte die Linie der aschenen Klippen und kroch die sanfte Neigung hinab, die einst der Grund des Meeres gewesen war. Er wanderte schon so lange, daß er den Schmerz nicht mehr spürte, kroch auf den Ellbogen und schleppte so seinen Körper vorwärts, zog dann das rechte Knie vor und bewegte wieder die Ellbogen. Ellbogen, Knie, Ellbogen, Knie – er wußte längst nicht mehr, was es hieß, aufrecht zu gehen.
    Das Leben ist wunderbar, dachte er benommen. Es paßte sich allem an. Wenn es kriechen mußte, dann kroch es, auf schwieligen Ellbogen und Knien. Sein Nacken und die Schultern waren steif geworden. Die Nase hatte gelernt, den Staub fortzublasen, bevor sie die Luft einsog. Sein verletztes Bein schwoll an und faulte, wurde gefühllos. Bald würde es durch und durch verfault sein und abfallen.
    »Entschuldigung«, sagte Krane. »Das habe ich nicht ganz verstanden…«
    Er starrte die große Gestalt vor ihm an und versuchte, die Worte zu verstehen. Es war Hallmyer. Er trug seinen fleckigen Laborkittel, und sein graues Haar war zerzaust. Hallmyer balancierte auf dem Aschenkegel, und Krane wunderte sich, wieso er die dahinjagenden Schlackenwolken durch seinen Körper hindurch sehen konnte. »Wie gefällt dir deine Welt, Steven?« fragte Hallmyer. Krane schüttelte elend den Kopf.
    »Nicht sehr gut, he?« sagte Hallmyer. »Schau dich um. Staub, das ist alles, Staub und Asche. Krieche, Steven, krieche. Du wirst nichts als Staub und Asche finden…«
    Hallmyer holte einen Kelch voll Wasser aus dem Nichts. Es war klar und kalt. Krane konnte sehen, wie das Wasser wie feiner Tau aufstieg, und sein Mund war plötzlich voller
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