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Hände weg vom Abendschatten!

Hände weg vom Abendschatten!

Titel: Hände weg vom Abendschatten!
Autoren: Lene Mayer-Skumanz
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euch aber auch überall herum.“
    „Können wir Ihnen helfen?“, fragte Chiara freundlich. „Nein“, brummte der Blonde. Er sah so enttäuscht aus, dass Markus sich das Lachen verbeißen musste.
    „Wir könnten mit Ihnen die Gegend absuchen“, sagte Chiara noch freundlicher.
    „Ist schon abgesucht“, knurrte der Blonde und beschrieb mit dem Arm einen großen Kreis. „Bitte sehr, nur Königskerzen, Salbei und Haselnüsse. Keine Möglichkeit, etwas in nur fünf Minuten zu verstecken.“
    „Doch“, sagte Chiara. „Ein Etruskergrab.“
    „Das liegt weiter unten“, sagte der Blonde.
    „Hier ist auch eins“, sagte Chiara sanft. Sie führte den jungen Beamten ein Stückchen weiter zu einem dichten Feuerdorngestrüpp, zerrte die Zweige beiseite und deutete auf eine dunkle Höhlenöffnung, die nicht größer als etwa eine Obstschüssel war. „Vor zwei Jahren bin ich einmal hineingeschlüpft. Damals war ich noch dünner als jetzt. Ich kenne jedes Kaninchenloch und jedes Grab auf diesem Hügel.“

    Die Münzen aus dem Museum in Volterra waren darin, der Goldschmuck samt den Glöckchen-Ohrgehängen, hastig in Papiertaschentücher eingewickelt.
    „Den Schmuck hat sie in der Tasche gehabt, den ,Abendschatten’ hat sie im Sonnenschirm versteckt“, sagte Markus. „Und Sie haben wir die längste Zeit für einen Komplizen gehalten!“
    „Wieso?“, fragte der Blonde verstört.
    „Waren Sie nicht vorige Nacht in der hunterschen Ferienwohnung?“, fragte Markus.
    Der Blonde schüttelte den Kopf. „Meine Kollegen und ich haben beobachtet, dass Frau Hunter öfters in der Nacht weggefahren ist“, sagte er. „In Männerkleidung und mit verschiedenen Perücken.“
    „Wozu ist sie weggefahren?“, fragte Chiara.
    „Vermutlich, um die gestohlenen Gegenstände in Sicherheit zu bringen“, sagte der junge Mann. „Alle unsere Leute, die im Einsatz waren, haben in ihrer Wohnung nichts gefunden. Die beiden Hunters waren ein gutes Team... Nun — alles wird sich aufklären. Frau Hunter wird ihren Mann auf dem Kommissariat treffen.“
    „Eins möcht ich noch wissen“, murmelte Chiara. „Warum haben Sie sich in Volterra als Versicherungsbeamter ausgegeben?“
    Er lächelte verlegen. „Ich wollte herausfinden, ob man den Museumsangestellten beschwindeln kann... Er war nicht sehr aufmerksam. Er hat auch den angeblichen ,Kriminalbeamten’ unter den Besuchern am Nachmittag nicht wieder erkannt.“
    Er ging mit ihnen den Hügel hinunter, Müllsack und ,Abendschatten’ fest unter den Arm geklemmt. „Habt ihr schon einmal in einem toskanischen Gasthaus echt toskanisch gegessen?“
    „Ich schon“, sagte Chiara.
    „Du, natürlich. Aber dein Freund da?“
    „Ich noch nicht“, sagte Markus.
    „Gut, dann lade ich euch ein. Morgen Abend, ja? Ich hole euch ab. Übrigens — ich heiße Francesco. Ciao!“ Er holte sein Motorrad hinter einem Gebüsch hervor, schwang sich darauf und brauste davon.
    „Mamma mia , jetzt fährt der ,Abendschatten’ sogar Motorrad“, lachte Chiara. „Hoffentlich passiert nichts!“
    „Wieso denn“, brummte Markus. „Der Francesco hat ihn doch nur amtlich und dienstlich angerührt!“

    ----

Ein Fall für Tante Mona

Ein Hund gab kurz Laut, dann schrillte ein Telefon.
    Markus setzte sich im Bett auf und wusste zunächst nicht, wo er war, so fremd schien ihm das nächtliche Zimmer. Das Licht einer Straßenlaterne fiel in einem ungewohnten Winkel durch eine ungewohnte Glastür auf eine ungewohnte Decke, ein ungewohnter Wecker zeigte mit grünlich schimmernden Zeigern zwölf Uhr an, zwölf Uhr Mitternacht, und das war für Markus’ Begriffe eine ungewöhnliche Zeit für einen Anruf.
    Vom Hausflur her klang undeutlich Tante Monas Stimme vom Anrufbeantworter: „...sprechen Sie bitte nach dem Summerton.“ Der Summerton summte nicht, sondern quiekte, zugleich war ein äußerst beleidigt tönendes Röcheln zu vernehmen. Der Anrufer schien keine Botschaft hinterlassen zu wollen, das Röcheln aber ging in ein Knurren über. Eine Tür knarrte leise, und Tante Monas Stimme, diesmal live, rief halblaut: „Brav, Theodor, aber nun weck mir den Markus nicht auf! Komm zum Frauchen! Heiaheia!“ Es schniefte zur Antwort, es tappte über die Dielen, die Tür ächzte zum zweiten Mal, dann blieb alles still.
    Markus rieb sich die Ohrmuscheln und gähnte ausgiebig. Er wusste wieder, wo er sich befand, und warum und seit wann: In Tante Monas Haus in Bornheim, dem südlichsten Bezirk der für ihre
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